8. September 2023, 6:04 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten
Die Pompom-Krabbe trägt ihr Leben lang Mini-Anemonen in ihren Scheren mit sich herum, die sie als Werkzeuge und zum Sammeln von Plankton einsetzt. Will man ihr die Pompoms jedoch abnehmen, kennt die Krabbe keinen Spaß und setzt sie auch als Boxhandschuhe ein.
Viele Tiere, darunter Menschenaffen und Papageien, haben sich den Gebrauch von Werkzeugen angeeignet. Diese setzen sie mit viel Geschick ein, um an versteckte Leckereien zu kommen und können damit sogar Rätsel lösen. Doch ein Meeresbewohner, der vor den hawaiianischen Inseln zu finden ist, treibt den Werkzeugebrauch im Tierreich wohl auf die Spitze. Die Rede ist von der Pompom-Krabbe (Lybia Edmonsoni), auch Boxer-Krabbe genannt. Und diesem Namen macht das Scherentier alle Ehre: Es benutzt See-Anemonen, um mit Artgenossen in den Box-Ring zu steigen! PETBOOK stellt das faszinierende Tier genauer vor.
Pompom-Krabbe lebt mit Anemone in Symbiose
Der hawaiianische Name der Krabbe lautet kūmimi pua, was so viel bedeutet wie „nicht essbare Blumenkrabbe“. Diesen Namen hat sich die Pompom-Krabbe auch redlich verdient. Ihr ganzes Leben trägt sie zwei Miniatur-Anemonen behutsam in ihren Scheren. Wahrscheinlich haben die Krabben die Benutzung ihrer Anemonen-Pompoms entwickelt, da ihre Schale zwar kräftig aussieht, jedoch sehr weich ist und ihnen nur wenig Schutz bietet. Mit der giftigen Triactis producta genannten Mini-Anemone, fanden sie eine wirksame Verteidigungsstrategie.
Denn tatsächlich nutzt die Pompom-Krabbe die Anemone nicht nur im „Ring“, sondern auch, um ihre Beute zu verteidigen. Sehen Fressfeinde die Krabbe ihre Pompoms schwingen, lassen sie sie meist in Ruhe. Allerdings ist dies nicht nur eine Abwehrstrategie, denn wenn die Krabben ihre Pompoms durch das Wasser wirbeln, sammeln sie mit ihnen Kleinstlebewesen wie Plankton ein, von denen sie und die Anemonen sich ernähren können.
Trifft man im Wasser auf die boxende Krabbe, wird sie mit ihren improvisierten Pompoms dem Menschen sicherlich kein blaues Auge verpassen können. Die kleinen Krebstiere werden nämlich nur etwa 13 Millimeter groß. Entsprechend klein sind auch die monytpischen See-Anemonen, mit denen sie einander verhauen. Die eigentlich unscheinbaren kleinen Hohltiere wachsen am Meeresgrund und auf Steinen und leuchten in knalligen Farben wie gelb, pink, grün, sowie einem blassen Braun- und Grauton.
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Krabbe sind ihre bunten Pompoms so wichtig, dass sie nur im Notfall als Boxhandschuhe eingesetzt werden
Die Anemonen sind für die Pompom-Krabbe jedoch nicht nur Mittel zum Zweck, sondern sind ihnen sehr wichtig. Dies konnten Forscher in einer Studie von 1997 beobachten. Sie stellten Pompom-Krabben in einer Art Gladiatoren-Kampf gegeneinander auf. Dabei konnten sie beobachten, dass die Krabben ihre giftigen Anemonen-Boxhandsschuhe nur sehr selten wirklich einsetzten. In vielen Fällen half ihnen in der Konfrontation bereits die Präsentation der giftigen Pompoms.
Wie echte Boxer umkreisten sich die Krabben mit den nach oben gerichteten Scheren viel häufiger, als sie mit ihnen wirklich zuschlugen. Stattdessen hoben sie die Beine an, wenn der Gegner zu nahe kam. Anschließend hoben sie die Pompoms. Vielleicht sollten sie daher doch in „Cheerleader-Krabben“ umbenannt werden.
Zudem waren die Wissenschaftler sich nicht sicher, wie giftig die Anemonen für den Herausforderer wirklich waren oder ob sie ihnen einen Vorteil verschafften. Verlor die Krabbe nämlich einen Pompom, versuchte sie ihn sofort zu ersetzen. Finden die Pompom-Krabben nämlich keine neue Anemone, reißen sie die noch vorhandene in zwei Teile! Dies tun sie jedoch sehr geschickt entlang der Mittellinie, damit beide Hälften anschließend wieder zu voller Größe wachsen können. Sie praktizieren also eine asexuelle Vermehrung ihrer „Boxhandschuhe“!
Boxerkrabben sind nicht die einzigen, die Symbiosen mit Anemonen eingehen
Noch immer gibt es viele Dinge, die Meeresbiologen an der Symbiose zwischen Boxer-Krabben und den Anemonen nicht verstehen. Denn der Anemone bringt das Leben in Symbiose eigentlich wenig Vorteile.
Und doch gibt es nicht nur zwischen Lybia edmonsoni diese spezielle Beziehung. In den Meeren finden sich viele Boxerkrabben wie Lybia tesselata, plumosa, leptochelis und caestifera. Sie alle haben sich angewöhnt, mit Anemonen Futter zu sammeln, anstatt andere Jagdstrategien zu lernen. Israelische Wissenschaftler konnten Pompom-Krabben der Art Lybia leptochelis sogar dabei beobachten, wie sie Ringkämpfe ausführten, um einander die Anemonen zu stehlen.
Zudem sind die Pompom-Krabben nicht die einzigen, die Symbiosen mit Anemonen eingehen. Der Einsiedlerkrebs hat sein Zuhause in den leeren Häusern von Meeresschnecken und trägt häufig auf der Schale eine Anemone bei sich. Diese wird sogar „umgepflanzt“, wenn der Einsiedlerkrebs wächst und in ein größeres Schneckenhaus umzieht. Eine weitere besondere Symbiose gehen Anemonenfische, darunter auch der Clownfisch, ein. Sie leben in See-Anemonen, die sie mit ihren Nesselzellen vor Fressfeinden und Raubfischen beschützen.
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Quellen
- Karplus, I., Fiedler, G. C., & Ramcharan, P. (1998). The Intraspecific Fighting Behavior of the Hawaiian Boxer Crab, Lybia edmondsoni Fighting with Dangerous Weapons?. Symbiosis. PDF.
- Schnytzer, Y., Giman, Y., Karplus, I., & Achituv, Y. (2017). Boxer crabs induce asexual reproduction of their associated sea anemones by splitting and intraspecific theft. PeerJ, 5, e2954.
- Schnytzer, Y., Achituv, Y., Fiedler, G. C., & Karplus, I. (2022). The Intimate Relationship Between Boxer Crabs and Sea Anemones: What is Known and What is Not. Oceanography and Marine Biology, 495-531. PDF.