
24. März 2025, 17:38 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten
Wenn die ersten Igel aus dem Winterschlaf erwachen und durch den Garten laufen, wollen viele ihnen etwas Gutes tun. Doch manche Tierschützer warnen: Wer die Stachelträger jetzt mit Futter verwöhnt, riskiere den Tod der Tiere. Andere empfehlen die Fütterung explizit, um die Igel nach dem Winterschlaf zu unterstützen. Füttern oder nicht füttern? PETBOOK hat die Argumente einmal zusammengetragen.
Ende März kann man die ersten Igel bei schönem Wetter bereits wieder durch die Gärten streifen sehen. Während des Winterschlafes haben sie von ihren angefressenen Fettreserven gezehrt. Dementsprechend können die Tiere etwas ausgemergelt aussehen. Manche denken dann, sie seien unterernährt und bräuchten dringend Futter. Auch auf vielen Seiten im Internet wird empfohlen, Igel im Frühjahr zu füttern, damit sie schnell wieder zu Kräften kommen. Andere Tierschützer hingegen warnen: Wer die kleinen Stachelträger direkt nach dem Aufwachen mit einer großen Portion Katzenfutter verwöhnen will, verursache in der Regel mehr Schaden als Nutzen. Im schlimmsten Fall könne dies sogar zum Tod der Tiere führen.
Bitte nicht füttern!
Mit diesem Aufruf auf Instagram machen die Autorinnen Sigrid Tinz und Birgit Schattling, Autorin und Veranstalterin der Bio-Balkon-Kongresse, auf ein Thema aufmerksam, das den wenigsten Igelfreunden bekannt ist. Denn auf vielen Seiten im Netz – auch auf denen von Naturschutzverbänden – heißt es: In der nahrungsarmen Zeit sei es durchaus angebracht, einem Igel etwas Futter bereitzustellen. 1
Doch Sigrid Tinz und Birgit Schattling weisen explizit darauf hin, die Tiere nicht direkt nach dem Winterschlaf zu füttern. Denn der Organismus der Igel sei kurz danach noch auf Sparflamme, wie erklären. Biete man den Tieren jetzt eine große Portion Futter, kommt der Stoffwechsel völlig durcheinander. Das könne zu Organversagen und Herzstillstand – also letztendlich zum Tod der Igel – führen.
Igel brauchen nach dem Winterschlaf vor allem Wasser
Tatsächlich gibt es dafür keine wissenschaftlich belegten Studien. Zwar weist uch das Schweizer Igelzentrum darauf hin, dass ein Igel, der aus dem Winterschlaf erwacht ist und noch nichts gefressen hat, in den ersten drei Tagen mit zunehmender Futtermenge gefüttert werden sollte. Diese Empfehlung bezieht sich in erster Linie auf pflegebedürftige Igel, die den Winterschlaf in Obhut des Menschen verbracht haben.
Erhalte ein Tier von Anfang an die normale Futtermenge, könne es zu einer Magenüberladung kommen. Denn der Verdauungstrakt der Tiere müsse sich zuerst wieder daran gewöhnen, Nahrung zu verwerten. 2 In der Regel dauert es etwa acht Tage, bis ein Igel nach dem Winterschlaf wieder voll aktiv ist. Während dieser Aufwachphase benötigt er vor allem Wasser. 3
Wer eine Futterstelle im Garten hat, sollte darin also vor allem Wasser für die kleinen Stachelträger bereitstellen und diese nur langsam mit Futter bestücken. In der Natur ist das Nahrungsangebot anfangs auch knapp, wenn die Igel aus dem Winterschlaf erwachen.
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Igelstation empfiehlt eine ganzjährige Fütterung
Während sich Naturschutzbehörden wie der BUND Naturschutz in Bayern e. V. gegen eine ganzjährige Fütterung aussprechen, da dies sogar zu Verhaltensänderungen bei Igeln führe, empfehlen Igelstationen die ganzjährige Fütterung. Das teilt Cornelia Schlicker von Anton’s Igelpension der PETBOOK Redaktion mit. „Bei einem Insektenrückgang von über 70 Prozent ist es absolut wichtig, dass den Tieren Futter angeboten wird“, sagt sie. So seien die Tiere absolut in der Lage, ihr bereitgestelltes Futter einzuteilen. „Ich habe noch nicht erlebt, dass die Tiere sich maßlos überfressen haben.“
Auch „NatureTec“, ein Projekt zur Beobachtung und Fütterung von Wildvögeln und Igeln spricht sich klar für die Fütterung der Wildtiere aus. Igel finden durch das Insektensterben immer weniger Nahrung in der Natur, heißt es auf einem Beitrag auf der Web-Seite des Projektes. Weil Jungtiere nicht genug Futter finden, überleben schätzungsweise 60 bis 80 Prozent aller Jungigel ihren ersten Winter nicht. Sinkende Bestände und immer mehr unterernährte Igel zeigen, dass das natürliche Nahrungsangebot der Igel nicht mehr in ausreichender Menge vorhanden sei und mache die Fütterung von Igeln notwendig.

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Doch nicht füttern?
Im Schweizer Igelzentrum ist man dagegen anderer Meinung. Dort heißt es: „Igel bitte nicht füttern!“ Die Fütterung von frei lebenden Igeln sei gut gemeint und beinhalte auch eine soziale Komponente. Doch der Igel sei ein Wildtier und nicht auf menschliche Kontakte angewiesen. Igel mit Futter anzulocken sei „falsch verstandene Tierliebe“. 4
Zudem würden an Futterstellen mehr Igel aufeinandertreffen, die sich sonst aus dem Weg gehen würden, wie der BUND Naturschutz in Bayern e. V. erklärt. Das bedeute nicht nur Stress und Konkurrenzdruck – es fördert auch die Übertragung von Krankheiten.
Auch in einer Broschüre des Schweizer Igelzentrums, dass „eine Zufütterung von Igeln durch den Menschen immer nur punktuell und zeitlich so begrenzt wie möglich erfolgen“ sollte. Und auch nur dann, wenn noch nicht (Frühjahr) oder nicht mehr (Herbst) ausreichend natürliche Igelnahrung vorhanden ist. Das sind in der Regel Insekten und Weichtiere wie Würmer oder Schnecken.
Es ist wohl jedem selbst überlassen, ob er Igel im Frühjahr füttert oder nicht. Das Risiko, das man mit einer Fütterung den Tod der Tiere riskiert, ist dabei allerdings wohl gering.