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Queere Tiere

Studie zeigt, dass homosexuelles Verhalten im Tierreich weit verbreitet ist

Zwei Bonobos umarmen sich im Gras
Homosexuelles Verhalten ist in der Welt der Tiere besonders bei Bonobos verbreitet. Allerdings sind sie damit bei Weitem nicht die einzigen. Foto: Getty Images / USO
Louisa Stoeffler
Redakteurin

21. November 2023, 16:36 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten

Homosexuelles Verhalten bei Tieren galt lange als kurios. Schließlich dienen sexuelle Handlungen bei Tieren in erster Linie der Fortpflanzung – so meinte man zumindest. Laut einer Studie ist Sexualverhalten unter gleichgeschlechtlichen Tieren jedoch viel weiter verbreitet als bisher angenommen. Es bringt sogar bestimmte soziale Vorteile.

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Von Delfinen und Bonobos weiß man seit Langem, dass sie homosexuelles Verhalten zeigen oder sogar gleichgeschlechtliche Partnerschaften eingehen. Doch dieses Phänomen scheint viel weiter verbreitet als bisher angenommen. Forscher haben sich in einer Studie der Evolution von homosexuellem Verhalten bei Tieren gewidmet und verraten, warum es sogar Vorteile für bestimmte Tiere hat.

Bis zu 6000 Spezies zeigen homosexuelles Verhalten

Mit ihrer Untersuchung wollten die Forscher auch herausfinden, wie verbreitet homosexuelles Verhalten bei Tieren wirklich ist. Dazu legten Erstautor José Gómez und sein Team von der Universität in Granada in Spanien einen enormen Datensatz an und zogen unter anderem Verhaltensforschung in der Wildnis und in Gefangenschaft heran. Die Studie erschien im Fachmagazin „Nature Communications“ und belegte bei über 6000 unterschiedlichen Spezies homosexuelles Verhalten.

Um ihre Daten gesichert bewerten zu können, untersuchten die Forscher auch, wie gut Spezies bereits wissenschaftlich beschrieben und dokumentiert wurden. Sprich, ob sie über ein Jahr von Forschern in ihrer natürlichen Umgebung beobachtet, oder ihr Verhalten sogar über mehrere Jahre dokumentiert werden konnte.

Gründe, warum Tiere homosexuelles Verhalten einsetzen

Schon länger gibt es mehrere Theorien, weshalb Tiere, die eigentlich eher Energie in ihre Fortpflanzung stecken, auch sexuelle Kontakte haben, die diesem Zweck nicht dienen.

Eine Hypothese besagt, dass Tiere homosexuelle Handlung ausüben, um positive Sozialkontakte zu knüpfen und Beziehungen zu stärken. Dadurch formen sie Bindungen und Allianzen, die ihnen nützlich sein können. Sie setzen es aber auch ein, um sich nach Streitigkeiten wieder zu vertragen. Dieser Theorie nach zeigen dies vor allem Tiere, die in Sozialverbänden wie Rudeln, Herden oder Schwärmen leben.

Ein anderer möglicher Grund für gleichgeschlechtliches Sexualverhalten bei Tieren ist, Aggressionen und Konflikte zu reduzieren, die innerhalb eines Geschlechts auftreten. Will also ein Primatenweibchen ihren Nachwuchs vor einer ranghöheren Affendame schützen, kann es zu sexuellen Handlungen zwischen den beiden kommen, damit sie ihr wohlgesonnen ist.

Diese Hypothese besagt auch, dass die Tiere aggressives Verhalten so in Balzverhalten umlenken. Dies könnte dabei helfen, Dominanz anders zu strukturieren und sozialen Status zu kommunizieren, aber auch zu verändern. Es soll vor allem bei Arten auftreten, die eher aggressive oder sogar tödliche Fortpflanzungsmethoden betreiben.

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83 Prozent des homosexuellen Verhaltens geschehen in natürlichem Lebensraum

In ihrem großen Datensatz konnten die Forscher noch weitere spannende Erkenntnisse sammeln. Zum einen scheint es ein natürlich vorkommendes Ereignis zu sein, wenn Tiere gleichgeschlechtliches Verhalten an den Tag legen: So wurden ganze 83 Prozent der dokumentierten Interaktionen im natürlichen Lebensraum der Tiere beobachtet.

Dabei waren sexuellen Handlungen und Berührungen mit 87 Prozent am häufigsten vertreten. Allerdings zeigten sich in 27 Prozent der Fälle auch Umwerbung und Balzverhalten eines gleichgeschlechtlichen Partners. In 24 Prozent der Fälle lebten die Tiere die meiste Zeit in einer homosexuell geprägten Partnerschaft. Außerdem zeigte sich ein ausgeglichenes Verhältnis zwischen weiblicher und männlicher Homosexualität.

Forscher fanden bestimmte evolutionäre Entwicklungsphasen

Aber wie hat sich nun das homosexuelle Verhalten der Tiere entwickelt? Im Allgemeinen gehen Biologen davon aus, dass sich ein Verhalten nur dann durchsetzt, wenn es sich für die jeweilige Tierart sie lohnt oder ihr evolutionäre Vorteile bringt. Tatsächlich scheint das bei homosexuellen Verhalten im Laufe der Evolution immer wieder der Fall gewesen zu sein. Nämlich immer dann, wenn soziale Strukturen und Hierarchien entstanden.

Kurioserweise entwickelte sich das gleichgeschlechtliche Verhalten der Tiere mehrfach im Verlauf der Evolution und verschwand dann auch immer wieder, wenn bestimmte Arten ihre Lebensweise veränderten. Gerade bei Säugetieren taucht dieses Verhalten im Laufe der Evolution immer wieder auf, fand sich tatsächlich aber auch bei allen Tierklassen.

Vor allem in Arten mit einem komplexen Sozialgefüge entwickelte es sich immer wieder. Die Wissenschaftler unterstrichen mit ihrer Arbeit also die These, dass durch homosexuelle Kontakte positive soziale Bindungen in der gesamten Gruppe entstehen. Offensichtlich ist die lange als gültig betrachtete Annahme, dass Tiere Sex rein zu Fortpflanzungszwecken einsetzen, heute so nicht mehr haltbar.

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