9. August 2023, 10:44 Uhr | Lesezeit: 6 Minuten
Weltweit gibt es etwa 2700 Giftschlangen. Das Gift einiger Exemplare ist für Menschen bereits nach kurzer Zeit tödlich. Eine Giftschlange, deren Ruf fast schon legendär ist, ist die Gabunviper. Sie gehört nicht nur zu den schwersten Schlangen der Welt, sondern hat zudem die längsten Giftzähne aller Schlangen. Was es mit dem Tier auf sich hat.
In Afrika kriecht eine Schlange der Extreme gut verborgen durch den Regenwald und die Savanne. Sie verbirgt sich im dichten Buschwerk oder Unterholz und wartet darauf, in Sekundenschnelle ihre Zähne in ihre nichts ahnende Beute zu schlagen. Die Gabunviper hat enorm lange, giftige Zähne, die die längsten aller Schlangen sind und beachtliche Mengen an Gift abgeben. Sie beeindruckt zudem mit ihrer Größe und ihrem Gewicht, ihrem speziellen Jagdverhalten sowie ihrer besonderen Färbung. PETBOOK gibt einen Überblick zu den faszinierendsten Eigenschaften dieser Schlangenart.
Die Gabunviper ist im Laub perfekt getarnt
Die Gabunviper wird oft als seltene Schlange beschrieben. Das ist einerseits auf die Zurückgezogenheit dieses schattenliebenden Tieres und seine hervorragende Tarnung in Laubstreu oder im Walddickicht zurückzuführen. Doch wer genau weiß, wo und wie die Viper zu finden ist, wird in ihrem Verbreitungsgebiet viele Exemplare entdecken. Die Gabunviper ist von zwei Unterarten bekannt und kommt im Regenwald und in Savannen der afrikanischen Subsahara vor. Die Östliche Gabunviper (Bitis gabonica) ist in weiten Teilen Zentralafrikas sowie in mehreren Arealen Ost- und Südafrikas anzutreffen, während die Westliche Gabunviper (Bitis rhinozeros) im südlichen Westafrika lebt. Beide Arten unterscheiden sich am deutlichsten aufgrund der Nasalschuppen der Westlichen Gabunviper, die bei dieser Art zu deutlichen Hörnern umgebildet sind.
Westliche und Östliche Gabunviper sind gemustert. Zudem ähneln Körperschema und Kopfform der Schlange einem abgefallenen Blatt, was ihre Tarnung im Laub auf dem Boden liegend verstärkt. Die besondere Färbung entsteht aus einem Mosaik regelmäßig geformter Flächen: entlang des Rückens ist die Schlange in den Farben hell- und dunkelbraun, rosa und violett mit Rauten und Streifen bedeckt. Der Kopf ist auf der Oberseite cremeweiß.
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Eine Schlange der Extreme
Ausgewachsene Gabunvipern werden bis zu 1,55 Meter lang. Im westafrikanischen Sierra Leone wurde jedoch bereits ein besonders großes Exemplar gefunden, das ganze 2,05 Meter maß. Diese Schlange ist jedoch nicht nur groß, sondern auch schwer. Ihr Gewicht kann bei bis zu elf Kilogramm liegen. Damit ist die Gabunviper eine der schwersten Schlangen der Welt. Ein weiteres Extrem sind ihre Giftzähne, die bis zu fünfeinhalb Zentimeter lang werden und die längsten Giftzähne aller Schlangen sind.
Wenn diese Schlange zuschlägt, schnellt ihr Vorderkörper mit solch großer Wucht nach vorn, dass sie bis zur Hälfte ihres Körpers vom Boden abhebt. Zwar ist sie trotzdem nicht die schnellste, doch bei einer Geschwindigkeit von zwei bis sechs Metern pro Sekunde hat ihre Beute in der Regel keine Chance auszuweichen. Obwohl sie mit großer Genauigkeit aus verschiedenen Winkeln zuschlagen kann, verfehlt auch die Gabunviper ihre Beute manchmal. Doch selbst wenn sie sich zunächst verkalkuliert und der erste Biss daneben geht, kann sie dies aufgrund ihrer Geschwindigkeit erfolgreich korrigieren.
Länge der Giftzähne ermöglicht spezielles Jagdverhalten
Das Gift geht ihren Reißzähnen buchstäblich nie aus, denn die Gabunviper produziert die zweitgrößte Menge an Gift unter allen Schlangen. Diese Menge macht ihr Gift so tödlich, denn im Vergleich zum Gewicht anderer Schlangen ist seine Toxizität eher gering. Warum aber diese große Menge an freigegebenem Gift? Das hat mit dem Jagdverhalten dieser Schlangenart zu tun.
Das Jagdverhalten der Gabunviper unterscheidet sich von anderen Vipernarten. Denn die meisten Giftschlangen beißen in ihre Beute, lassen von ihr ab und warten dann, bis sie schwächer wird aufgrund der Wirkung des Gifts. Die Gabunviper dagegen schlägt ihre Giftzähne in ihre Beute und hält diese damit so lange fest, bis sie sich nicht mehr bewegt und stirbt. Erleichtert wird dieses spezielle Jagdverhalten durch die extrem langen Zähne der Schlange. Denn ihr Gift kann so in tiefer liegendes Gewebe vordringen, wo die Blutzirkulation stärker ist. Auch das vergleichsweise lange Festhalten der Beute unterstützt, dass eine größere Menge Gift abgegeben wird.
Dieses Verhalten hat auch damit zu tun, dass die Schlange aufgrund ihrer Größe vergleichsweise viel Nahrung benötigt. Neben einer Vielzahl von Vögeln, Säugetieren und Amphibien stehen auf ihrem Speiseplan auch größere Tiere wie Kaninchen und Stachelschweine. Die Gabunviper erlegt mit ihrem Gift gelegentlich sogar Baumaffen und Antilopen, um ihren Hunger zu stillen. In der Vergangenheit kam es zudem vor, dass auch Rinder häufig gebissen wurden und verendeten – hier vermuten Forscher jedoch eher die Verteidigung der Schlange als einen Angriff auf Beute.
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Einziger Biss einer Gabunviper würde sechs Menschen töten
Bei einem einzigen Biss injiziert die Gabunviper fünf bis sieben Milliliter (450 bis 600 Milligramm Trockenmasse) Gift in ihre Beute. Die maximal gemeldete nasse Giftmenge betrug ganze 9,7 Milliliter, die 2400 Milligramm trockenes Gift enthielt. Wie stark die Wirkung dieses Schlangengiftes auf Menschen wirkt, bewerten Experten auf Grundlage der Empfindlichkeit von Affen gegenüber der Toxizität. Demzufolge wären 90 bis 100 Milligramm Trockengift für einen Menschen tödlich. Daher würde das bei einem einzigen Biss der Gabunviper freigesetzte Gift für sechs Menschen ausreichen.
Es kommt glücklicherweise jedoch nur selten vor, dass Menschen gebissen werden. Denn diese Giftschlange ist Menschen gegenüber in der Regel nicht aggressiv, und ihr Lebensraum beschränkt sich auf Regionen abseits dicht besiedelter Gebiete. Oft bewegen sich Gabunvipern sogar bei einem Zusammentreffen mit einem Menschen meist nicht, sondern vertrauen auf ihre Tarnung. Zu Angriffen kommt es daher eher, wenn Menschen versehentlich auf die Schlangen treten. In diesem Fall ist eine schnellstmögliche ärztliche Behandlung notwendig, um Folgeschäden oder den Tod zu vermeiden.
Quellen
- Marsh, N. & Whaler, B. C. (1984). The Gaboon viper (Bitis gabonica): its biology, venom components and toxinology. Toxicon, 22(5), 669–694.
- Foerster, S. (2008). Two incidents of venomous snakebite on juvenile blue and Sykes monkeys (Cercopithecus mitis stuhlmanni and C. M. albogularis). Primates, 49(4), 300–303.
- Technology.org, „Everything You Need To Know About The Gaboon Viper: It’s unique fangs and a potent bite like no other“ (aufgerufen am 8.8.2023)
- Gifte.de, „Bitis gabonica“ (aufgerufen am 8.8.2023)