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Studie zeigt

Jahrzehntelange Annahme widerlegt! Große Tiere bekommen doch schneller Krebs

Ein Elefant mit einem Vogel auf dem Kopf
Bekommen große Tiere tatsächlich weniger Krebs? Dieses Paradoxon galt lange als gängige Annahme, die nun infrage gestellt wird. Foto: Getty Images
Louisa Stoeffler
Redakteurin

27. Februar 2025, 11:27 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten

Elefanten bekommen nicht häufiger Krebs als Mäuse. Dabei verfügen große Tiere doch über viel mehr Zellen, die sich bei Wachstum und Erneuerung verändern und mutieren könnten. Diese Diskrepanz wurde 1977 zuerst beschrieben und erhielt den Namen Petos Paradoxon. Doch eine Studie widerlegt diese lange gültige Annahme und fand eine andere Erklärung.

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Petos Paradoxon ist eines der spannendsten Rätsel der Biologie. Denn während innerhalb einer Art – etwa beim Menschen – größere Individuen tendenziell ein höheres Krebsrisiko haben, wurde dieser Zusammenhang zwischen verschiedenen anderen Arten bislang nicht nachgewiesen. Deshalb ging man lange davon aus, dass große Tiere weniger Krebs bekommen als kleine. Eine Studie zeigt, dass dies jedoch nicht stimmt und tatsächlich einige Tiere effektive Mechanismen entwickelt haben, um mit ihrem höheren Krebsrisiko umzugehen.

Große Tiere entwickeln häufiger Tumore

Warum erkranken Elefanten nicht häufiger an Krebs als Mäuse? Diese scheinbare Diskrepanz ist als Petos Paradoxon bekannt. Es besagt, dass größere Tiere trotz einer viel höheren Zellzahl keine höhere Krebsrate aufweisen als kleinere. Eine Studie stellt dieses Konzept nun jedoch komplett infrage.

Forscher haben herausgefunden, dass gerade größere Landwirbeltiere tatsächlich häufiger an Krebs erkranken. Die Studie zeigt allerdings auch, dass Vögel und Säugetiere im Laufe der Evolution Mechanismen entwickelt haben, um das mit ihrer Körpergröße einhergehende Krebsrisiko zu verringern.

Die Untersuchung, veröffentlicht in den Proceedings of the National Academy of Sciences (PNAS), analysierte Daten von 263 Arten aus vier großen Wirbeltierklassen. Dabei machten die Forscher eine klare Unterscheidung zwischen Säugetieren und Vögeln sowie Amphibien und Schuppenkriechtieren wie Schlangen und Echsen. Denn diese Tiere haben kein fixes Ende ihres Wachstums und müssen daher gesondert betrachtet werden.

Die Studie nutzte eine phylogenetische Analyse von Krebsprävalenzdaten von 31 Amphibien, 79 Vögeln, 90 Säugetieren und 63 Schuppenkriechtieren. Da für viele Reptilien und Amphibien ebenfalls keine verlässlichen Körpergewichtsangaben vorlagen, wurde bei ihnen die Schnauze-Kloake-Länge als Maß verwendet. Dabei wurden nicht nur gutartige Tumore (Neoplasien) betrachtet, sondern auch explizit bösartige Krebserkrankungen (Malignome).

Warum große Tiere mehr Krebs bekommen

Ein entscheidender methodischer Unterschied zu früheren Studien bestand darin, dass die Anzahl der beobachteten Krebserkrankungen pro Spezies direkt in ein Regressionsmodell einfloss. Zuvor wurden oft nur relative Krebsraten berechnet, was zu Verzerrungen führte. Zudem berücksichtigte das Modell Unterschiede in der evolutionären Entwicklung der Körpergröße über die Zeit. Auf diese Weise kann man mögliche Schutzmechanismen größerer Arten besser erfassen.

Trotz dieser Unterschiede in den Wachstumsmustern zeigten beide Gruppen den gleichen Gesamttrend: größere Arten hatten höhere Krebsraten. Also eine klare Korrelation zwischen Körpergröße und Krebsprävalenz. Auch in allen untersuchten Klassen von Landwirbeltieren hatten größere Arten eine höhere Krebsrate:

  • Bei Amphibien und Reptilien nahm die Prävalenz von gutartigen Tumoren mit zunehmender Schnauze-Kloake-Länge signifikant zu.
  • Bei Vögeln und Säugetieren war die Krebsprävalenz positiv mit der Körpermasse assoziiert.
  • Auch die Häufigkeit bösartiger Tumore nahm mit der Körpergröße bei allen Tiergruppen zu.

Damit widerspricht die Studie dem bisherigen Verständnis von Petos Paradoxon. Gleichzeitig fanden die Forscher Hinweise darauf, dass sich in der Evolution von Säugetieren und Vögeln verbesserte Mechanismen zur Zellkontrolle entwickelt haben, die das Krebsrisiko verringern.

Schon zuvor wurde bekannt, dass unter anderem Wale zu gigantischen Wachstum in der Lage sind. Allerdings verfügen diese Gigantismus-Gene auch über die Eigenschaft, die Entstehung von Krebszellen zu unterdrücken (PETBOOK berichtete). Diese neue Untersuchung zeigt nun jedoch, dass dies vor allem Arten, die sich in kurzer Zeit zu großen Tieren entwickelt haben, betrifft. Denn diese haben bessere Mechanismen entwickelt, um das Zellwachstum zu kontrollieren und Tumoren vorzubeugen. So hat ein Elefant tatsächlich etwa das gleiche Krebsrisiko wie ein Tiger – ein Tier, das nur ein Zehntel so groß ist.

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Wie schützen sich große Tiere vor Krebs?

Dr. Joanna Baker, Mitautorin von der University of Reading, fügte in einer Pressemitteilung hinzu: „Wenn Arten größer werden mussten, entwickelten sie auch bemerkenswerte Abwehrmechanismen gegen Krebs. Elefanten sollten sich nicht vor ihrer Größe fürchten – sie haben ausgeklügelte biologische Werkzeuge entwickelt, um den Krebs in Schach zu halten. Das ist ein schönes Beispiel dafür, wie die Evolution Lösungen für komplexe Herausforderungen findet“.

Wie genau diese Mechanismen bei den verschiedenen Tieren aussehen, muss nun durch genetische Analysen weiter erforscht werden. Dr. George Butler, Hauptautor der Forschungsarbeit am University College London und Johns Hopkins, sagte: „Wenn wir herausfinden, welche Tiere von Natur aus besser gegen Krebs ankämpfen können, eröffnen sich spannende neue Wege für die Forschung. Durch die Untersuchung dieser erfolgreichen Arten können wir besser verstehen, wie Krebs entsteht, und möglicherweise neue Wege zur Bekämpfung der Krankheit entdecken. Dies könnte in der Zukunft zu bahnbrechenden Behandlungen führen“.

Denn tatsächlich lässt sich durch die Arbeit der Forscher ablesen, dass dies nicht nur große Tiere betrifft. Auch Nacktmulle, die zuvor ebenfalls als resistent gegen Krebs galten, zeigten diesen Zusammenhang. Doch sind sie in Wahrheit einfach ein Beispiel für Spezies, die besonders effektive Schutzmechanismen entwickelt haben. Diese Erkenntnisse könnten auch für die Krebsforschung beim Menschen relevant sein. 1

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Quellen

  1. Butler G., Baker J., Amend S.R., Pienta K.J., Venditti C. No evidence for Peto’s paradox in terrestrial vertebrates. Proceedings of the National Academy of Sciences (2025). ↩︎

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