14. Februar 2024, 6:26 Uhr | Lesezeit: 6 Minuten
Überall auf der Welt gibt es Tauben-Liebhaber, die sich für die Fülle von Formen, Farben und Federstrukturen der mehr als 800 Haustauben-Rassen begeistern. Auf zahlreichen Ausstellungen werden die schönsten Exemplare der Rassetauben präsentiert und prämiert. Doch Tierschützer bemängeln, dass darunter auch Qualzuchten zu finden sind. Petbook hat nachgeforscht.
Qualzuchtmerkmale gibt es nicht nur bei Haustieren wie Katze und Hund. Auch unter Tauben gibt es Rassen, die nicht nur unter Tierschützern als Qualzuchten gelten. Nicht immer sind die Leiden der Tiere für Laien auf den ersten Blick erkennbar.
Im Folgenden stellen wir Taubenrassen vor, die klar unter ihren Zuchtmerkmalen leiden und erklären, wie diese entstanden sind.
Darum züchtete man Tauben
Wenn wir von Tauben sprechen, meinen wir in der Regel sie Haustaube. Den wenigsten ist jedoch bewusst, dass es sich dabei – genau wie bei Hund und Katze auch – um ein Haustier handelt, das vom Menschen abhängig ist.
Doch wie wurde die Taube überhaupt zum Haustier? Es ist nicht verifiziert, ob sie freiwillig zu den Menschen kam, sicher ist nur, dass ihre Domestizierung vor 6000 Jahren in Mesopotamien (heutiger Irak) begann. Bereits im Altertum, ca. 1500 v. Chr., wurden diverse Taubenrassen gezüchtet, im Mittelalter war die Taubenhaltung sogar nur den Adligen erlaubt.
In Deutschland begann die eigentliche Rassetaubenzucht etwa im Jahr 1840. Bereits fünf Jahre später schlossen sich im Erzgebirge die ersten Züchter in einer „Taubenzüchterinnung“ zusammen. Laut dem Verband Deutscher Rassetaubenzüchter gibt es bei Tauben unter allen Haustieren die größte Rassenvielfalt. Zählt man regionale Schläge dazu, kommt man auf bis zu 1100 Taubenrassen.
Die Gründe für ihre Zucht sind vielfältig, die einen werden eher im Hobby- und Sportbereich eingesetzt, wie Brief- oder Kunstflugtauben, andere dienen der Fleischgewinnung, und wieder andere sind reine Ziervögel, deren Aussehen man bewundert. Vor allem aus letzterem –resultieren Qualzucht bei Tauben.
Welche Taubenrassen gibt es?
Durch Selektion wurde über die Jahre auf Veranlagungen und Auffälligkeiten (Mutationen) gezüchtet. So erkannte man bei manchen Vögeln z. B. ihre Ortstreue und die Fähigkeit, über weite Distanzen nach Hause zu finden. Sie wurden zu zuverlässigen Überbringern von Nachrichten (Taubenpost). Andere Taubenliebhaber begeistern sich vor allem für die zahlreichen Farbnuancen des Gefieders und das ungewöhnliche Aussehen z. B. der Kropftauben.
Die verschiedenen Taubenrassen sind in neun Gruppen unterteilt:
- Farbentauben
- Formentauben
- Huhntauben
- Kropftauben
- Mövchentauben
- Strukturtauben
- Trommeltauben
- Tümmlertauben
- Warzentauben
In Deutschland gibt es 330 anerkannte Rassen. Die Tiere können anhand eines Ringes identifiziert werden. Auf dem geschlossenen Ring findet man Informationen zum Herkunftsland, das Geburtsjahr sowie eine fortlaufende Nummer.
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Welche Taubenrassen sind Qualzuchten?
Für die Tierschutzorganisation Peta werden Rassetauben nach menschlichen Idealvorstellungen gezüchtet, ohne Rücksicht darauf, was das für die Tiere bedeutet.
Kropftauben
Zu Sparte der Kropftauben, die auch als Kröpfertauben bezeichnet werden, zählen rund 37 Rassen und zahlreiche Farbschläge. Der Sonderverein des Voorburger Schildkröpfers hat steigende Mitgliederzahlen und nimmt an Ausstellungen teil. Die Tierschutzorganisation Peta kann die Begeisterung für die Rasse allerdings nicht teilen. Durch den stark überdimensionierten Kropf kommt es vermehrt zu Entzündungen, die durch Fäulnisbildung, Gärung und Säuerung der Kropfinhalte ausgelöst werden. Die Tiere müssen deshalb häufig medikamentös behandelt werden, was ihre Lebensqualität beeinflusst. Die Männchen haben zudem durch das regelmäßige Aufblasen des Kropfes während der Balz das Problem, dass das Bindegewebe erschlafft und es zu einer Kropferweiterung und zu einem Hängekropf führen kann.
Mövchentauben
Sie bilden eine der neun Gruppen mit insgesamt 21 Rassen vom „Aachener Lackschildmövchen“ bis zum „Turbitmövchen“, die von einem eigenen „Sonderverein der Mövchenzüchter von 1894“ vertreten wird. Allen gemeinsam ist der extrem verkürzte Schnabel. Dieser stellt bereits für Taubenküken ein Problem dar, da sie dadurch nur einen missgebildeten oder gar keinen Eizahn besitzen, der eigentlich beim Schlupf dabei helfen sollte, die Ei-Schale zu öffnen. Laut Peta sterben daher schon viele Taubenküken im Ei. Auch die Aufzucht sei wegen des verkürzten Schnabels mit Problemen verbunden, weshalb Züchter oft Ammentauben einsetzen, welche die Küken erfolgreich großziehen sollen. Doch der verkürzte Schnabel behindert die Tiere auch im täglichen Leben, etwa bei der Nahrungs- und Wasseraufnahme oder bei der Pflege des Gefieders.
Trommeltauben
In dieser Gruppe gibt es 13 Rassen, die über ein gemeinsames Erkennungsmerkmal verfügen: Ihre Trommelstimme. Das Merkmal, das für Qualzucht steht, ist aber die Befiederung ihrer Füße. Die meisten Rassen haben Federfüße in unterschiedlichen Ausprägungen. Ist sie sehr stark, wie z.B. bei der Vogtländer Weißkopf-Trommeltaube, spricht man von „gut ausgebildeten Latschen“. Eine leichte Befiederung bezeichnet man als „bestrümpft“. Normalerweise sind Taubenfüße aber federfrei und schuppig. Deshalb ist eine starke Befiederung, also „große Latschen“, im Alltag beim Laufen eine Behinderung. Junge Tauben verfangen sich beim Verlassen des Nests mit ihren Federn, und wenn sie nicht zeitig gefunden werden, bedeutet das ihren Tod. Ohne die menschliche Unterstützung wären Trommeltauben nicht in der Lage, den Nachwuchs großzuziehen. Manchmal werden ihnen deshalb in der Brutzeit die Federn gekürzt, was zu Verletzungen führen kann.
Bodenpurzler
Es werden außerdem „Bodenpurzler“ gezüchtet, wie z.B. der Indische Bodenpurzler. Wenn diese Tiere aufgeregt und gestresst sind, gelingt es ihnen nicht, wegzufliegen und zu fliehen, stattdessen kommt es durch eine vererbte Stoffwechselstörung zu mehreren Überschlägen auf dem Boden. Man teilt sie in Einfachpurzler, Doppelpurzler und Mehrfachpurzler ein. Züchter sprechen von Spitzenleistungen von über 30 Metern! Ob es für einen Vogel artgerecht ist zu purzeln statt zu fliegen? Der Bodenpurzler DBC1967 e.V. richtet jährlich Deutsche Meisterschaften aus, bei denen auch das „saubere und kontrollierte Purzeln“ als Leistungsprüfung gilt. Der Verein gibt an, dass dabei das Tierwohl im Fokus stehe.
Weitere Qualzucht-Merkmale bei Tauben
Es gibt auch angezüchtete Verhaltensstörungen wie die Zitterhalsigkeit. Die Taube bewegt dabei den Hals ruckartig hin und her. Dieses Verhalten ist atypisch, wird aber bei Rassetauben gern gesehen und in der Zucht verstärkt. Im Vergleich zu anderen Artgenossen bewegen sich diese Tauben steif und starr, was oft in einer Gleichgewichtsstörung mündet.
Auch domestizierte Brieftauben werden von Tierschützern als Opfer ihrer Zucht bezeichnet, denn viele der Tiere finden bei den Wettflügen nicht mehr in ihren Heimatschlag und sterben unterwegs qualvoll oder landen in Städten, wo sie ein leidvolles Leben vor sich haben.
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Meinung „Hunde mit Merle-Färbung sind Qualzucht? Das ist doch Schwachsinn!“
Quellen
- qualzucht-datenbank.de, „Tauben“ (aufgerufen am 12.202.2024)
- peta.de, „Bei diesen 5 Rassetauben handelt es sich um Qualzuchten““ (aufgerufen am 12.02.2024)