15. Mai 2023, 11:12 Uhr | Lesezeit: 8 Minuten
Der Aufschrei unter Tierschützern war laut, als im Mai der bayrische Ministerpräsident Markus Söder eine Verordnung auf den Weg brachte, die in Bayern den Abschuss von Fischottern und Wölfen erleichtert. Dabei gehört der Fischotter zu den am stärksten bedrohten Säugetieren Mitteleuropas und auch der Wolf ist nach europäischem und deutschem Recht streng geschützt.
Bisher konnten Wölfe nur dann geschossen werden, wenn sie Menschen oder die öffentliche Sicherheit gefährdeten. Seit dem 1. Mai 2023 können die seltenen Tiere laut der sogenannten Wolfsverordnung nun auch aus landwirtschaftlichen Gründen gejagt werden. Ganz nach dem Motto „Ein Riss reicht“, kann, nachdem ein Nutztier von einem Wolf gerissen wurde, das zuständige Landratsamt darüber entscheiden, ob es in diesem Gebiet eine „Entnahme erfolgen“ soll. Dabei muss noch nicht mal ermittelt werden, ob es sich dabei um den entsprechenden Wolf handelt. PETBOOK präsentiert 9 Tiere aus Deutschland, die ebenfalls vom Aussterben bedroht sind.
Und auch der Fischotter, der hierzulande als „potenziell gefährdet“ gilt, kann jetzt leichter geschossen werden, wenn dies laut Agrarministerium „zur Abwendung ernster fischwirtschaftlicher Schäden“ beiträgt. BUND-Landeschef Richard Mergner hat für die neue Wolfsverordnung klare Worte: „Wenn der Riss an einem einzelnen Weidetier ausreicht, um mehrere Wölfe abzuschießen, heißt das nichts anderes, als den Landratsämtern einen Freischein auszustellen, den gesamten bayerischen Alpenraum wolfsfrei zu schießen.“ Deshalb wolle man jetzt klagen, heißt es. Allerdings sind Fischotter und Wölfe bei weitem nicht die einzigen Tiere, deren ganzer Bestand einer ungewissen Zukunft entgegenblickt. Laut dem WWF ist fast ein Drittel aller Säugetiere gefährdet.
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Übersicht
Der Pinselohr Luchs
Von Luchsen gibt es in Deutschland schon lange viel zu wenig Artgenossen, um auf sich allein gestellt zu überleben. Deshalb sind sie vom Aussterben bedroht. Das hat mehrere Gründe. Zum einen brauchen die Luchse, die übrigens die größten Raubkatzen Mitteleuropas sind, von Natur aus riesige Streifgebiete. Doch unsere hiesigen Wälder sind mittlerweile so zerstückelt, dass sie die Tiere voneinander trennen. So können sie sich dann auch nicht weiter vermehren. Laut dem Bundesamt für Naturschutz leben die restlichen Pinselohr Luchse in den Wäldern des Harz, des südlichen Oberpfälzer Wald, sowie in Rheinland-Pfalz. Obwohl die Tiere in Deutschland auf der höchsten Gefährdungsstufe stehen, werden sie trotzdem noch illegal gejagt oder bei Verkehrsunfällen getötet.
Der Feldhase
Seit den 80ern blicken Experten besorgt auf den Bestand der Feldhasen. Der nimmt hierzulande nämlich erschreckend ab. Grund hierfür sind die ersten Folgen des Klimawandels, die intensive Landwirtschaft und der damit einhergehende Verlust ihres Lebensraums. Denn wie der Name schon vermuten lässt, leben Feldhasen lieber in offenen Landschaften als in dichten Wäldern. Durch die sich immer weiter ausbreitende Landwirtschaft fehlt es dem Lepus europaeus vermehrt an Nahrung und Verstecken. Und das wiederum führt dazu, dass sich der Feldhase nicht ungestört vermehren kann und kaum Rückzugsorte hat, um sich vor Fressfeinden zu verstecken. Im Jahr 2022 gab es eine erste Hoffnungsnachricht für die Tiere, mehr dazu lesen Sie in diesem Artikel: Feldhasen-Bestand in Deutschland trotz heißer Sommer stabil
Der Schweinswal
Ebenfalls vom Aussterben bedroht ist der Schweinswal. Er ist nicht nur nah mit dem Delfin verwandt, sondern ist auch der einzige Wal, der in der Ostsee heimisch ist. 2022 wurde er von der Deutschen Wildtier Stiftung zum „Tier des Jahres“ gewählt (PETBOOK berichtete). Und auch er verdankt dem Menschen seine prekäre Situation, denn durch Wasserverschmutzung, Unterwasserlärm und Beifang in Fischernetzen gilt er in Deutschland als stark gefährdet. Wie viele Exemplare derzeit noch in deutschen Gewässern leben, ist unklar. Internationale Schutzbemühungen sollen nun helfen, den Fortbestand der Art zu sichern.
Die Hufeisennase
Beim Blick ins kleine Gesicht der Fledermaus fällt sofort die charakteristische Hufeisennase auf, der sie ihren Namen verdankt. Einst war sie in Deutschland weit verbreitet, mittlerweile ist sie nahezu ausgestorben. Laut Experten findet man sie nur noch in Teilen Mitteldeutschlands, in Sachsen, Thüringen, Hessen und Sachsen-Anhalt sowie in Bayern. Durch die Art und Weise wie Gebäude mittlerweile gebaut und ältere renoviert werden, verschwinden Lücken und Schlitze immer weiter, welche Fledermäuse gerne als Quartiere nutzen. Zudem wird es mit dem großen Insektensterben für Fledermäuse immer schwieriger, Nahrung zu finden.
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Der Gartenschläfer
Obwohl der Gartenschläfer als sehr anpassungsfähig gilt und in den verschiedensten Lebensräumen vorkommen kann, ist er bereits in einigen Teilen Deutschlands ausgestorben. Daher wurde er auch von der Deutschen Wildtierstiftung zum Wildtier des Jahres 2023 gewählt, um mehr Aufmerksamkeit auf das bedrohte Tier zu lenken. Warum die Population des Verwandten des Siebenschläfers so zurückging, konnte lange nicht mit Sicherheit gesagt werden. Laut Untersuchungen von BUND und der Universität Gießen gibt es Hinweise darauf, dass der Gartenschläfer in seinen natürlichen Lebensräumen – den Wäldern – nicht mehr genug Nahrung und Versteckmöglichkeiten findet. Zudem sterben viele der Nagetiere an Schadstoffen wie Rattengift und Pestiziden. Bei ihren Untersuchungen machten die Forschenden eine traurige Entdeckung: Alle in diesem Prozess untersuchten Gartenschläfer waren mit giftigen Schadstoffen belastet.
Die Ringelnatter
Auch wenn die Ringelnatter noch immer zu den häufigsten Schlangen in Deutschland gehört, gilt sie als gefährdet. Grund dafür sind die fehlenden Feuchtgebiete und Gewässer. Die ungiftige Schlange mit dem großen Schwimmtalent lebt nämlich bevorzugt in und an stehenden Gewässern. Aber nicht nur der Bestand der Ringelnattern geht alarmierend zurück, sondern auch der, der Würfelnatter und der Aspisviper – beide sind vom Aussterben bedroht. Ähnlich düster sieht es für Kreuzotter, Äskulapnatter, Schlingnatter wie Ringelnatter aus – alle gelten als stark gefährdet.
Der Kiebitz
Auf der Liste der gefährdeten Tiere sind auch einige Vogelarten vertreten, wie der Kiebitz. Er stammt aus der Familie der Regenpfeifer und teilt sich mit vielen weiteren Tieren das gleiche Schicksal: Aufgrund der Intensivierung der Landwirtschaft ist der Bestand des einst weitverbreiteten Vogels besorgniserregend geschrumpft. Jahrzehnte lang wurden die natürlichen Bruthabitate durch Trockenlegungen zerstört oder in Äcker umgewandelt. Besonders tragisch: die Brutzeit der Vögel überschneidet sich zeitlich mit der Grünland-Bewirtschaftung, weshalb oft Gelege und Küken verloren gehen. Das erschwert die Situation für den Kiebitz-Bestand enorm.
Die Kegelrobbe
Als stark gefährdet wird auch nach wie vor die Kegelrobbe eingestuft. Lange Zeit wurde sie in Deutschland extrem gejagt und galt vorübergehend sogar als ausgerottet. Innerhalb der letzten Jahrzehnte konnte sich der Bestand aber ein wenig erholen. Gerade um den Greifswalder Bodden konnten auffallend viele Kegelrobben gesichtet werden. Doch auch hier gibt es kaum Grund zur Euphorie, denn der Bestand ist nach wie vor bedroht. Es kommt nämlich nicht genug Nachwuchs zur Welt und viele Tiere verenden als Beifang oder in Stellnetzen von Fischern.
Die Europäische Sumpfschildkröte
Eigentlich können Europäische Sumpfschildkröten bis zu 70 Jahre alt werden, doch auch sie sind vom Aussterben bedroht. Ironischerweise wurde bereits in älterer Literatur davon ausgegangen, dass die einzige in Deutschland wild vorkommende Schildkrötenart, bereits zwischen dem 17. und 18. Jahrhundert ausgestorben sei. Doch nun könnte es sehr bald tatsächlich dazu kommen. Auslöser dafür sind gleich mehrere Dinge: Zum einen wurde die Sumpfschildkröte im Mittelalter exzessiv gejagt. Zum anderen wurde ihr durch Flussbegradigungen, Grundwasserabsenkung oder auch Vernichtung von Gewässern die Lebensräume genommen.
Die Liste der bedrohten Tiere ist lang
Leider lässt sich die Liste der bedrohten Tierarten noch ewig vorsetzen. Deshalb stehen die hier aufgezählten Tiere nur exemplarisch für ein ernsthaftes Problem, vor dem wir als Gesellschaft stehen. Laut der sogenannten „Roten Listen“ ist bereits ein Drittel aller Säugetiere in Deutschland gefährdet. In dieser Liste werden alle bedrohten Tier- und Pflanzenarten aufgeführt. Weltweit werden derzeit insgesamt mehr als 150.000 Arten erfasst. Von denen wurden mehr als 42.100 Arten in Bedrohungskategorien eingestuft.
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Quellen
- Wwf.de, „10 Tiere, die in Deutschland vom Aussterben bedroht sind“, (aufgerufen am 09.05.2023)
- Br.de, „Bund Naturschutz klagt gegen bayerische Wolfsverordnung“, (aufgerufen am 09.05.2023)
- „Tz.de“, „Bayern erleichtert Abschuss von Wölfen ‒ Bund Naturschutz legt Klage gegen neue Verordnung ein“, (aufgerufen am 09.05.2023)
- Wasser-otter-mensch.de, „Fischotter Gefährdung“, (aufgerufen am 09.05.2023)
- Nabu.de, „Der Osterhase ist in Gefahr“, (aufgerufen am 09.05.2023)
- Lfu.bayern.de, „Kleine Hufeisennase (Rhinolophus hipposideros)“, (aufgerufen am 09.05.2023)
- Bund.net, „Der Gartenschläfer – „Zorro“ braucht Hilfe!“, (aufgerufen am 09.05.2023)
- Nabu.de, „Der Kiebitz“, (aufgerufen am 09.05.2023)
- Rote-liste-zentrum.de, „Halichoerus grypus grypus“, (aufgerufen am 09.05.2023)
- Wwf.de, „Die Rote Liste bedrohter Tier- und Pflanzenarten“, (aufgerufen am 09.05.2023)
- Nabu.de, „Die Europäische Sumpfschildkröte“, (aufgerufen am 09.05.2023)