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Zuvor unbekanntes Verhalten

Erstmals fleischfressende Erdhörnchen in Kalifornien beobachtet

Ein Kalifornischer Ziesel auf Gras
Wer von diesem flauschig-süßen Tier glaubt, dass es sich nur von Nüssen und Samen ernährt, irrt gewaltig Foto: Getty Images
Louisa Stoeffler
Redakteurin

20. Dezember 2024, 6:26 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten

Denkt man an Eich- oder Erdhörnchen haben viele ein Bild von einem Nager im Kopf, der sich mit Vorliebe Nüsse in die Backentaschen stopft. Allerdings scheint das nicht das Einzige, was diese Tiere gern zu sich nehmen. Denn wie eine Studie belegt, gibt es auch fleischfressende Erdhörnchen, die Jagd auf Wühlmäuse machen. Ein nie zuvor dokumentiertes Verhalten.

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Wer sich in der Familie der Hörnchen umschaut, erwartet wohl am ehesten possierliche Nagetiere mit großen dunklen Augen und einem buschigen Schwanz. Für viele ein Inbegriff der Niedlichkeit, doch könnte sich der Blick auf die beliebten Nager in Zukunft ändern. Denn obwohl man wusste, dass manche auch mal tierisches Protein in Form von Insekten zu sich nehmen, ist ein fleischfressendes Erdhörnchen mit Appetit auf Wühlmäuse eher nicht mit dem Bild, das sich Menschen von ihnen gemacht haben, vereinbar. Eine Studie zeigt uns nun jedoch, wie wenig man eigentlich bisher über die Ernährung der Tiere wusste.

Neuer Blick auf das jagende Erdhörnchen

Kalifornische Ziesel sind seit jeher als Pflanzenfresser bekannt, deren Ernährung hauptsächlich aus Samen, Gräsern und Kräutern besteht. Bei den zu den Erdhörnchen gehörenden Tieren wurde Fleischkonsum bislang lediglich in Form von Insekten oder gelegentlichem Nestraub dokumentiert.

Allerdings zeigt eine Untersuchung, geleitet von Jennifer E. Smith von der University of Wisconsin – Eau Claire und Sonja Wild von der University of California, Davis, ein anderes Bild. Die Langzeitstudie der beiden Forscherinnen und ihrer Kollegen läuft seit 2013. Im zwölften Jahr dieser Studie fiel das ungewöhnliche Verhalten der Ziesel erstmals auf.

In nur zwei Monaten im Sommer 2024 wurden 74 Fälle dokumentiert, in denen Ziesel die heimischen Wühlmäuse jagten, töteten und fraßen. Dieses Verhalten trat in einem Jahr auf, in dem die Wühlmauspopulation außergewöhnlich hoch war, was darauf hindeutet, dass die Ziesel ihre Nahrungsstrategie an ein plötzliches Nahrungsangebot angepasst haben, wie die Forscher in ihrer mit Fachmagazin „Journal of Ethology“ veröffentlichten Untersuchung schreiben.

Gibt es zu viele Wühlmäuse, bedient sich der Ziesel

Diese Beobachtung, erstmals in freier Natur gemacht, könnte unser Verständnis der Ernährungsgewohnheiten und flexiblen Verhaltensanpassung dieser Tierart auf den Kopf stellen. Aber warum wenden sich diese sonst hauptsächlich pflanzenfressenden Tiere plötzlich der Jagd zu?

Dazu muss man zunächst genauer auf die Populationsschübe der Kalifornischen Wühlmaus blicken. Denn diese Spitzenzeiten, in denen sich die Tiere häufiger als sonst vermehren, treten etwa alle drei bis fünf Jahre auf. Somit verändern sich die ökologischen Bedingungen auch für die fleischfressenden Erdhörnchen in diesen „Wühlmausjahren“ grundlegend.

42 Prozent der untersuchten Vorfälle beinhalteten aktive Jagd, wobei die Ziesel ihre Beute oft durch Verfolgung auf offenem Gelände erlegten. Bei 55 Prozent der Jagdversuche waren sie erfolgreich – dies macht die fleischfressenden Erdhörnchen fast so effizient wie die Schwarzfußkatze, die tödlichste Wildkatze der Welt, die eine Erfolgsquote von 60 Prozent verzeichnet.

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Fleischfressende Erdhörnchen zeigten ausgeklügelte Jagdstrategie

Nach erfolgreichen Jagden trugen die Ziesel ihre Beute meist an einen anderen Ort, bevor sie mit dem Fressen begannen. Häufig wurde zuerst der Kopf der Wühlmaus entfernt. Neben dem Jagen gab es auch 13 dokumentierte Fälle von Konkurrenz um bereits erlegte Wühlmäuse, die teils durch Verfolgung und Aggression geprägt waren.

Auffällig war, dass sowohl adulte als auch junge Ziesel beider Geschlechter an diesen Aktivitäten beteiligt waren, ohne dass ein demografischer Trend erkennbar war. Interessanterweise waren die Jagdereignisse auch nicht auf Gebiete mit hoher Wühlmausdichte begrenzt. Stattdessen fanden sie häufig in Bereichen statt, in denen besonders viele Ziesel unterwegs waren, was auf eine opportunistische Anpassung hinweist.

Diese Ergebnisse verändern grundlegend, wie Forscher die Flexibilität von Nagetieren bewerten. Denn sie zeigen, dass die Tiere in der Lage sind, auf plötzliche Nahrungsangebote flexibel zu reagieren, selbst wenn diese nicht zu ihrem typischen Nahrungsspektrum gehören. Die Fähigkeit, aktiv zu jagen und größere Beutetiere zu konsumieren, stellt eine Anpassung dar, die den Tieren einen großen Vorteil bieten könnte.

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Vor dieser Entdeckung galt die Art als vorwiegend granivor (pflanzenfressend), mit nur seltenen Berichten über Fleischkonsum. Allerdings zeigen die fortgeschrittenen Jagdstrategien ein gängiges Verhalten zu sein, dass nicht nur eine kurzfristige Anpassung ist. Dies zeigen auch die Häufigkeit und die sozialen Aspekte dieses neuen Verhaltens.

Denn die Fähigkeit, aktiv zu jagen und größere Beutetiere zu konsumieren, stellt eine Anpassung dar, die Nagetieren bislang wohl niemand zugetraut hätte. Für die Wissenschaft ist dies besonders relevant, da es frühere Annahmen über die ökologische Nische der Tiere infrage stellt. Denn wenn Erdhörnchen unter den richtigen Voraussetzungen zu opportunistischen, fleischfressenden Jägern werden können, sind sie vielleicht doch um einiges anpassungsfähiger als bisher angenommen.

Langfristig könnten die Ergebnisse dieser Studie unser Verständnis von Ernährung und evolutionärer Fähigkeiten von Nagetieren grundlegend verändern. Sobald weitere Arten besser untersucht werden und bei ihnen ähnliches Verhalten dokumentiert wird. Zudem ist weitere Forschung nötig, um die genauen Ursachen und ökologischen Folgen von Fleischkonsum bei Nagetieren zu verstehen. 1

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Quellen

  1. Smith, J.E., Ingbretson, J.E., Miner, M.M. et al. Vole hunting: novel predatory and carnivorous behavior by California ground squirrels. J Ethol (2024). ↩︎
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