8. Oktober 2024, 16:08 Uhr | Lesezeit: 3 Minuten
Für wenige Tiere hegen Menschen so viel Sympathie wie für Delfine. Die quirligen Meeressäuger haben es vielen mit ihrem scheinbar breiten Lächeln sehr angetan. Einer Studie zufolge scheinen die Tiere dies tatsächlich auch zu tun – nur nicht gegenüber Menschen.
Viele Menschen neigen dazu, Tieren menschliches Empfinden oder Verhalten nachzusagen. Zum Beispiel, dass Esel mit Absicht stur sind, oder Katzen beleidigt sein können. Dass dies jedoch menschliche Empfindungen sind, die im Verhalten von Tieren nicht vorkommen, streiten viele vehement ab. Ein weiteres dieser vermenschlichenden Vorurteile ist, dass Delfine häufig und gern lächeln. Doch in diesem Fall scheint daran laut einer Studie sogar etwas dran zu sein. Allerdings nicht so, wie Delfinfans es vielleicht gern sehen würden.
Delfine haben komplexes Sozialleben
Ein Team rund um Evolutionsbiologin Elisabetta Palagi von der Universität Pisa in Italien, hat sich Interaktionen von Delfinen angeschaut. Ganze 1288 Mal konnten die Forscher bei Delfinen eine Geste beobachten, die sie als Open-Mouth-Event bezeichneten. Diese fanden vor allem statt, während die Tiere mit sozialem Spiel beschäftigt waren.
92 Prozent dieser Ereignisse zeigten sich, wenn zwei Delfine miteinander spielten. Und in 89 Prozent der Fälle zeigten die Delfine ihr Lächeln genau dann, wenn sie einen Artgenossen anschauten. In einem Drittel der Fälle lächelte der Spielkamerad sogar zurück.
„Einige mögen argumentieren, dass Delfine die Ausdrücke des offenen Mundes der anderen nur zufällig imitieren, da sie oft in dieselbe Aktivität oder denselben Kontext involviert sind“, sagt Elisabetta Palagi in einer Pressemitteilung. Aber das erkläre nicht, warum die Wahrscheinlichkeit, den offenen Mund eines anderen Delfins innerhalb einer Sekunde zu imitieren, 13 Mal höher sei, wenn der Empfänger den ursprünglichen Ausdruck tatsächlich sehe.
Lächeln der Delfine signalisiert Freundlichkeit
Die Evolutionsbiologin liefert auch gleich eine Erklärung dafür, warum sich die freundliche Geste entwickelt haben könnte. Denn die Geste habe sich wahrscheinlich aus dem Beißvorgang entwickelt. Denn bei einem offenen Mund sei die Beißsequenz unterbrochen.
„Der entspannte offene Mund, den man bei sozialen Fleischfressern, den Spielgesichtern von Affen und sogar beim menschlichen Lachen sieht, ist ein universelles Zeichen für Verspieltheit und hilft Tieren – und uns –, Spaß zu signalisieren und Konflikte zu vermeiden“, sagt Palagi.
Allerdings muss man einschränkend sagen, dass die Videoaufnahmen der Delfine in Gefangenschaft entstanden. In dieser Situation kann das Verhalten der Tiere von ihren natürlichen Handlungen abweichen und sie ihr beschwichtigendes Lächeln dadurch vielleicht überdurchschnittlich oft zeigen. Eine Untersuchung mit Delfinen in ihrem natürlichen Lebensraum muss die Ergebnisse noch bestätigen. Schon jetzt ist allerdings klar, dass Delfine Menschen nicht besonders mögen. Denn die Forscher konnten nur sehr wenige Male sehen, dass sie die Geste der Freundlichkeit ihren Trainern gegenüber zeigten. 1
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Viele andere Tiere lächeln ebenfalls
Lächeln ist scheinbar also ein erlerntes Verhalten, dass dem Gegenüber zeigt: „Von mir geht keine Gefahr aus, ich bin gerade lustig drauf“. Auch bei Primaten, insbesondere bei Gorillas, Bonobos und Schimpansen ist ein ähnliches Sozialverhalten bereits beobachtet worden. Eine Studie von 2021 konnte Lächeln und sogar Lachlaute bei 65 verschiedenen Tieren bereits gut belegen. Auffällig war dabei, dass es sich vor allem um Säugetiere handelte. 2
Ähnlich schätzt auch Palagi den Stand der Forschung ein: „Signale mit offenem Mund und schnelle Mimikry treten im Stammbaum der Säugetiere immer wieder auf, was darauf hindeutet, dass die visuelle Kommunikation eine entscheidende Rolle bei der Gestaltung komplexer sozialer Interaktionen gespielt hat, nicht nur bei Delfinen, sondern bei vielen Arten im Laufe der Zeit.“