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Besondere Anatomie

Warum Spechte beim Klopfen keine Gehirnerschütterung bekommen

Nahaufnahme vom Buntspecht (Dendrocopos major) beim Klopfen gegen einen Baumstamm
Spechte haben eine ganze Reihe von anatomischen Eigenheiten, die sie unempfindlich gegenüber den Erschütterungen durch das Klopfen an Bäumen macht Foto: Getty Images
Porträtbild Marike Stucke
Freie Autorin

23. April 2023, 8:47 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten

Spechte hämmern mit einer Geschwindigkeit von bis zu 25 Kilometern pro Stunde auf Bäume ein, dabei schlägt der Schnabel bis zu 20 Mal pro Sekunde auf das Holz ein. Ein Mensch würde bei so einer Tätigkeit mindestens extreme Kopfschmerzen bekommen. Warum bekommen Spechte keine Gehirnerschütterung?

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Wenn es im Wald oder auch am Stadtrand in der Ferne hektisch und laut klopft, dann kann es sich nur um einen Specht handeln. Die Vögel bearbeiten die Rinde und das Holz unserer Bäume, um darunter Insekten und deren Larven aufzuspüren und diese zu verspeisen. Auch werden so Baumhöhlen in das Holz gezimmert, die den Spechten, aber auch vielen anderen Tierarten als Schlaf- und Nistplatz dienen. Wenn der Spechtschnabel mit voller Wucht auf das Holz hämmert, klopft oder trommelt, würden anderen Tierarten sicher schnell der Schädel brummen. Die Vögel haben aber einige Mechanismen entwickelt, um die Wucht des Aufschlags zu mindern bzw. zu absorbieren, damit der Specht beim Klopfen keine Gehirnerschütterung erleidet.

Darum bekommen Spechte keine Gehirnerschütterung

Bei den verschiedenen Spechtarten, die sich durch Hämmern und Klopfen bemerkbar machen, wirken die besondere Anatomie der Vögel und das Zusammenspiel von Muskeln und Knochen gemeinsam. Folgende Eigenschaften machen den Körper des Spechtes zu einem echten Stoßdämpfer und verhindern, dass er beim Klopfen eine Gehirnerschütterung bekommt

  • Die Halswirbelsäule und die Knochen im Schädel sind beim Specht verstärkt.
  • Außerdem tragen die Vögel eine besonders starke Halsmuskulatur, die das schnelle und starke Hämmern überhaupt erst möglich machen und gleichzeitig die Kräfte auffangen können, die beim Aufschlag des Schnabels auf dem Holz wirken. Kurz vor dem Aufprall des Schnabels auf den Baum spannt der Vogel darüber hinaus unbewusst seine Muskulatur an, sodass sie den Großteil der Energie aufnimmt.
  • Im Spechtschädel befinden sich am Schnabel und zwischen den Augen kleine, biegsame Knochen, die Schläge abfedern können.
  • Anders als beim Menschen und einigen Tierarten hat der Specht so gut wie keine Gehirnflüssigkeit und der Schädel ist ohne Zwischenräume vom Hirn ausgefüllt. Bei einer Gehirnerschütterung wird das Gehirn durch die lose Lage im Schädel bei einem starken Sturz oder schnellen Hin- und Herbewegungen an den Schädelknochen geschleudert und dadurch erschüttert. Das kann beim Specht mit seiner speziellen Anatomie nicht so schnell passieren.
  • Wenn man sich den Aufbau des Schädels genau betrachtet, erkennt man im Profil, dass der Schnabel unterhalb des Gehirns gewachsen ist. Die Kräfte, die beim Einschlag des Schnabels auf den Baum entstehen, wirken also nicht direkt auf das Hirn ein, sondern auf die Knochen und das Gewebe darunter.

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Nicht alle Spechtarten klopfen auf Holz ein

Bei vielen Spechtarten dient die Arbeit mit dem Schnabel auf Bäumen verschiedenen Zwecken. Leichtes Trommeln ist mit dem Gesang bei Singvögeln zu vergleichen. Es dient der Kommunikation und soll zum Beispiel auch paarungsbereite Weibchen anlocken. Das stärkere Klopfen und Hämmern hat hingegen den Zweck, Insekten unter der Rinde freizulegen und Höhlen in das Holz zu formen.

Da dem Specht das Klopfen leichtfällt, baut er auch gerne mal eine zweite oder dritte Höhle, sollte die erste dem Weibchen nicht gefallen haben. Davon profitieren dann auch andere Tierarten. So übernehmen Eichhörnchen die Spechthöhlen gerne als Nisthöhlen, um hier ihre Jungen großzuziehen. Auch Meisen suchen die Baumhöhlen als Schlaf- oder Nistplätze auf.

Und schließlich gibt es eine Spechtart, den Wendehals, die gar nicht selbst Trommeln, Klopfen oder Hämmern kann und deshalb auch mit Vorliebe die verlassenen Behausungen der Spechtkollegen nutzt. Diese müssen übrigens nicht zwangsläufig in Bäume gezimmert sein. Auch Hauswände werden von Spechten mitunter bearbeitet und die Isolierungsschicht darunter zur Höhle ausgebaut. Dies ist für die wenigsten Hausbesitzer aber ein Grund zur Freude, da dies auch Feuchtigkeitsschäden mit sich bringen kann. Wer den Spechten im eigenen Garten aber ausreichend Bäume zur Verfügung stellt, sollte eher selten auf dieses Problem stoßen

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Heimische Spechtarten in Deutschland

In den Bäumen lassen sich hierzulande meist folgende Spechtarten beobachten bzw. meist eher hören als sehen:

  • Buntspecht
  • Blutspecht
  • Dreizehenspecht
  • Grünspecht
  • Grauspecht
  • Kleinspecht
  • Mittelspecht
  • Wendehals
  • Schwarzspecht
  • Weißrückenspecht
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Quellen

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