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Straußenvögel

Warum es in Deutschland wildlebende Nandus gibt

Nandus schauen aus einem kleinen Waldgebiet in Deutschland
„Du sechmal, Peder: Goit dat doa nach Lübeck?“ – wenn die norddeutschen Nandus reden könnten, würden sie wohl Plattdeutsch sprechen. Foto: Getty Images / fermate
Louisa Stoeffler
Redakteurin

14. Juni 2024, 17:55 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten

Wer an Nandus denkt, der hat wahrscheinlich eher das Grasland in Argentinien im Kopf als an ein Biosphärenreservat in Mecklenburg-Vorpommern. Seit dem Jahr 2000 beweisen die Laufvögel jedoch, dass sie auch als richtige Nordlichter durchgehen könnten.

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Stellen Sie sich mal vor, sie sind mit dem Auto unterwegs nach Lübeck oder Hamburg und durchqueren dabei das Biosphärenreservat Schaalsee in Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein. Plötzlich läuft ihnen nicht etwa ein Hase oder ein Rotfuchs vors Auto, sondern ein Nandu. Die flugunfähigen Laufvögel sehen aus wie Strauße und sind eigentlich in den Pampas Argentiniens und Uruguays sowie in Brasilien beheimatet. Seit dem Jahr 2000 kann man die Tiere jedoch auch in dem Gebiet antreffen, wo einst die innerdeutsche Grenze verlief. Wie die einzige Nandu-Population Europas dort hinkam und warum sie sich bei uns heimisch fühlt.

Woher die Nandus stammen

Unter anderem der NABU berichtet darüber, dass die Nandus (Rhea americana) um die Jahrtausendwende aus einem Freigehege bei Groß Grönau nördlich des Ratzeburger Sees entkamen. Entgegen den Erwartungen überlebten die Tiere den für sie eigentlich zu kalten Winter und ihre Gruppe hat sich seitdem sogar stetig vergrößert.

Seither leben die Nandus in einem Gebiet, das sich über das westliche Mecklenburg-Vorpommern bis nach Schleswig-Holstein erstreckt. Sie werden vor allem am Ratzeburger und am Schaalsee gesichtet.

Die Tiere gelten jedoch als potenziell invasive Art, da sie in Deutschland nicht heimisch sind und die Ökosysteme durcheinander bringen könnten. Gerade Landwirte, die Raps anpflanzen, haben meist wenig zu lachen, denn die Nandus tun sich daran gütlich und zertrampeln ganze Felder.

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Warum die Laufvögel trotzdem bleiben dürfen

Seit vielen Jahren wird deshalb versucht, die Tiere zu vergrämen, damit sie von landwirtschaftlichen Nutzflächen verschwinden. Auch die kontrollierte Zerstörung der Gelege der Nandus ist mittlerweile erlaubt. Dazu werden vorsichtig Löcher in die Eier gebohrt, damit kein neuer Vogel daraus schlüpfen kann. Seit 2020 dürfen sie auch bejagt werden.

Ganz verschwinden soll Europas einzige wildlebende Nandupopulation dennoch nicht, wie das Biosphärenreservat Schaalsee auf seiner Website verrät. Da sie in ihren Heimatländern bedroht sind, fallen die Tiere unter Artenschutz und genießen auch in Deutschland besonderen Status laut dem Bundesnaturschutzgesetz.

Die Laufvögel werden aber genau überwacht. Im März und November jeden Jahres werden sie gezählt. Es gibt sogar eine AG Nandu-Monitoring, die die Bestände wissenschaftlich untersucht und Empfehlungen zum Management erarbeitet.

Nandus haben spezielle Bedürfnisse

Wohl auch wegen der guten Dokumentation und der Popularität der Nandus hat das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft eine 44-seitige Richtlinie zur Haltung von Straußenvögeln wie Nandus, Emus und dem Afrikanischen Vogelstrauß herausgegeben. Diese zeigt, wie anspruchsvoll die Haltung der Wildtiere tatsächlich ist.

Denn offensichtlich konnten die Tiere aus einem nicht ausreichend gesicherten Gehege ausbrechen und könnten sich in Freiheit auch weiter vermehren. Daher muss man für die Laufvögel, die bis zu 1,50 Meter messen, einen mindestens 1,70 Meter hohen Zaun aufstellen.

Besonders kälteempfindlich sind Nandus laut dem Gutachten des BMELs ebenfalls nicht. Sie benötigen trotzdem einen Unterstand für Wind und Wetter.

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Brüten ist bei Nandus Herrensache

Laut Paragraf 11 des Tierschutzgesetzes ist bei der Haltung von Nandus zudem eine entsprechende Sachkunde nachzuweisen. Neben theoretischem Wissen muss auch praktische Erfahrung mit den Tieren vorgewiesen werden.

Auch der Platzbedarf von ausgewachsenen Nandus sollte nicht unterschätzt werden. Sie brauchen eine Gehegefläche von mindestens 500 Quadratmetern, jedoch für jedes Tier eine Mindestfläche von 250 Quadratmetern. Dies sollte zudem weitläufig, aber nicht zu schmal sein. Denn den Namen Laufvögel tragen sie nicht von ungefähr. Sie laufen bis zu 60 km/h schnell durch Natur oder Gehege und das manchmal ziemlich plötzlich.

Man sollte die Tiere paarweise oder in Kleingruppen von einem Hahn und zwei Hennen halten, denn zwei Hähne verstehen sich meist nicht. Nandus sind außerdem dafür bekannt, dass Brüten bei ihnen Männersache ist. Nur der Nandu-Hahn brütet und zieht die Küken dann auch allein auf. Deswegen muss dem Nandu-Männchen auch eine geeignete Brutstätte zur Verfügung gestellt werden.

Themen Tiere der Amerikas
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