17. September 2022, 18:03 Uhr | Lesezeit: 6 Minuten
Der Trend, exotische Tiere als Haustiere zu halten, ist nicht neu. Dabei stellen sich jedoch gleich mehrere Fragen: Wie ist die rechtliche Lage bzw., welche Anforderungen gelten? Und sollte man Wildtiere überhaupt als Haustiere halten?
Im Internet und auf den diversen Social-Media-Plattformen finden sich zahlreiche Videos, in denen Otter an der Leine geführt werden oder Igel im Home-Office über die Tastatur laufen. Ein Trend, der mitunter Nachahmer nach sich zieht. Doch darf man sich ein Wildtier als Haustier zulegen – und sollte man das überhaupt? PETBOOK klärt auf.
Übersicht
Definition eines Wildtiers
Eine einheitliche Definition bzw. Regelung, was ein Wildtier ausmacht, gibt es in den unterschiedlichen Gesetzen nicht. Im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) heißt es in § 960 unter „Wilde Tiere“:
- „Wilde Tiere sind herrenlos, solange sie sich in der Freiheit befinden. Wilde Tiere in Tiergärten und Fische in Teichen oder anderen geschlossenen Privatgewässern sind nicht herrenlos.
- Erlangt ein gefangenes wildes Tier die Freiheit wieder, so wird es herrenlos, wenn nicht der Eigentümer das Tier unverzüglich verfolgt oder wenn er die Verfolgung aufgibt.
- Ein gezähmtes Tier wird herrenlos, wenn es die Gewohnheit ablegt, an den ihm bestimmten Ort zurückzukehren.“
Laut Tierschutzgesetzgebung gilt als Wildtier jedes Tier, das kein Haustier ist. Ebenso gelten als wilde Tiere jene, die nicht gezüchtet wurden.
Im Alltag werden vor allem die frei in der Natur lebenden Tiere als Wildtiere bezeichnet. Allerdings greift diese Definition zu kurz, da wilde Tiere – etwa Füchse, Waschbären, Vögel etc. – auch im städtischen Raum beheimatet sind.
Darf man Wildtiere als Haustier halten?
Die Haltung von Wildtieren ist teils durch das Tierschutzgesetz, die Bundesartenschutzverordnung und das Bundesnaturschutzgesetz geregelt.1,2,3 Auf Landesebene werden diese unterschiedlich umgesetzt und mitunter konkretisiert. In manchen Bundesländern gibt es zudem Regelungen in Bezug auf die Haltung von Gefahrentieren, bei denen es sich teils auch um Wildtiere handeln kann.4
Wildtiere dürfen laut der Bundesartenschutzverordnung nur gehalten werden, wenn sie keinem Besitzverbot unterliegen (BArtSchV § 7). Diese Norm gilt jedoch für alle geschützten bzw. besonders geschützten Wildtiere.
Damit ein geschütztes Tier gehalten werden kann, muss der Halter…
- … ausreichende Kenntnisse über Haltung und Pflege der Tiere haben
- … über geeignete Gehege verfügen
- … sicherstellen, dass die Tiere nicht entlaufen
- … gewährleisten, dass die Haltung tierschutzrechtlichen Vorschriften entspricht
- … den Artenschutz berücksichtigen
In § 2 des Tierschutzgesetzes heißt es zudem:
„Wer ein Tier hält, betreut oder zu betreuen hat,
- muss das Tier seiner Art und seinen Bedürfnissen entsprechend angemessen ernähren, pflegen und verhaltensgerecht unterbringen,
- darf die Möglichkeit des Tieres zu artgemäßer Bewegung nicht so einschränken, dass ihm Schmerzen oder vermeidbare Leiden oder Schäden zugefügt werden,
- muss über die für eine angemessene Ernährung, Pflege und verhaltensgerechte Unterbringung des Tieres erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten verfügen.“
Somit sind die Hürden zur Haltung von Wildtieren bereits recht hoch.
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Wer darf in Deutschland Wildtiere halten?
In Deutschland werden Wildtiere in Tierparks oder Zoos, zu Studienzwecken und trotz Verboten auf Länder- bzw. kommunaler Ebene auch noch immer in Zirkussen gehalten, obwohl dies bereits in der Mehrzahl der europäischen Länder generell verboten wurde.6 Noch immer gibt es zudem viele wilde Tiere wie Pumas und Löwen in privater Hand. Die genaue Zahl ist nicht zu ermitteln, denn viele Tiere werden illegal eingeführt und nicht artgerecht gehalten.
Der Schutz von Wildtieren ist, wie oben bereits beschrieben, unterschiedlich geregelt und definiert auch bestimmte Mindestanforderungen bei der artgerechten Haltung. In vielen Fällen müssen Halter zudem amtliche Genehmigungen einholen, die man in regelmäßigen Abständen erneuern muss. Dies geschieht insbesondere bei Tierparks und Safariparks.
Exotische Haustiere und Wildtiere sind zudem nicht von den üblichen Versicherungen für Haustiere abgedeckt, daher müssen Halter eine gesonderte Haftpflichtversicherung abschließen. Nach § 833 BGB haften Tierhalter auch für alle Schäden, welche durch ihre Tiere entstehen.7 Dies kann im Falle eines Wildtiers auch mal ein größerer Schaden sein. Hält man das Tier zudem illegal oder ohne Genehmigung, kann dies eine hohe Strafe nach sich ziehen. Wenn man z. B. einen Igel ohne Grund der Natur entnimmt, kann dieses Bußgeld bis zu 50.000 Euro betragen.8
Welche Wildtiere werden in Deutschland als Haustiere gehalten?
Da viele Wildtiere illegal nach Deutschland eingeführt werden, ist es nicht möglich zu sagen, welche und wie viele privat gehalten werden. Laut einer statistischen Umfrage sind dies vor allem Land- und Wasserschildkröten, Papageien und Echsen, aber auch Tiere, die durch Social Media Aufmerksamkeit bekommen, wie Mini-Schweine, Otter oder Igel.9
Meist stammen diese Tiere aus ethisch nicht vertretbaren Wildtierfarmen oder gelangen durch Wilderei auf den Markt. Befinden sich diese streng geschützten Tiere ohne entsprechenden Nachweis im Privatbesitz, macht sich der Halter strafbar.
Was gilt bei der Einfuhr von Wildtieren?
Die Einfuhr von Wildtieren ist durch das Washingtoner Abkommen (CITES) von 1973 geregelt, das die Einfuhr und Ausnutzung von einer ganzen Reihe von Wildtieren verboten hat.10 Die EU hat die Regelungen des Abkommens ebenfalls über die EU-Artenschutzverordnung implementiert. Doch trotz all der Bemühungen der Kommission boomt der Handel mit Wildtieren weiterhin, besonders im Internet. Zudem hat die EU eine Liste der invasiven Arten von Wildtieren aufgesetzt, welche mit einem generellen Einführungs- und Haltungsverbot belegt wurden, da sie nicht einheimisch sind und das Ökosystem maßgeblich beeinträchtigen können. Auf dieser Liste finden sich zum Beispiel der Rote Amerikanische Sumpfkrebs, das Grauhörnchen oder die Bisamratte.
Was sagen Tierschützer zur Haltung von Wildtieren?
Der Deutsche Tierschutzbund hat eine klare Position zur Haltung von Exoten und Wildtieren und fordert, „dass nur solche Tiere von Privatleuten gehalten werden dürfen, gegen deren Haltung keine Bedenken aus Tier-, Natur- und Artenschutzsicht sowie aus Gründen der öffentlichen Sicherheit bestehen.“5 Die Tierschützer begrüßen daher eine „Positivliste von Tieren, die gehalten und gehandelt werden dürfen“, wie es sie beispielsweise bereits in Belgien gibt. Wildtiere sind auf dieser Liste grundsätzlich nicht enthalten.
Der Tierschutzbund argumentiert, dass oftmals die Ansprüche der Tiere, ihre spätere Größe und Lebenserwartung unterschätzt würden. Auch in Bezug auf die Gestaltung der Unterbringung haben die Tierschützer Bedenken.
Daher ist der Trend, Exoten bzw. Wildtiere privat in kleinen Käfigen zu halten, sehr kritisch zu betrachten. Zudem wird dadurch der Artenschwund gefördert.
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Quellen
- 1. Tierschutzgesetz
- 2. Bundesartenschutzverordnung
- 3. Bundesnaturschutzgesetz
- 4. Wissenschaftliche Dienste Deutscher Bundestag, „Sachstand: Regelungen zu Gefahrtieren“ (2016)
- 5. Deutscher Tierschutzbund, „Positionspapier: Wildtiere als Haustiere – Exoten im Privathaushalt“ (2018)
- 6. Vier Pfoten, „Länder mit Wildtier-Verboten in Zirkussen“ (aufgerufen am 1.8.2022)
- 7. BGB § 833, „Haftung des Tierhalters“
- 8. Bußgeldkatalog.org, „Igel und die Hilfe für die kleinen Säugetiere“ (aufgerufen am 29.7.2022)
- 9. Statista.com, „Anzahl der auf Online-Marktplätzen zum Verkauf angebotenen Wildtiere oder deren Körperteile und Produkte nach Artengruppen in Deutschland im Jahr 2017“ (aufgerufen am 29.7.2022)
- 10. Washingtoner Artenschutzübereinkommen CITES (aufgerufen am 29.7.2022)
- Bußgeldkatalog.org, „Artenschutz und Artenschutzgesetz in Deutschland“ (aufgerufen am 29.7.2022)
- Deutscher Tierschutzbund, „WIldtiere als Haustiere – Exoten im Privathaushalt“ (aufgerufen am 29.7.2022)