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Auch auf Menschen übertragbar

Dieser Parasit macht Tiere zu Draufgängern 

Maus sitzt direkt vor einer Katze und zeigt keine Scheu.
Der Parasit Toxoplasma gondii kann das Verhalten infizierter Mäuse so beeinflussen, dass diese keine Scheu vor Katzen zeigen und ihr so mit hoher Wahrscheinlichkeit zum Opfer fallen Foto: Getty Images
Porträt Saskia Schneider auf dem PETBOOK Relaunch
Redaktionsleiterin

8. Dezember 2022, 5:58 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten

Wie schafft man es als einzelliger Parasit von seinem Zwischenwirt – einer Maus – wieder in den Endwirt – eine Katze – zu gelangen? Man macht den Nager zu einem tollkühnen Draufgänger, der unerschrocken durch die Gegend, und der Katze so direkt in die Fänge, läuft. PETBOOK verrät, wie der Parasit Toxoplasma gondii das anstellt und weshalb der Erreger auch für Menschen gefährlich sein kann.

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Toxoplasma gondii ist ein winziger Parasit, der im Darm von Katzen lebt. Er besteht nur aus einer einzigen Zelle und hat einen sehr komplexen Fortpflanzungszyklus, bei denen er nicht nur seine Gestalt, sondern auch seinen Wirt wechselt. Um sich zu vermehren, braucht Toxoplasma gondii einen sogenannten Zwischenwirt. In der Regel sind das Mäuse. Aber bei Toxoplasma gondii handelt es sich auch um eine sogenannte Zoonose, die sogar für Menschen gefährlich werden kann. Alles über den Parasiten, der die Persönlichkeit verändert.

Die Reise des Toxoplasma Parasiten beginnt im Katzenkot

Um seinen Endwirt für die Vermehrung zu verlassen, bildet der Parasit Toxoplasma gondii sogenannte Oozysten aus. Diese kann man sich wie kleine Eier vorstellen, aus denen dann die jungen Stadien des Parasiten, die sogenannte Sporozysten, schlüpfen. Die Oozysten scheidet die Katze mit dem Kot aus. Diese Parasiteneier können bis zu fünf Jahre infektiös bleiben! Genügend Zeit also, dass früher oder später eine Maus mit ihnen in Kontakt kommt und sie aufnimmt. Etwa, wenn sie aktiv vom Katzenkot nascht oder sich nach Kontakt mit den Ausscheidungen der Katze putzt.

In der Maus besetzten die Parasitenstadien zunächst eine einzige Zelle – zum Beispiel im Darm oder in den Lymphknoten. Dort vermehren sie sich so lange, bis die Wirtszelle platzt und so Tausende neue Parasiten freisetzt. Diese breiten sich in den Blutgefäßen der Maus aus und gelangen von dort ins Muskelgewebe, verschiedene Organe und auch ins Gehirn.

Auch interessant: Toxoplasmose bei Katzen – Symptome, Ursachen und Behandlung

Parasit manipuliert Verhalten, um wieder in den Endwirt zu gelangen

Nachden der Parasit sich nun erfolgreich in der Maus vermehrt hat, muss er es schaffen, wieder in seinen Endwirt, die Katze, zu gelangen. Dafür manipuliert Toxoplasma gondii das Verhalten seines Zwischenwirtes und sorgt dafür, dass die Maus keinerlei Scheu mehr vor Katzen hat und damit zur leichten Beute für ihren Jäger wird. So zeigen wissenschaftliche Untersuchungen, dass Mäuse und auch Ratten, die von dem Parasiten befallen sind, keine Abneigung mehr vor dem Geruch von Katzenurin hatten. Auf die Ratten wirkten die Pheromone, also die Signalduftstoffe der Katze, sogar attraktiv. Dies erhöhe die Wahrscheinlichkeit, dass genau diese Maus oder Ratte von einer Katze gefressen werde und die Parasitenstadien, die in ihrem Gewebe sitzen, wieder im Darm der Katze landeten.

Wie genau Toxoplasma gondii diese Verhaltensänderung in Mäusen und Ratten bewirkt, ist bisher unbekannt. Die Forscher vermuten jedoch, dass es mit den Parasitenstadien, die sich im Gehirn der Tiere festsetzen, zusammenhängt.

Die Infektion mit Toxoplasmose führt auch bei anderen Tieren zu Verhaltensänderungen

Nicht nur Ratten oder Mäuse können dem Parasiten als Zwischenwirt dienen. Theoretisch kommen dafür alle Säugetiere infrage. Dabei können sich Tiere nicht nur durch Katzenkot, sondern auch über Entwicklungsstadien des Erregers in anderen Zwischenwirten anstecken. So kann ein Hund zum Beispiel beim Fressen einer infizierten Maus selbst zum Zwischenwirt für den Parasiten werden. Und genau wie bei der Maus oder der Ratte beeinflusst Toxoplasma gondii auch sein Verhalten.

So macht der Parasit auch andere hundeartige Raubtiere zu wahren Draufgängern, in dem er ihre Bereitschaft zum Risiko erhöht. Erst kürzlich entdeckten Forscher, dass an Toxoplasmose erkrankte Grauwölfe mit 46 Mal größerer Wahrscheinlichkeit häufiger Rudelführer werden. Der Parasit mache die Tiere wohl aggressiver, was im Kampf um die Führung von Vorteil sein könne. Für den Parasiten selbst bringt dieses Verhalten der Wölfe erst einmal keinen Vorteil. Ist der Zwischenwirt aber zum Beispiel kein Hund, sondern eine Hyäne, sorgt die draufgängerische Art der infizierten Raubtiere dafür, dass diese tatsächlich häufiger von Löwen gefressen werden, wie eine Studie herausfand. Da der Löwe als Großkatze ebenfalls ein adäquater Endwirt für den Parasiten darstellt, lohnt es sich für Toxoplasma gondii nicht nur das Verhalten von Mäusen oder Ratten, sondern auch anderen Zwischenwirten zu manipulieren.

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Auch bei Menschen werden Verhaltensveränderungen durch Toxoplasmose vermutet

Auch der Mensch kann zum Zwischenwirt für Toxoplasma gondii werden. Da Menschen aber nur äußerst selten Katzen zum Opfer fallen, spricht man in der Wissenschaft hier eher von einem Fehlwirt. Infizieren kann man sich zum Beispiel durch Kontakt mit Katzenkot beim Säubern der Katzentoilette oder bei Gartenarbeiten. Auch der Verzehr von halb rohem Fleisch kann zu einer Infektion führen. Die meisten Menschen machen irgendwann einmal eine Infektion durch – meist ohne Symptome. Ob die Krankheit auch bei uns zu Änderungen im Verhalten wie einer erhöhten Risikobereitschaft führt, wird immer wieder diskutiert. Einige Studien lassen das vermuten. So waren mit Toxoplasma infizierte Männer introvertierter und misstrauischer, aber auch risikobereiter. Ebenfalls neigten eher dazu, Regeln zu missachten und die Meinung anderer zu ignorieren. Zudem lässt der Parasit Menschen offenbar attraktiver erscheinen, wie FITBOOK berichtete.

Wenn Sie also beim nächsten Mal jemanden bei Rot über die Straße gehen oder sich furchtlos einem Löwen nähern sehen, könnte er vielleicht mit dem Parasit Toxoplasma gondii infiziert sein…

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