23. August 2024, 11:47 Uhr | Lesezeit: 6 Minuten
Beobachtet man auffällig viele Amseln mit kahlen Stellen im Gefieder, steckt meist das Usutu-Virus dahinter. Die für Vögel tödliche Erkrankung führt regelmäßig zum Amselsterben. PETBOOK erklärt, wie sich das Virus unter den Vögeln verbreitet und ob Gefahr für Menschen und andere Tiere besteht.
Ob im Park oder in Gärten – in diesem Jahr kann man auffällig viele Amseln mit kahlen Stellen im Gefieder sehen. Zwar gibt es viele Gründe, warum die Vögel mal ein paar Federn lassen – vor allem im Sommer steckt aber meist eine tödliche Erkrankung dahinter, die regelmäßig für ein Amselsterben sorgt: das Usutu-Virus.
Es stammt aus der Familie der Flaviviren, die beim Menschen Krankheiten wie das Dengue-Fieber, Zika-Fieber oder Gelbfieber hervorrufen. Das Virus infiziert allerdings vornehmlich Vögel. Viele zeigen keine Symptome. Es gibt aber einzelne Arten – insbesondere Amseln –, die jedoch wesentlich empfindlicher auf eine Infektion mit dem Usutu-Virus reagieren. Bei ihnen verläuft sie oft tödlich.1
Woher kommt das Virus?
Ursprünglich stammt der Erreger aus Afrika. Man vermutet, dass Zugvögel das Virus vor langer Zeit nach Europa eingeschleppt haben. Dort trat die Krankheit bei Vögeln Mitte der 1990er-Jahre erstmals auf. Seitdem kommt es zu immer wiederkehrenden Ausbrüchen, die oft mit einem Amselsterben einhergehen.2
In Deutschland löste das Usutu-Virus 2011 das erste Mal ein Massensterben von Amseln in Südwestdeutschland aus. Der letzte große Ausbruch war im Jahr 2018. Dabei ging die Amselpopulation in Hamburg um etwa 40 Prozent zurück. Auch im Jahr 2024 vermuten Wissenschaftler bereits einen größeren Ausbruch. So teilte das Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin in Hamburg (BNITM) mit, dass rund 25 Prozent der in diesem Jahr sezierten und getesteten Vögel mit dem Virus infiziert gewesen seien. Naturschützer fürchten, dass die Zahl weiter steigen wird.2
Wie infizieren sich Amseln mit dem Usutu-Virus?
Das Virus wird von Stechmücken übertragen. In Deutschland ist das vor allem die Gemeine Hausmücke (Culex pipiens). Sie fungiert als Hauptwirt und überträgt die Viren bei Blutmahlzeiten zwischen Vögeln. Dies ist auch der Grund, warum es vor allem im Sommer zu Usutu-Infektionen bei Vögeln kommt, denn im Herbst sterben die Mücken ab.
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So erkennen Sie infizierte Vögel
Während die Krankheit bei vielen Vögeln kaum Symptome verursacht, verläuft die Infektion bei Amseln oft dramatisch, weshalb sie auch als Amselsterben bezeichnet wird. Erkrankte Tiere zeigen oft folgende Symptome: 3
- aufgeplustertes, schütteres Gefieder
- Federlosigkeit am Kopf und Hals
- Verlust der Schwanzfedern
- helle Verfärbung des Gefieders
- Apathie und Taumeln
Diese Symptome sind allerdings recht unspezifisch und können auch auf andere Ursachen zurückgehen. Ein sicherer Nachweis kann nur durch eine Analyse im Labor erfolgen.
Gefährdet ein Amselsterben den Bestand?
Im Jahr 2018 brach der Bestand in Hamburg um 40 Prozent ein und auch in diesem Jahr gehen Tierschützer davon aus, dass die Zahl toter Tiere weiter zunimmt. Trotzdem sei nicht zu befürchten, dass Usutu zu bedrohlichen Bestandsveränderungen führe, wie der Landesbund für Vogel- und Naturschutz auf seiner Webseite mitteilt. So sei bei Amseln davon auszugehen, dass sich innerhalb der Population individuelle Immunitäten ausbilden. Das würde die starke Ausbreitung des Usutu-Virus eindämmen, sodass sich der Bestand auch wieder erholen könne.1
Ist das Virus für Menschen oder Haustiere gefährlich?
Auch Menschen können sich mit dem Usutu-Virus infizieren. Aber keine Angst: Eine Übertragung durch Kontakt mit einem toten oder kranken Vogel ist kaum möglich. Diese findet nur durch Stechmücken statt. Bei Erkrankten kommt es zu Symptomen wie Fieber, Kopfschmerzen und Hautausschlägen. Als gefährliche Komplikation kann das Virus auch eine Gehirnentzündung auslösen. Das Risiko einer Erkrankung ist aber sehr gering.1
Auch andere Säugetiere wie Hunde oder Katzen können sich theoretisch mit dem Usutu-Virus infizieren. Dazu liegen bisher aber kaum belastbare Daten vor. Daher sind auch Krankheitsverlauf und Symptome bei anderen Tieren nicht bekannt.2
Kann man am Usutu-Virus erkrankte Amseln retten?
Infiziert sich eine Amsel mit dem Usutu-Virus, stirbt sie meist innerhalb weniger Tage. Doch selbst, wenn man ein erkranktes Tier frühzeitig findet, kann man die Infektion nicht behandeln. Auch eine Impfung gibt es nicht, um das Amselsterben zu verhindern.
Man könne lediglich die einmalige Chance nutzen, die Auswirkungen der Vogelkrankheit auf wildlebende Vogelarten in Deutschland zu dokumentieren und deren Folgen abzuschätzen, wie der Nabu zu dem Thema mitteilt. Dafür sei es nötig, dass möglichst viele tote Amseln (und andere tot aufgefundene Singvögel) untersucht werden, um eine mögliche Virusinfektion nachzuweisen.5
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So können Sie helfen
Zwar kann man für die erkrankten Vögel direkt nichts tun. Man kann die Wissenschaftler jedoch darin unterstützen, das Virus und seine Verbreitung besser zu verstehen. Dafür gibt es verschiedene Möglichkeiten:
Tote Vögel einschicken
Durch das Einsenden toter Vögel unterstützt man direkt die wissenschaftlichen Untersuchungen des Bernhard-Nocht-Instituts für Tropenmedizin (BNITM). Wichtig ist, dass die Tiere möglichst frischtot eingesammelt und eingeschickt werden.
Das BNITM empfiehlt, die Tiere mit Kühlakkus per Post zu senden und einen Zettel mit Fundort, Funddatum sowie Namen des Finders beizulegen.1
Tote Amseln online melden
Sie können tote Vögel auch ganz einfach online beim Nabu melden. Dieser sammelt die Daten, wertet sie aus und stellt sie der Wissenschaft zur Verfügung. Wichtig dabei sind möglichst genaue Angaben zu:
- Fundort
- Funddatum
- näheren Fundumständen
- den Symptomen der Vögel
Am besten fügen Sie noch ein Foto von dem Fund hinzu. Weitere Informationen zur „Meldeaktion zum Amselsterben“ des Nabu erfahren Sie hier.
Bei Vogelzählung des Nabu mitmachen
Aber auch ohne tote Vögel zu finden und zu melden, kann man die Naturschützer und Wissenschaftler unterstützen, indem man die Vögel im eigenen Garten oder dem nahegelegenen Park beobachtet und zählt. Denn auch die Ergebnisse der Nabu-Zählaktionen sind wichtig, um zu untersuchen, wie das Virus die Amselpopulationen beeinflusst.
Dafür gibt es jährlich zwei große Zählaktionen: die „Stunde der Gartenvögel“ im Mai und die „Stunde der Wintervögel“ im Januar.