
5. September 2024, 17:23 Uhr | Lesezeit: 3 Minuten
Das eigene Leben für andere opfern? Das gibt es nicht nur in wilden Action-Filmen, sondern tatsächlich auch im Tierreich. Blaue Termiten gehen beispielsweise im Falle eines Angriffs freiwillig in den Tod, um ihr Volk zu beschützen – und das auf ziemlich spektakuläre Weise: sie explodieren. Wissenschaftler konnten nun erstmals den Mechanismus dahinter beobachten und erklären.
Das Wort „Kamikatze“ beschreibt laut Definition eine Person, die sehenden Auges ins Verderben rennt und eine Aktion unternimmt, die sie höchstwahrscheinlich das Leben kosten wird. Beispielsweise die japanischen Flieger, die im Zweiten Weltkrieg selbstmörderische Einsätze flogen.1 Das eigene Leben für sein Volk zu opfern, gibt es auch im Tierreich. So gehen Blaue Termiten freiwillig in den Tod, um ihre Kolonie zu verteidigen. Dabei lösen die Insekten mit einer Art „Rucksack“, der mit einer giftigen Flüssigkeit gefüllt ist, eine Explosion aus, welche den Angreifer vergiften soll.
Vor allem ältere Blaue Termiten opfern sich für ihr Volk
Das Phänomen der explodierenden Insekten wurde 2012 das erste Mal beschrieben. Forschende um Yves Roisin von der Brüsseler Université Libre fanden nun heraus, dass sich besonders ältere Arbeitertermiten der in Süd- und Mittelamerika heimischen Art Neocapritermes taracua opferten, wenn sie von Individuen der Termitenart Labiotermes labralis attackiert werden.
Zudem konnten die Wissenschaftler klären, wie und warum die Blauen Termiten ihre chemische Waffe einsetzen. So entwickeln die Neocapritermes taracua-Arbeiter mit zunehmendem Alter auf ihrem Rücken zwei Taschen, die wie eine Art Rucksack auf dem „Rücken“ (Insekten-Experten sprechen hier vom dorso-frontalen Teil des Abdomens) der Insekten liegen. In diesen Taschen lagern sie ein blaues, kupferhaltiges Protein ein, welches sie mit einem externen Drüsenpaar bilden. Es befindet sich unterhalb der Hautschicht der Rückentasche und war bisher unbekannt.
Wissenschaftler konnten erstmals den Explosions-Mechanismus erklären
Allerdings reicht das noch lange nicht aus, um einen Angreifer zu töten. Denn wie die Wissenschaftler herausfanden, muss sich das Protein mit dem Speichel der Blauen Termiten mischen, um seine tödliche Wirkung entfalten zu können. Um dies zu ermöglichen, befinden sich im Körperinneren der Insekten unterhalb der Rückentasche Speicheldrüsen. Verbindet sich das Protein mit diesem Speichel, entsteht ein klebriges Gift, das für andere Termitenarten tödlich ist.
Ihre toxische Substanz versprühen die blauen Arbeiter aber erst, wenn Beißen keine Wirkung zeigt. Wie die Forschenden auch herausfanden, ist die Menge des giftigen Sekrets bei älteren Termiten deutlich größer, als bei jüngeren.2

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Hinweise auf altersbedingte Aufgabenteilung
In Kombination mit der Beobachtung, dass die Kiefer der Arbeiter mit zunehmenden Alter stumpfer werden, kamen die Wissenschaftler zu einer spannenden Schlussfolgerung. So könnten sich ältere Arbeiter nicht mehr so gut zur Nahrungsbeschaffung eigenen, weshalb sie unter Einsatz des eigenen Lebens ihr Volk verteidigen.
Diese Vermutung wurde auch durch das Verhalten der Tiere unterstrichen: So waren betagtere Arbeiter wesentlich aggressiver als die jüngeren, weißen Arbeiter, die das Proteinkristall noch nicht gebildet hatten.3
Ein ähnliches Verhalten kennt man auch von Honigbienen, die wie Termiten in Sozialstaaten leben. Hier sind es vor allem die älteren Arbeiterinnen, die riskante Aufgaben übernehmen, wie zum Beispiel andere Bienenvölker auszuräubern. Sollten sie von ihrem Raubzug nicht zurückkommen, ist ihr Verlust für das Volk weniger schlimm, als wenn eine junge Arbeiterin verloren geht, die noch viele verschiedene Aufgaben übernehmen kann.