10. Juni 2024, 11:59 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten
Lange haben Taubenfreunde dagegen gekämpft und appelliert: Nun haben die Bewohner von Limburg bei einem Bürgerentscheid doch mehrheitlich für die Tötung der Stadttauben gestimmt. Tierschützer sind entsetzt.
Es ist ein Entscheid, der viele Tierschützer und tierliebe Menschen sprachlos und schockiert zurücklässt. Bei einem Bürgerentscheid am 9. Juni 2024 hat die hessische Stadt Limburg sich dafür entschieden, Tauben mit der bloßen Hand von einem Falkner töten zu lassen. Alle Appelle von Taubenfreunden und auch prominenten Tierschützern haben am Ende nicht gefruchtet.
Keine Mehrheit für Limburger Tauben
Am 13. November 2023 beschloss die Stadtverordnetenversammlung im hessischen Limburg, dass Tauben in der Stadt gezielt getötet werden sollen. Dafür soll ein Falkner eingesetzt werden, der den Tieren in einem Taubenschlag per Hand das Genick bricht. PETBOOK berichtete zuletzt am 20. Februar 2024 über das Vorhaben.
Der Deutsche Tierschutzbund prüfte rechtliche Schritte im Sinne des Tierschutzgesetzes gegen den Entschluss. Außerdem appellierte er mithilfe von prominenten Tierschützern wie Influencer Malte Zierden zuletzt an alle Menschen in der Stadt, die Tötung abzuwenden.
Doch am Ende reichte es nicht für einen tierfreundlichen Umgang mit den Stadttauben in Limburg. Der Bürgerentscheid Stadttaubenproblematik verkündet das Ergebnis. 6559 Stimmen gab es für eine Aufhebung des Entscheides, 7530 Stimmen gab es jedoch dafür. Mit einer Mehrheit von 53,45 Prozent soll der Entscheid nun genauso umgesetzt werden wie von der Stadtverordnetenversammlung im November erlassen.
Stadttaubenprojekt Limburg »Erschüttert über Empathielosigkeit der Bürger
Das Stadttaubenprojekt Limburg zeigte sich auf Instagram entsetzt über die Wahl der Bürger. „Uns fehlen im Moment einfach die Worte. Wir sind erschüttert, wie empathielos die Limburger Bürger sind. Ein ganz schlimmer Tag für das Tierrecht“.
Auch aus anderen Städten gibt es Rückmeldungen, die sich schockiert über das Ergebnis der Limburger Wahl zeigen. Das Stadttaubenprojekt Berlin e. V. schrieb ebenfalls auf Instagram über eine „Schreckensnachricht“. Die drastischsten Worte fand wohl die Taubenrettung aus München auf ihrem Kanal: „Bei der Europawahl gestern haben 53,5 Prozent der Bürger eine Katastrophe verursacht und den Tod für Tiere gewählt.“
„Das perverse tierschutzwidrige Taubentöten“ werde fortgesetzt, anstatt dass auf die konstruktiven alternativen Lösungen eingegangen werde. Auch bedeuteten die aufgestellten Fallen auch den Tod für weitere Singvögel und seien zudem reine Steuergeldverschwendung.
Tierschutzgerechte Alternativen zur Taubentötung
Bereits zuvor hatten der Deutsche Tierschutzbund und die Tierrechtsorganisation PETA immer wieder betont, dass es ethisch nicht vertretbar sei, die Tauben in Limburg zu töten. „Es gibt andere, tierfreundliche Mittel und Wege, eine Stadttaubenpopulation in den Griff zu bekommen“, sagte Katrin Pichl, Fachreferentin für Stadttauben beim Deutschen Tierschutzbund. Präsident Thomas Schröder kommentierte gar: „Sobald die erste Taube in Limburg getötet wird, werden wir Strafanzeige gegen die Verantwortlichen stellen.“
Ein kommunales Stadttaubenmanagement mit betreuten Taubenschlägen, in denen gelegte Eier gegen Attrappen ausgetauscht werden, sei die einzige tierschutzgerechte und nachhaltige Alternative, um die Population langfristig auf einem gesunden, niedrigen Niveau zu halten, so Pichl. Derselben Meinung sind auch Monic Moll und Lisa Kainz von PETA Deutschland e. V. „Die einzige tierfreundliche Lösung sind betreute Taubenschläge, in denen die Tauben Schutz finden und artgerechte Nahrung erhalten“, sagt Monic Moll. Nur so ließe sich die Taubenpopulation nachhaltig und ohne Leid reduzieren.
Die Tötung der Tiere durch einen stumpfen Betäubungsschlag und anschließendem Genickbruch lässt sich laut dem Deutschen Tierschutzbund weder ethisch rechtfertigen noch gehe sie mit den Vorgaben des Tierschutzgesetzes konform. Auch von einer „nachhaltigen Lösung“ könne keine Rede sein. Entstandene „Lücken“ in der Population werden aufgrund des angezüchteten „Brutzwangs“ der Tauben schnell wieder von Jungvögeln oder zufliegenden Tauben gefüllt.
Tierschutzbund „bestürzt und enttäuscht“
„Wir bedanken uns bei allen Tierfreunden in Limburg, die mit ‚Ja‘ gestimmt haben“, kommentierte Ute Heberer, Vorsitzende des Landestierschutzverbands Hessen. „Am Ende aber haben diese Stimmen nicht gereicht, um den tierschutzfeindlichen Tötungsbeschluss aufzuheben. Wir sind bestürzt und enttäuscht.“
Lisa Kainz von PETA sagt: „Wir sind schockiert über das Ergebnis des Bürgerentscheids in Limburg. Bei keiner anderen Vogelart hätten die Menschen wohl für eine solch grausame Entscheidung abgestimmt. Und das, obwohl es tierschutzgerechte und bewährte Lösungen gibt, um das menschengemachte Problem rund um die Population der Stadttauben in Städten zu bewerkstelligen.“
„Tierschutz spielt bei den meisten Politikern in Limburg offenbar leider keine Rolle“, sagt Pichl. Statt Mitgefühl und Respekt für die verwilderten Haustiere zu zeigen, wurden bestehende Vorurteile im Vorfeld des Bürgerentscheids […] propagiert, um für die Tötung zu werben, sagt Tierschutzbund-Präsident Schröder.
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Lisa Kainz von PETA fügt hinzu, dass Krankheiten bei Vögeln kaum auf den Menschen übertragen werden können. „Diese Entscheidung zeigt die Empathielosigkeit vieler Menschen, dabei haben Stadttauben die gleichen Probleme wie heimatlose Hunde oder Katzen: Denn Stadttauben sind keine Wildvögel und solange Menschen diese Vögel züchten und für das Stranden in den Städten mitverantwortlich sind, solange müssen wir den Tieren ein Zuhause geben, sie mit Nahrung, Wasser und soweit möglich medizinisch versorgen.“
„Es gibt zahlreiche Belege aus Wissenschaft und Praxis, die zeigen, dass von Tauben keine erhöhte Gesundheitsgefahr ausgeht und Taubenkot keine oder nur geringfügige Schäden an Bausubstanzen verursacht“, so Pichl vom Tierschutzbund.
Außerdem hätten Projekte in anderen Städten gezeigt, dass betreute Taubenschläge effektiv zur Populationskontrolle beitragen und gleichzeitig für saubere Städte sorgen können, so der Deutsche Tierschutzbund. Weil sich Stadttauben vermehrt in den Schlägen aufhalten, sammelt sich der Taubenkot vor allem dort und kann leicht entfernt werden.