6. Juli 2023, 13:33 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
Dem Tasmanischen Teufel geht es seit Längerem nicht gut. Die auf der Insel Tasmanien beheimatete Beuteltierart ist von DFTD geplagt – eine infektiöse Krankheit, die tödliche Tumore im Gesicht auslöst. Die Erkrankung droht, die Tierart auszurotten. Doch ein neuer Impfstoff gibt Grund zur Hoffnung.
Die ersten Anzeichen von DFTD bei Tasmanischen Teufeln sind leichte Schwellungen und Knoten rund um den Mund. Aus den Schwellungen bilden sich dann Tumoren, die sich im Gesicht und am Hals ausbreiten. Diese schmerzhaften Geschwülste hindern die auch als Beutelteufel bekannten Tiere beim Fressen – sodass sie letztlich kaum noch Nahrung aufnehmen können.
Die Abkürzung DFTD steht für Devil Facial Tumor Disease, zu Deutsch in etwa „Beutelteufel-Gesichtskrebserkrankung“ – eine tödliche Krankheit, die droht, die Tasmanischen Teufel auszurotten. Experten schätzen, dass bis zu 80 Prozent des Beutelteufelbestands in den vergangenen 30 Jahren der Erkrankung erlegen sind.
Es gibt aber einen Hoffnungsschimmer: Ein neuer Impfstoff könnte die Tiere vor einem tödlichen Verlauf der Krankheit schützen. Die Vakzine soll demnächst an 22 gesunden Tasmanischen Teufeln getestet werden. „Das ist ein aufregender Schritt nach vorn“, sagte Hannah Siddle, eine Genetikerin an der University of Queensland, in einer Mitteilung des Wissenschaftsjournals „Nature“.
Impfstoff für Tasmanische Teufel durch Covid-19-Impfungen inspiriert
Entwickelt wurde der Impfstoff von einem Forschungsteam um den Immunologen Andrew Flies von der University of Tasmania. Die Wissenschaftler ließen sich dabei von verschiedenen Covid-19-Impfstoffen inspirieren, die einen modifizierten Adenovirus – ein Virus, der normalerweise leichte Schnupfen-Symptome beim Menschen auslöst – als Vektor nutzten. Ein viraler Vektor funktioniert wie ein „Transportmittel“, um den eigentlichen Impfstoff in die Zellen zu befördern. Laut Flies habe der Erfolg der Corona-Impfstoffe den Wissenschaftlern die „Zuversicht“ gegeben, ihre Forschung weiterzuführen.
Genau genommen gibt es zwei verschiedene Formen von DFTD. Die erste Variante, DFTD 1, gibt es bereits seit 1996. Seitdem grassiert sie unter Tasmanischen Teufeln auf der ganzen Insel. Der Grund: Die Tumorzellen werden vom Immunsystem der Tiere nicht als solche erkannt. Dafür wären nämlich bestimmte Proteine notwendig, von denen die feindlichen Zellen nur sehr wenig produzieren.
Genau hier soll die neue Impfung ansetzen: Sie soll die Produktion dieses speziellen Proteins in den Tumorzellen fördern und somit das Immunsystem darauf trainieren, die kranken Zellen zu erkennen. Sollte ein geimpftes Tier also mit DFTD angesteckt werden, würde die Erinnerung des Immunsystems an den Impfstoff die Tumorzellen dazu veranlassen, mehr von dem Protein zu produzieren. Und das würde wiederum eine Reaktion des Immunsystems auslösen.
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Aber wie soll der Impfstoff gegen DFTD getestet werden?
Um die Wirksamkeit des Immunstoffs zu testen, hat das Forschungsteam nun die Befugnis der zuständigen australischen Behörden, den Impfstoff 22 gesunden, in Gefangenschaft lebenden Beutelteufel zu verabreichen. Die Impfung gibt es zunächst als Injektion und als orale Flüssigkeit.
In der ersten Phase der Studie soll untersucht werden, wie die Versuchstiere auf den Impfstoff reagieren. Sollte die Vakzine sicher sein und eine Immunreaktion hervorrufen, plant das Forschungsteam, mehrere geimpfte sowie ungeimpfte Beutelteufel der Krankheit auszusetzen. Nur so kann ermittelt werden, ob der Impfstoff wirklich funktioniert. In die freie Wildbahn dürfen die Tasmanischen Teufel aus dem Experiment erst entlassen werden, wenn sie weder DFTD noch Reste des experimentellen Impfstoffs haben.
Falls all dies klappt, müssen sich die Forscher überlegen, wie der Impfstoff am besten an wilde Beutelteufel verabreicht werden könnte – sie alle aufzusammeln und ihnen eine Spritze zu geben, wäre schier unmöglich. Stattdessen könnte es eine Option sein, die Impfung mittels essbarer Köder an die Wildtiere zu verfüttern. So wie etwa bei Impfungen gegen Tollwut.
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„Direkt übertragbaren Tumore kommen in der Natur selten vor“
Gegen DFTD 2, die zweite Variante der Gesichtskrebserkrankung bei Beutelteufeln, die erstmals im Jahr 2014 auftauchte, gibt es bisher keinen Impfstoff. Sollte die Studie von Flies und seinen Kollegen jedoch Erfolg haben, möchte das Team die Vakzine sowohl für DFTD 1 und DFTD 2 anpassen.
„Direkt übertragbaren Tumore kommen in der Natur selten vor“, sagte Hamish McCallum, ein Ökologe für Infektionskrankheiten an der Griffith University, gegenüber „Nature“. Dass gleich zwei solche Krankheiten bei einer Spezies auftreten würden, sei absolut außergewöhnlich. „Ich glaube nicht, dass irgendjemand wirklich weiß, was die Ursache dafür ist.“
Eine Impfung wird diese Ursachen wohl nicht offenbaren. Dafür bietet sie aber eine Lösung, um den Bestand der Tasmanischen Teufel zu fördern. „Sie muss [den Tieren] nur helfen, länger zu leben als bisher“, sagt Hogg. „Wenn sie länger leben, können sie mehr Brutzeiten haben.“ So könnte sich der Bestand der Population hoffentlich erholen.