7. Mai 2024, 14:26 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten
Lange Zeit dachte man, dass leuchtende Tiere vor allem in der Tiefsee vorkommen und damit ihre Beute anlocken. Doch Biolumineszenz zeigt sich bei immer mehr Lebewesen und ist wohl schon seit dem Anbeginn der Evolution vorhanden, wie neuere Untersuchungen feststellen konnten. PETBOOK gibt einen Überblick, wie Tiere leuchten und welche Vorteile sie dadurch haben.
Dass Lebewesen unter bestimmten Voraussetzungen leuchten, ist bereits seit einiger Zeit – vor allem bei verschiedensten Meeresbewohnern – bekannt. Wie verbreitet das Phänomen bei Tieren tatsächlich ist, rückt jedoch erst seit relativ kurzer Zeit in den Fokus der Wissenschaft. Dabei scheint die Biolumineszenz – also der Grund, warum so viele Tiere leuchten – viel weiter verbreitet, als bisher angenommen wurde.
Wie entsteht Biolumineszenz?
Zunächst einmal gibt es grundsätzlich zwei Arten von Biolumineszenz, die dazu führt, dass Tiere unter UV-Licht, aber auch im Dunkeln leuchten. Im Allgemeinen werden in der Biologie zwei verschiedene Prozesse beschrieben.
Die primäre Biolumineszenz wird durch eine chemische Reaktion im Körper des Tieres selbst erzeugt. Dabei kommen verschiedene Stoffe zum Einsatz. Bei Glühwürmchen und vielen Meerestieren zum Beispiel ist dies das Luciferin. Bei anderen entsteht durch Aequorin ein blaues Leuchten, die teilweise auch das Meer zum Strahlen bringt. Mehr dazu lesen Sie bei unseren Kollegen von TRAVELBOOK: Forscher lösen letztes Rätsel um blaues Meeresleuchten.
Die seltenere, sekundäre Biolumineszenz dagegen entsteht im Zusammenhang mit Phytobakterien, die sich in Meerestieren anreichern. Diese Form stellt also eine Symbiose mit anderen Lebewesen dar. Die Bakterien sorgen dafür, dass das größere Tier Beute anlocken kann, und werden durch die verstoffwechselten Nährstoffe mit ernährt.
Leuchtende Tiere eher die Regel als die Ausnahme
Lange ging man davon aus, dass leuchtende Tiere sich vor allem bei Fischen der Tiefsee finden, die den lichtarmen Raum so ausnutzen, um ihre Beute anzulocken. Dazu zählt unter anderem der Anglerfisch, aber auch bestimmte Kalmare oder Quallen können leuchten. Doch damit sind sie bei weitem nicht die einzigen.
Eine Studie konnte 2023 belegen, dass das Phänomen tatsächlich eher die Regel als die Ausnahme ist. Auch die Überzeugung, dass Tiere, die an Land leben, nicht leuchten – was noch 2022 als gültige Annahme galt – ist mittlerweile überholt (PETBOOK berichtete).
Heute weiß man, dass Biolumineszenz ein weitverbreitetes Phänomen ist, das sich mehrfach über den Stammbaum des Lebens hinweg entwickelt hat. Es gibt leuchtende Landschnecken, UV-fluoreszierende Frösche, aber auch bei mehr als 125 Landwirbeltieren ist die Biolumineszenz im UV-Bereich nun bereits gut dokumentiert.
Biolumineszenz tief in der Evolution verankert
Eine amerikanische Studie widmete sich nun der Entstehung dieses faszinierenden Phänomens. Denn ihr Ursprung ist nur sehr schwer zu bestimmen, da nur sehr wenige Organismen sich über hunderte Millionen Jahre so weit erhalten, dass sie untersucht werden können. Lange galten daher Muschelkrebse (Ostrakoden), die sich vor 267 Millionen Jahren entwickeln, als erste leuchtende Tiere.
Doch Wissenschaftler des Smithsonian’s National Museum of Natural History in Washington, D.C, USA, haben nun ein noch viel früheres Beispiel gefunden. Das Team um Erstautorin Danielle DeLeo widmete sich der Erforschung von Octocorallia. Diese am ehesten Korallen ähnelnden Lebewesen sind auch als Achtstrahlige Blumentiere oder Achtstrahlige Korallen bekannt. Die urtümlichen Tiere haben laut der umfassenden Analyse der Forscher schon vor 540 Millionen Jahren das Leuchten für sich entdeckt. Also zur Zeit des Kambriums, in der mit einer explosionsartigen Entwicklung der Grundstein für viele heute noch lebenden Tierstämme gelegt wurde.1
Octocorallia könnten endlich klären, warum so viele Tiere leuchten
Dieses sehr frühe Vorkommen eines gemeinsamen Vorfahr-Tiers könnte ebenfalls erklären, weshalb heute ca. 76 Prozent aller im Meer lebenden Wesen biolumineszent sind.2 Es gibt sogar Anzeichen dafür, dass noch frühere Verwandte dieser Lebewesen dieses Merkmal entwickelt haben. Denn das älteste Tier der Welt, die Rippenqualle, existiert seit circa 700 Millionen Jahren und gilt als Vorfahr und Schnittstelle zwischen evolutionären Entwicklungen. Viele Arten dieser – sich heute völlig getrennt entwickelnden – Tiere verfügen ebenfalls über die Fähigkeit, zu leuchten (PETBOOK berichtete).
Egal, ob vor 700 Millionen Jahren oder vor 540 – dass Tiere leuchten, ist also schon sehr lange gängig. Laut weiteren Studien hat sich die Fähigkeit von Tieren zu leuchten, sogar noch ganze 94-Mal zu ganz unterschiedlichen Zeiten entwickelt.3 Allerdings wisse niemand genau, warum sie zuerst bei Tieren auftrat, sagte Andrea Quattrini, Kuratorin des Museums für Korallen und Mitautorin der Studie „Phys.org“.
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Vollständige Funktion des Leuchtens noch unbekannt
Auch welche Vorteile Tiere dadurch haben, dass sie leuchten, muss nach den bahnbrechenden Ergebnissen der letzten Jahre noch weiter untersucht werden. Die Vorteile für Meereslebewesen, die mit ihrem Leuchten nicht nur Beute anlocken, sind dagegen bereits gut belegt. Sie ziehen damit auch potenzielle Partner an, können es aber auch dazu nutzen, Fressfeinde zu verschrecken.
In der Studie des Smithsonian Museums wird nun jedoch von der Allgegenwärtigkeit der Biolumineszenz gesprochen. Und genau hier kann die Recherche zu den Octocorallia bahnbrechendes leisten. Denn die weichen Korallen haben nur wenig mit denen zu tun, die sich in Riffen finden. Unter anderem haben sie kein Skelett und reagieren auf Verletzungen ihrer Polypen mit Biolumineszenz. Einige der 3500 bekannten Arten dieser Nesseltiere haben die Fähigkeit jedoch verloren.
Mit weiterer Arbeit in diesem Bereich erhoffen sich die Wissenschaftler, die Umweltbedingungen zu identifizieren, die das Leuchten begünstigen. Damit könnten sie dann möglicherweise auch vollständig die Funktion des Phänomens enträtseln.1