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Von wegen stumm!

Forscher entdecken zum ersten Mal Haie, die Geräusche machen

Rig-Hai
Rig-Haie leben in den Küstengewässern Neuseelands und galten als „lautlose Jäger“ Foto: Nider et al 2023/Paul Caiger
Porträt Saskia Schneider auf dem PETBOOK Relaunch
Redaktionsleiterin

27. März 2025, 17:26 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten

Haie galten bislang als stumme Jäger der Meere – doch ein kleiner Hai aus Neuseeland bricht dieses Schweigen. Neue Forschungsergebnisse zeigen: Der sogenannte „Rig“ (Mustelus lenticulatus) erzeugt bewusst Klicklaute unter Wasser. Warum und wie erzeugt er diese Töne? Und könnten andere Haiarten ähnliche Fähigkeiten besitzen? Eine neue Studie stellt ein jahrzehntealtes Dogma infrage – und wirft spannende Fragen zur Kommunikation im Tierreich auf.

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Ein Forschungsteam um Tanja Schwamborn von der Universität Auckland hat erstmals dokumentiert, dass Haie gezielt Laute erzeugen können. Lange galten die Jäger der Meere als Stumm. Doch die im Fachjournal „Proceedings of the Royal Society B“ veröffentlichte Studie zeigt: Der neuseeländische Rig-Hai (Mustelus lenticulatus) produziert beim Unterwasser-Handling kurze Klickgeräusche. Bisher war man davon ausgegangen, dass Haie – anders als viele Knochenfische – keine bewusste Lautäußerung zur Kommunikation nutzen. Es ist die weltweit erste Studie, die dokumentiert, dass Haie aktiv Geräusche erzeugen. PETBOOK fasst die spannenden Ergebnisse zusammen.

Von wegen stumm!

Eigentlich gelten Fische im Allgemeinen eher als stumm. Doch tatsächlich sind über 1000 Knochenfischarten dafür bekannt, gezielt Laute zu erzeugen. Diese nutzen sie etwa zur Partnerfindung, Revierverteidigung oder zur Warnung vor Feinden. Knorpelfische wie Haie, Rochen und Seekatzen dagegen galten bislang als eher „leise“ – Laute wurden bei ihnen lediglich als Nebenprodukte von Bewegung oder Nahrungsaufnahme beobachtet.

Dieses Bild wurde bereits in den letzten Jahren ins Wanken gebracht: Erste Berichte über klickende Rochenarten machten die Runde. Dass auch ein Hai solche Geräusche macht, war eher eine Zufallsentdeckung. Gemacht wurde sie beim Rig-Hai, der in den Küstengewässern Neuseelands vorkommt und dort auch gerne als Filet in „Fish and Chips“ gegessen wird. Die eineinhalb Meter langen Haie sind aber auch beliebte Forschungsobjekte. Dabei fiel auf, dass die Knorpelfische beim Handling auffällige Klicks erzeugten. Schwamborn und ihr Team wollten dies näher untersuchen und herausfinden wie und warum die Haie diese Geräusche erzeugen.

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Im Forschungslabor wurden die Klickgeräusche aufgezeichnet

Untersucht wurde das Klickverhalten von zehn jungen Rig-Haien: fünf Männchen und fünf Weibchen, die eine Gesamtlänge von 55,5 und 80,5 Zentimetern hatten. In einem Forschungslabor wurden die Klickgeräusche aufgezeichnet. Dafür wurden die Haie für maximal 20 Sekunden unter Wasser von Hand fixiert. Dieser standardisierte Umgang ist auch bei Studien zu anderen Fischarten üblich. Mithilfe eines Hydrophones und spezieller Software wurden insgesamt 93 Klicks analysiert.

Zusätzlich untersuchte das Team mithilfe von Mikro-CT-Scans und mikroskopischer Analyse den Schädelbau und die Zahnstruktur der Haie, um Hinweise auf den möglichen Entstehungsmechanismus der Geräusche zu gewinnen.

Wie produzieren Haie Geräusche?

Alle zehn Rig-Haie produzierten während des Handlings unter Wasser Klicklaute – im Schnitt neun Klicks innerhalb von 20 Sekunden. Dabei fiel auf, dass die Tiere in den ersten zehn Sekunden deutlich mehr Klicks produzierten als danach. Die meisten Klicks traten zudem gleichzeitig mit Körperbewegungen wie Seitwärtsbiegen auf.

Die morphologischen Untersuchungen des Schädels der Tiere zeigten eine spezielle Zahnstruktur. Sie bestand aus mosaikartig verzahnten, flachen Zähnen und könnte ein Hinweis darauf sein, dass die Haie mit einer Art Schnappen Geräusche erzeugen.

Schädelstrukturen und Details des Gebisses bei einem männlichen, juvenilen Rig-Hai (Mustelus lenticulatus)
Aufnahmen des oberen (e,f) und unteren (g,h) Kiefers eines jungen Rig-Hais. Die Forscher vermuten, dass die Tiere mithilfe dieser stumpfen, plattierten Zähne die Klick-Geräusche erzeugen Foto: https://doi.org/10.6084/m9.figshare.c.7720015.

Geräusche der Haie könnten der Abwehr dienen

Die Studie dokumentiert zum ersten Mal aktive Erzeugung von Geräuschen bei Haien. Ein bedeutender Befund, denn bisher war man davon ausgegangen, dass Haie zwar hören, aber nicht gezielt Laute produzieren. Dass Rig-Haie Klicks erzeugen, könnte darauf hinweisen, dass auch andere Haiarten ähnliche Fähigkeiten besitzen – insbesondere Arten mit vergleichbarer Zahnstruktur.

Warum die Klicks im Laufe des Experiments weniger wurden, können die Forscher nur vermuten. „Vielleicht hatten sie keine Angst mehr um ihr Leben“, sagte Studienleiterin 
Carolin Nieder, Forscherin am Woods Hole Oceanographic Institution, gegenüber dem Fachmagazin „LiveScience“. So könnten laute Klickgeräusche in der freien Natur jungen Haien als sekundenschnelle Ablenkung dienen, damit sie fliehen können, wenn ein von Raubtier sie packt, fügt die Wissenschaftlerin hinzu.

Nicht klar, ob Haie auch unter natürlichen Bedingungen Geräusche erzeugen

Unklar bleibt allerdings, ob die Laute eine kommunikative Funktion erfüllen. So könnten sie etwa zur Abschreckung von Fressfeinden dienen. Es könnte sich bei den Geräuschen aber auch um ein unwillkürliches Nebenprodukt einer Abwehrreaktion sind.

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Zudem stammen die Ergebnisse aus kontrollierten Laborexperimenten, bei denen die Forscher die Tiere unter unnatürlichen Bedingungen fixierten. Ob die Haie die Geräusche auch unter natürlichen Umständen und in Kommunikation mit Artgenossen zeigen, bleibt offen. Um diese Frage zu beantworten, bedarf es noch weiterer Forschung.

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Warum Haie Geräusche erzeugen, muss weiter untersucht werden

Im Experiment erzeugten alle Haie Klickgeräusche. Trotzdem ist die Stichprobengröße von zehn Tieren recht gering und erschwert statistisch robuste Aussagen zu treffen. Die Autoren weisen zudem darauf hin, dass die Hauptfrequenz der Klicks außerhalb des bekannten Hörbereichs der Rig-Haie liegt. Das würde gegen eine innerartliche Kommunikation sprechen.

Dennoch enthalten die Klicks auch niederfrequente Anteile, die die Knorpelfische potenziell wahrnehmen könnten. Die Forscher bleiben trotzdem vorsichtig in ihrer Interpretation: Ob es sich um bedeutungstragende Signale handelt oder um ein rein mechanisches Abwehrverhalten, müssen zukünftige Studien klären.

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