4. März 2024, 12:02 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
Strategien für die Jagd gibt es zuhauf im Tierreich. Doch die „Blinkeranlage“ beim Gestreiften Marlin hat man in der Wissenschaft so noch nie gesehen. Wie Forscher den Farbwechsel beobachten konnten.
Viele Meeresbewohner jagen in einer Gruppe und entwickeln dabei clevere Strategien. Bestimmte Orcas zum Beispiel schwemmen ihre Beute mit einer koordiniert erzeugten Welle von Eisschollen. Ein bestimmter Fisch setzt dagegen auf eine andere Taktik bei der Jagd: Der gestreifte Marlin wechselt seine Farbe, um anderen Fischen zu zeigen, dass er zum Angriff übergeht – quasi, also ob er beim Abbiegen blinkt, um einen „Auffahrunfall“ zu vermeiden, denn immerhin ist er mit einer Geschwindigkeit von 80 km/h unterwegs. Dies konnten Forscher nun erstmals sehen und beschreiben.
Gestreifter Marlin ist einer der schnellsten Jäger in Meer
Wissenschaftler der Humboldt-Universität Berlin, des Leibniz-Instituts für Gewässerökologie und Binnenfischerei und der TU Berlin haben sich insbesondere das Jagdverhalten von Getreiften Marlins genauer angesehen. In Drohnen-Videoaufnahmen konnten sie feststellen, dass die Raubfische vor allem dann starke Farbwechsel zeigten, wenn sie gerade Jagd auf Schwärme von Sardellen machten und im Verbund mit anderen Fischen unterwegs waren.
Dieser Farbwechsel kann dem Zweck dienen, Beutetiere mit schnellen Lichtreizen zu verwirren oder deren Orientierung im Verbund zu stören. Allerdings kann dies auch als Zeichen an Artgenossen verstanden werden, dem angreifenden Fisch nicht in die Quere zu kommen.
Denn ein Gestreifter Marlin schwimmt ziemlich schnell. Mit einer Geschwindigkeit von bis zu 80 km/h ist er zwar nur der dritttschnellste Fisch im Ozean – er muss sich dem Schwarzen Marlin (bis zu 130 km/h) und dem Segelfisch (110 km/h) geschlagen geben. Bei einem Crash mit einem Artgenossen könnte er aber trotzdem ziemlich harte Kopfnüsse oder auch „Speerhiebe“ mit seiner charakteristischen Nase verteilen.
Auch in der Gruppe jagt der Marlin doch lieber allein
Noch in einer anderen Hinsicht ist der Marlin besonders. Denn andere Tiere, die in Gruppen angreifen, tun dies, um stärker zu sein. Löwinnen oder Wölfe erlegen als Rudel viel größere Tiere als sie selbst. Der Marlin jedoch ist selbst, wenn er mit anderen unterwegs ist, eher mit sich und seiner eigenen Beute beschäftigt.
Auch bei der Jagd sind Gestreifte Marlins rekordverdächtig flink. Sie haben es vor allem auf Schwarmfische wie Sardellen, Sardinen, Heringe und Barsche abgesehen. Man konnte schon beobachten, wie sie in einer halben Stunde bis zu 37 Fische verdrückten – das entspricht mehr als ein Beutefang pro Minute. Dabei kamen sie sich jedoch nie in die Quere, sondern koordinierten ihre Attacken auch in der Gruppe mühelos.
Mit einer hochauflösenden Kamera konnten die Forscher feststellen, dass die Tiere einander dabei Signale gaben, wenn es Zeit war, auf einen Fischschwarm loszugehen. Dazu setzten sie Kontraste in ihren Streifen an der Seite ein, die schillernd den Richtungswechsel vorgaben. Diese Form des Farbwechsels war den Forschern zwar bereits bekannt, wurde bisher aber noch nicht weiter erforscht.
Gestreifte Marlins haben Schimmerzellen
Bei vielen Tieren gibt es die sogenannten Iridophore. Dies sind Zellen aus Stapeln dünner Proteinplättchen, die als mehrschichtige Reflektoren fungieren. Sie sind eine spezielle Art der Chromotaphore, die viele verschiedene (Tarn-)Farben im Tierreich erzeugen. Manche Zellen reflektieren dabei nur das Licht, andere – wie die Iridophore – können von den Tieren bewegt und gesteuert werden, um Farbwechsel zu erzeugen. Diese und viele weitere Chromatophore sind auch für die Tarnungen der Oktopusse verantwortlich.
Beim Gestreiften Marlin, der vor allem im Indopazifik vorkommt, scheint dies eine Strategie der sozialen Jagd zu sein, die sich von vielen anderen im Tierreich unterscheidet und doch höchst effizient für die schnellen Kraftpakete ist. Denn er ist nicht nur pfeilschnell, sondern auch ein ziemlich großer Fisch, der bis zu 4,4 Meter lang und 420 Kilogramm schwer wird. Wobei dies sich vor allem auf die Weibchen bezieht, die bei dieser Art größer werden als die Männchen. In der japanischen Sushi-Tradition landet er aber auch schon häufiger mal auf dem Teller, da sich die Jagd auf so große Fische für Menschen lohnt.
Im Ozean jedoch ist er ein Spitzenprädator und hat keine natürlichen Feinde. Aufgrund seiner spitzen Nase wird er auch der Familie der Speerfische zugeordnet. Daher hat er wohl auch den Namen Marlin bekommen, denn so heißt ein speerförmiges Gerät, das viel während den Anfängen der Seefahrt verwendet wurde, um Schiffstaue zu entwirren.
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Quellen
- Burns, A. L., Licht, M., Heathcote, R. J., Krause, J., & Hansen, M. J. (2024). Rapid color change in a group-hunting pelagic predator attacking schooling prey. Current Biology, 34(4), R131-R132.
- Fisheries.noaa.gov, „Striped Marlin“, (aufgerufen am 4.3.2024)
- Statista.de, „Die zehn schnellsten Fische der Welt“ (aufgerufen am 4.3.2024)