21. März 2024, 14:16 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten
In Bayern tauchte auf einer Terrasse in Moosburg an der Isar plötzlich ein frei laufender Affe auf. Zum Glück gelang es, das Tier einzufangen. Kurze Zeit später fand sich die Besitzerin, doch die Mitarbeiter der Auffangstation in München hatten Zweifel an der artgerechten Haltung des Tieres. Kurz bevor die Behörde dies überprüfen wollte, fehlt nun jede Spur von „Cleo“. PETBOOK sprach mit der Reptilienauffangstation in München über die Hintergründe des Falls.
Am 11. März erregte ein kleiner Affe in Bayern mediale Aufmerksamkeit, als ein Mann das Tier auf seiner Terrasse entdeckte. Dies berichtete unter anderem die Auffangstation für Reptilien, München e. V. in einer Pressemitteilung. Glücklicherweise gelang es, das Weißbüscheläffchen einzufangen. Ein paar Tage später meldete sich schließlich die Besitzerin, die dann jedoch behauptete, das Äffchen sei nicht ihre „Cleo“. Als sich die Auffangstation weigerte, das Tier zurückzunehmen, drohte sie damit, den Affen zurück nach Polen zu bringen.
PETBOOK sprach mit Thomas Türbl, Fachtierarzt für Reptilien und Schriftführer der Reptilienauffangstation, sowie der Sprecherin Jennifer Vogl über die Hintergründe des skurrilen Falls. Denn plötzlich fehlte von „Cleo“ tatsächlich jede Spur. Laut Veterinäramt ist der Affe nach Polen gebracht worden.
Affe aus Bayern stammt aus Privathaltung
Nach der erfolgreichen Rettung von der Terrasse wurde zunächst die Polizei Moosburg informiert und das Tier anschließend in die Auffangstation für Reptilien in München gebracht. Mehrere Tage nach dem Fund des Affens in Bayern erschien die Besitzerin mit den erforderlichen Dokumenten bei der Polizeiinspektion Moosburg, wie die Münchener Zeitung „Merkur“ berichtete.
Allerdings war nicht die Besitzerin selbst, sondern deren Tochter aufmerksam geworden, nachdem sie aufgrund der Berichterstattung von dem Vorfall erfahren hatte. „Der Dame selbst war der Verlust des Tieres zwar auch schon aufgefallen, sie ging jedoch, laut Aussage meiner Kollegen, rufend durch die Nachbarschaft, um das Tier zu finden“, berichtet Jennifer Vogl auf Nachfrage von PETBOOK. „In den Medien hatte sie selbst nichts davon gehört.“
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Zweifel an artgerechter Unterbringung des Äffchens
Zwar bestätigte der Tierarzt der Station, Thomas Türbl, gegenüber PETBOOK, dass es dem in Bayern gefundenen Affen „ganz gut“ ginge. Doch die Mitarbeiter hatten Zweifel, dass die Haltung des Tieres artgerecht ist. „Es ist dort wohl nur ein Tier gemeldet, und das Äffchen wird offenbar auch in der Wohnung gehalten“, zitiert der „Merkur“ Jennifer Vogl.
Es sei allerdings nicht artgerecht, die Tiere alleine zu halten, bestätigt die Sprecherin gegenüber PETBOOK. „Das haben wir der Frau aber auch dem Amt noch mal mitgeteilt. Wir haben auch den Verdacht, dass das Tier keine geeigneten Räumlichkeiten hat, wo es klettern und entsprechend seinen Bedürfnissen ausleben kann und das Klima angepasst ist.“ Die Auffangstation informierte daher, das zuständige Veterinäramt, um die artenschutzrechtlichen Vorgaben vor Ort zu überprüfen.
Besitzerin wollte Affen zurückgeben
Doch kurz nachdem die Besitzerin aus Bayern ihren Affen abgeholt hatte, meldete sich die Dame in der Auffangstation wegen einer möglichen Rückgabe, informiert Jennifer Vogl. Angeblich handele es sich nicht um ihr Äffchen. „Cleo“ hätte sonst gerne Eis und Nudeln gegessen oder Cappuccino getrunken, so die Begründung der Besitzerin. Auch habe das Tier viel und gerne gekuschelt und immer die Nähe zur Halterin gesucht. Dieses Verhalten zeige sie nun nicht mehr.
Laut Vogl kann dies auch gut möglich sein. „In der Auffangstation wurde das Tier artgerecht ernährt und verweigert nun vielleicht die ungeeignete Nahrung“, sagt sie. „Zudem hatte das Tier sehr viel Stress, weswegen, gerade bei Affen, eine akute Verhaltensänderung möglich ist.“
Mitarbeiter vermuten einen anderen Grund
Nach Auffassung der Mitarbeiter der Reptilienauffangstation in München sei der eigentliche Grund für die gewünschte Rückgabe jedoch die bevorstehende Kontrolle durch das Veterinäramt gewesen.
„Wir hatten aus einem Gespräch heraus mitbekommen, dass das Tier seit Jahren alleine und in einer Kombination aus kleinem Käfig und Freilauf im Wohnzimmer lebt, nicht tier- und verhaltensgerecht versorgt wird und dies entsprechend an die zuständigen Behörden weitergegeben. Diese sicherten uns eine schnelle Kontrolle der Haltung zu“, erzählt Vogl.
Affe von Bayern nach Polen gebracht
Als die Auffangstation ablehnte, das Äffchen zurückzunehmen, drohte die Halterin schließlich damit, das Tier nach Polen zu bringen. Dort habe man nicht solche Auflagen zu erfüllen und wisse, wie man mit dem Äffchen umgehen müsse, zitiert Vogl die Dame.
Als das Veterinäramt am 15. März zur Kontrolle vor Ort war, trafen sie die Halterin nicht an. Vogl vermutet, sie habe ihre Drohungen über das folgende Wochenende wahr gemacht: „Cleo“ ist nicht mehr vor Ort.
Eine nachfrage von PETBOOK beim zuständigen Landratsamt Freising bestätigt den Verdacht. Pressesprecher Tobias Grießer teilt mit, dass bei der Kontrolle vor Ort niemand angetroffen werden konnte. Daher wurden die Verantwortlichen der Tierhaltung mittels einer Notiz aufgefordert, sich mit dem Veterinäramt des Landratsamts Freising in Kontakt zu setzen. Am darauffolgenden Montag habe das Landratsamt dann von der Besitzerin die Information erhalten, dass das Tier zwischenzeitlich nach Polen verbracht worden sei.
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Das Landratsamt prüfe derzeit mögliche rechtliche Maßnahmen in dem Fall nach, wie Pressesprecher Grießer PETBOOK mitteilt.
Die Auffangstation in München sei nach Rückgabe des Äffchens nicht mehr offizieller Ansprechpartner in dem Fall, sagt Vogl. „In unserer Arbeit erleben wir leider immer wieder Fälle, in welchen Tiere unter eigenen, sehr menschlichen, Vorstellungen und Bedingungen gepflegt und ‚geliebt‘ werden“, so die Sprecherin. Wenn dann jedoch höhere Kosten und Auflagen ins Spiel kämen, um eine wirklich gute Haltung umzusetzen, würden die Tiere dann doch schnell zum Objekt und müssen „verschwinden.“