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Seltenes Phänomen

Was es mit den Geisterbären in Kanada auf sich hat

Geisterbär mit hellem Fell am Fluss
Der Geisterbär, hier beim Fischfang in einem Fluss in British Columbia, Kanada, gehört einer seltenen Population des Schwarzbären an, die helles Fell hat Foto: picture alliance / blickwinkel/McPHOTO | McPHOTO
Ninja Sinke Autorin

6. Dezember 2023, 14:43 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten

Sein Fell ist weiß bis cremefarben, aber ein Eisbär ist er nicht. Auch sein Lebensraum befindet sich nicht im ewigen Eis, sondern im kanadischen Regenwald. Der Geisterbär ist nicht nur ein seltenes Raubtier, sondern gefährdet. PETBOOK erzählt, was es mit ihm auf sich hat.

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Der Geisterbär hat eine ungewöhnliche Färbung: Sein Fell ist nicht schwarz oder braun, sondern weiß bis cremefarben. Die Tiere leben an der kanadischen Westküste und sind eine Unterart des Amerikanischen Schwarzbären. Der westlichen Welt waren sie lange Zeit unbekannt, bis ihr Namensgeber Francis Kermode, ehemaliger Direktor des British Columbia Privincial Museum, sie im Jahr 1905 als Kermodebären bezeichnete. Die First Nations Kiasoo und Xai’xais, in deren Territorium der Geisterbär lebt, wussten bereits lange vorher von seiner Existenz. Für sie hat das Tier große kulturelle Bedeutung, es taucht in ihren Liedern, Tänzen und Erzählungen auf. Ein Rabe, der als Schöpfer aller Wesen gilt, habe vor langer Zeit jeweils einen von zehn Schwarzbären weiß werden lassen, um an die Zeit der Gletscher und des ewigen Eises zu erinnern. Die Kiasoo und Xai’xais bezeichnen den Geisterbären daher schlicht als moskgm’ol – „weißer Bär“. PETBOOK verrät, welche wissenschaftliche Erklärung hinter der ungewöhnlichen Fellfarbe des Tieres steckt.

Geisterbären sind keine eigene Art

Beim Geisterbären handelt es sich nicht um eine eigene Art, sondern um eine Population des Amerikanischen Schwarzbären mit hellem Farbschlag. Außer ihrer Fellfarbe unterscheidet die großen Raubtiere nichts von ihren Artgenossen. Sie sind Allesfresser, ihr Grundnahrungsmittel ist der pazifische Lachs. Überraschenderweise bietet den Geisterbären ihr helles Fell einen Jagdvorteil gegenüber Schwarzbären. Bevor sich die Bären im Herbst in Winterruhe begeben, bedienen sie sich an den Lachsen, die aus dem Ozean zurück in ihre Laichgebiete zurückkehren. Bei der Jagd auf die Lachse sind die Geisterbären tatsächlich besser getarnt, als die schwarzen Bären. Der Kontrast ihres Fells sei vor dem blauen Himmel geringer, als bei schwarzen Bären, schreibt das britische Magazin „BBC Wildlife“.

Auch interessant: Warum Eisbären mit Grizzlys immer mehr Nachwuchs zeugen

Heimisch nur im Great Bear Rainforest

Amerikanische Schwarzbären sind in drei Ländern Nordamerikas verbreitet: Kanada, die USA und Mexiko. Dagegen ist der Geisterbär nur im Great Bear Rainforest zu finden. Sein Lebensraum liegt an der Westküste Kanadas, im weltweit größten noch intakten Küstenregenwaldes der gemäßigten Zone. Mit einer Fläche von 6,4 Millionen Hektar sei das Gebiet ungefähr so groß wie Irland, so die NGO Linking Tourism and Conservation.

Ist der Geisterbär ein Albino?

Obwohl sein Fell mitunter neben cremefarben sogar weiß ist, handelt es sich beim Geisterbären nicht um einen Albino. Warum das so ist, erkennt man bei einem genaueren Blick auf den Bären. Seine Haut und Augen sind pigmentiert – das ist bei Albinos nicht der Fall. Für die ungewöhnliche Fellfärbung der Bären ist stattdessen ein einziges mutiertes Gen verantwortlich. Dieses Gen identifizierten Wissenschaftler um Kermit Ritland im Rahmen einer Studie der British Columbia University bereits vor mehr als 20 Jahren. Den Forschern zufolge ist das Gen für die Produktion von gelben oder schwarzen Pigmenten in den Haaren verantwortlich. Liegt eine Genmutation vor, produzieren die Haarzellen keine Pigmente mehr – der Grund für das helle Fell des Geisterbären. Es wird vermutet, dass diese Mutation während der letzten Eiszeit entstanden sein könnte, schreibt die Zeitung „WELT“.

Nur einer von zehn Schwarzbären hat helles Fell

Dass dieses mutierte Gen über die letzten Jahrtausende nicht wieder verschwunden ist, verwundert Wissenschaftler. Denn es wird rezessiv vererbt. Das bedeutet, dass beide Elternteile das Gen tragen müssen, um Nachwuchs mit weißem Fell zu bekommen. Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Jungtier als Geisterbär geboren wird, ist daher gering – auch dann, wenn einer der Elternteile selbst ein Geisterbär ist. Daher hat nur etwa einer von zehn Schwarzbären helles Fell. Die genaue Zahl der Population ist umstritten, es sollen jedoch nicht mehr als 400 Tiere sein, schreibt das Magazin „BBC Wildlife“. Außerdem interessant: Da Bären ein bis vier Junge zur Welt bringen, kann sich die Fellfarbe des Nachwuchses unterscheiden. Ein Geisterbär mit hellem Fell und ein dunkler Schwarzbär können also gemeinsam als Geschwister aufwachsen.

Der Geisterbär hat aufgrund einer vererbten Genmutation helles Fell
Der Geisterbär hat aufgrund einer vererbten Genmutation helles Fell Foto: picture alliance / WILDLIFE | WILDLIFE/S.Muller
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Maßnahmen sollen die Geisterbären schützen

Im Great Bear Forest leben neben Geisterbären und Schwarzbären auch Grizzlys. Jahrelang bedrohten sowohl die Trophäenjagd auf Grizzlys als auch die gestattete Jagd auf Schwarzbären den Geisterbären. Denn ohne Schwarzbären gibt es auch die Geisterbären nicht. Ein Schritt zum Schutz der seltenen Tiere war daher das Verbot der Trophäenjagd auf Grizzlys im Jahr 2017. Im Jahr 2022 kam das Jagdverbot auf Schwarzbären in Teilen British Columbias dazu, wie Radio-Kanada (CBC) in einer Mitteilung schreibt. Zwar sind Schwarzbären keine gefährdete Art, doch ihr Schutz soll helfen, den extrem geringen Bestand der Geisterbären nicht weiter zu dezimieren. Grund für die verstärkten Schutzmaßnahmen ist auch eine 2020 veröffentlichte Studie. Darin kommen die Wissenschaftler zu dem Ergebnis, dass die genetische Veränderung im Great Bear Rainforest bis zu 50 Prozent seltener vorkommt, als bisher angenommen.

Aus der Studie ging ebenfalls hervor, dass die geografischen Hotspots, in denen die Genmutation der Geisterbären besonders ausgeprägt vorhanden ist, bisher nicht ausreichend geschützt sind. Der allgemeine Rückgang der Lachszahlen mache den Geisterbären ebenfalls zu schaffen, so „BBC Wildlife“. Denn geht das Nahrungsangebot zurück, weiten die deutlich größeren und stärkeren Grizzlys ihr Jagdgebiet auf und kreuzen die Wege der Geisterbären. Grizzlys machen dem kleineren Raubtier dann die Nahrung streitig und können ihn verjagen.

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