4. August 2024, 8:32 Uhr | Lesezeit: 7 Minuten
Tauben sind mehr als nur Stadtungeziefer: Sie träumen, korrigieren inkompetente Anführer – und noch vieles mehr. PETBOOK enthüllt sieben faszinierende Fakten über die Vögel mit dem schlechten Image.
Tauben sind leider noch immer missverstandene Tiere. So assoziieren viele Menschen sie mit dem Kot, den sie auf öffentlichen Plätzen und auf Autos hinterlassen, und sind genervt von ihrem ständigen Gurren, das gerade in Großstädten omnipräsent zu sein scheint. Auch die Annahme, dass die Vögel unhygienisch sind und Krankheiten übertragen, hält sich weiterhin in den Köpfen der Menschen. Eine Behauptung, die längst wissenschaftlich widerlegt wurde, so die Erna-Graff-Stiftung für Tierschutz. Es ist schade, dass ihr Ruf so schlecht ist. Denn die Tiere sind ziemlich intelligent – und haben sogar Geschmack. Was damit gemeint ist? PETBOOK verrät einige überraschende Fakten über Tauben.
Übersicht
Tauben träumen vom Fliegen
Im Rahmen einer Studie haben Wissenschaftler der Ruhr-Universität Bochum und des Max-Planck-Instituts herausgefunden, dass bei schlafenden Tauben ähnliche Prozesse im Gehirn ablaufen wie bei Menschen. So durchlaufen unter anderem sowohl Menschen als auch Tauben eine REM-Schlafphase, in der sie träumen.1
Während des REM-Schlafs waren bei Tauben vor allem die Bereiche im Gehirn aktiv, die visuelle Reize verarbeiten und die dafür zuständig sind, zu analysieren, wie sich die Umgebung während des Flugs verändert. Auch wurde während des REM-Schlafs bei den Tauben der Gehirnbereich aktiviert, der Nervensignale während des Fliegens verarbeitet, darunter auch Flügelbewegungen. Diese drei Tatsachen lassen darauf schließen, dass Tauben vom Fliegen träumen und ihre vorherigen Flugaktivitäten nacherleben.
Dass auch die Amygdala – ein Teil des limbischen Systems im Gehirn, der dafür zuständig ist, Emotionen zu verarbeiten – bei den Tieren im Schlaf aktiv ist, deuten die Forschenden als Zeichen dafür, dass die Vögel im Traum wahrscheinlich auch Emotionen erleben.
Tauben erkennen inkompetente Anführer
Von wegen starre soziale Hierarchien: Eine Studie der Oxford University hat gezeigt, dass Tauben inkompetente Anführer nicht nur erkennen können – sie korrigieren sie auch, wenn sie ihre Aufgabe nicht ordnungsgemäß erfüllen. Im Rahmen des Versuchs manipulierten die Forschenden die Tag-Nacht-Wahrnehmung von Tauben – eine Technik, die sich „Uhrzeitschiebung“ nennt. So verwirrt, interpretierten die Tiere den Stand der Sonne falsch und flogen, wenn sie losgelassen wurden, in die falsche Richtung.
Das Ergebnis des Experiments: Die gesamte Gruppe kam vom Kurs ab, wenn alle Tiere in der Gruppe der Uhrzeitschiebung unterzogen wurde. War nur der Anführer der Gruppe von der Uhrzeitschiebung betroffen, blieb die Gruppe auf dem richtigen Kurs – und brachte auch den Anführer dazu, wieder in die richtige Richtung zu fliegen. Wie genau das funktioniert, darüber sind sich die Forschenden noch nicht ganz im Klaren. 2
Sie spekulieren, dass dies daran liegen könnte, dass fehlgeleitete Anführer erkennen, dass sie falsch geflogen sind. Daraufhin zweifeln sie an ihren eigenen Fähigkeiten und achten in Zukunft mehr darauf, was die anderen Gruppenmitglieder tun. Oder die Gruppenmitglieder erkennen die Schwäche des Anführers und übernehmen selbst mehr Kontrolle. So oder so: Die Tiere folgen Anführern, die Fehler machen, nicht einfach blind.
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Lesen? Für die Vögel kein Problem
Eine weitere Studie der University of Otago in Neuseeland hat gezeigt, dass Tauben in gewissem Umfang verschiedene Wörter erkennen können. Im Rahmen der Studie wurden 18 Tauben darauf trainiert, 308 Vier-Buchstaben-Wörter von zufälligen Buchstabenfolgen zu unterscheiden. Die Tauben sollten auf ein Symbol picken, wenn ihnen zwischen Tausenden von zufälligen Buchstabenfolgen ein real existierendes Wort gezeigt wurde. In jeder Sitzung wurden den Tauben neue Wörter vorgestellt.
Zudem wurden die Wörter, die sie zuvor gelernt hatten, wiederholt. Nach acht Monaten hatten die vier besten Tauben-Schüler im Durchschnitt 14 Wörter gelernt. Die Zahlen liegen weit unter dem Durchschnitt von Primaten – so konnten Paviane nach acht Monaten durchschnittlich 139 Wörter erkennen – zeigen aber trotzdem, dass die Tiere dazu in der Lage sind, lesen zu lernen.
Erstaunlicherweise waren die Tauben, nachdem sie eine Anzahl von Wörtern gelernt hatten, schneller darin, ein neues, unbekanntes Wort zu erkennen. Die Tiere lernen also mit der Zeit auch zügiger.
Tauben lernen wie eine künstliche Intelligenz
Forscher der Universität in Iowa haben herausgefunden, dass Tauben ähnlich wie eine künstliche Intelligenz lernen. In der Studie beschreiben die Wissenschaftler die Funktionsweise des Taubengehirns. Der grundlegende Prozess des Assoziierens sei vergleichbar mit der Lernfähigkeit von Programmen, die nach dem „Trial-and-Error“-Prinzip funktionierten.3
Zu diesem Zweck mussten die Tauben Reize bewerten, die sie mit verschiedenen Knöpfen in Kategorien einordnen sollten. Der Test war so aufgebaut, dass keine Regelmäßigkeiten erkennbar waren und die Antworten nicht nach Prinzipien der Logik entschlüsselt werden konnten. Dadurch müssen sich die Tiere die Reize merken und Regionen des Gehirns werden aktiviert, die wie biologische Algorithmen funktionieren. Diese seien den Tieren von Natur aus gegeben, quasi das Pendant zur Programmierung von künstlicher Intelligenz durch Menschen.4 5
Tauben erkennen Menschen wieder
Eine Studie, die in Paris durchgeführt wurde, hat gezeigt: Tauben haben ein gutes Gedächtnis und können Menschen wiedererkennen – selbst, wenn sie die Kleidung wechseln. Das fanden die Forschenden heraus, indem sie zwei Menschen in verschiedenfarbigen Laborkitteln in einen Stadtpark schickten. Beide fütterten die Tauben. Die eine Person ließ die Tiere in Ruhe essen, während die andere die Vögel immer wieder verjagte.
Nach kurzer Zeit stellten die Forscher fest, dass die Tauben auch dann der Person auswichen, wenn diese sie gar nicht verscheuchte. Auch nach einem Kittel-Tausch erkannten die Tiere die Person, die sie vorher immer wieder verscheucht hat – und gingen ihr aus dem Weg. Selbst als sich am Ende des Versuchs beide Personen neutral gegenüber den Vögeln verhielten, merkten sich die Tiere, wer sie in Ruhe hatte essen lassen und wer nicht. 6
Vögel mit Geschmack
Tauben schätzen sogar Kunst und können zwischen „guten“ und „schlechten“ Gemälden unterscheiden – darauf deutet eine weitere Studie hin. Im Zuge der Forschung wurden zuerst Kinderzeichnungen von erwachsenen menschlichen Beobachtern entweder als „gut“ (schön) oder „schlecht“ (hässlich) klassifiziert. Dann wurden Tauben darauf trainiert, auf „gute“ Zeichnungen zu picken. Nachdem die Tauben die Unterscheidungsaufgabe gelernt hatten, wurden ihnen neue Bilder von „guten“ und „schlechten“ Kinderzeichnungen präsentiert, um zu testen, ob die Tiere das Erlernte anwenden können. Das Ergebnis: Die Vögel konnten auch zwischen den neuen „guten“ und „schlechten“ Gemälden unterscheiden.
Um herauszufinden, wie genau die Tauben diese Unterscheidung treffen konnten, wurden ihnen Gemälde in reduzierter Größe, in Graustufen, teilweise als Mosaik und teilweise verdeckt dargestellt, präsentiert. Das Ergebnis: Wurden die Gemälde verkleinert oder teilweise verdeckt, konnten die Tiere die Bilder weiterhin als „gut“ oder „schlecht“ erkennen. Graustufenbilder oder Mosaike konnten sie aber nicht so gut erkennen. 7
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Tauben sind Orientierungskünstler
Tauben sind wahre Orientierungskünstler und viele von ihnen kommen immer wieder zurück zu ihrem Brutgebiet. Für ihre Orientierung nutzen sie das Magnetfeld der Erde. Aber auch die Sonne, ihre innere Uhr und Umgebungsgeräusche und Gerüche helfen ihnen dabei, ihren Weg zurückzufinden. Mit ihren seitlich sitzenden Augen haben sie eine gute Umsicht und besitzen doppelt so viele Nervenfasern in jedem Sehnerv als der Mensch.
Ihre gute Orientierung nutzen die Menschen, um mit Brieftauben Wettflüge zu veranstalten. Dabei trennt man die Vögel von ihren Partnern und lässt sie mehrere hundert Kilometer von ihnen entfernt frei. Die Vögel fliegen nun verzweifelt zurück zu ihren Partnern.