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Studie zeigt

Wie Menschenkinder! Auch junge Lemuren singen schief

Lemur (Indri indri) auf Bäumen im Wald mit geöffnetem Mund
Indris (Indri indir) sind auch als Madagaskars singende Lemuren bekannt. Selbst die jüngsten singen schon – allerdings oft noch schief, wie Forscher herausfanden Foto: GettyImages/mlharing
Porträt Saskia Schneider auf dem PETBOOK Relaunch
Redaktionsleiterin

4. April 2025, 15:17 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten

Auch im Tierreich klingt der erste Gesangsversuch oft schief: Eine neue Studie zeigt, dass junge Indris – Madagaskars singende Lemuren – ähnlich wie Menschenkinder erst lernen müssen, ihre Stimme zu kontrollieren. Warum das so ist und was uns das über die Evolution des Singens verrät.

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Haben Sie schon einmal Kinder singen hören? Dann wissen Sie wahrscheinlich, dass diese oft nicht gleich die richtigen Töne treffen. Sie müssen noch üben, mit ihren Stimmbändern umzugehen. Das scheint auch auf junge Lemuren in Madagaskar zuzutreffen, wie eine aktuelle Studie unter Leitung von Dr. Chiara De Gregorio von der University of Warwick belegt: Indris, eine der vielen Lemurenarten, singen in ihrer Jugend deutlich unharmonischer als im Erwachsenenalter. Die Erkenntnisse geben spannende Hinweise auf eine evolutionäre Verbindung zwischen menschlichem und tierischem Gesangsverhalten.

Können Lemuren wirklich singen?

In der Biologie definiert man Gesang als eine Lautäußerung, die eine gewisse Zeit andauert und über einen komplexen Aufbau verfügt. 1 Das wohl berühmteste Beispiel hierfür sind Vögel. Aber auch andere Tiere wie Frösche, Wale oder auch Grillen „singen“. Nicht alle nutzen dafür ihre Stimmbänder und nicht immer würden wir Menschen die Lautäußerungen als Gesang bezeichnen.

Auch das Singen der Indris, einer speziellen Lemurenart, klingt für die meisten wohl eher wie ein Schreien. Die auf Madagaskar heimischen Lemuren singen in Gruppen zur Revierabgrenzung, zur Kommunikation innerhalb der Familie und zur Stärkung sozialer Bindungen. Dabei ist ihr Gesang komplex und melodiös – aber bei Weitem nicht immer harmonisch.

Doch Dr. Chiara De Gregorio und ihr Team stellten bereits in den letzten Jahren fest, dass die Rufe der Lemuren einen gleichmäßigen Rhythmus aufweisen, der als Isochronie bezeichnet wird und Ähnlichkeiten mit Musik aufweist. Die Indris verfügen dabei über eine so große Anzahl sogenannter Stimmrhythmen, dass sie damit sogar Singvögel übertreffen. Kein Wunder also, dass sie auch als „Madagaskars singende Lemuren“ bezeichnet werden. 2

Warum junge Lemuren „schief“ singen

Doch bevor Lemuren zu begnadeten Sängern werden, müssen sie viel üben. Damit beginnen die Tiere bereits in jungen Jahren. Und genau wie kleine Kinder oft Mühe haben, Töne zu treffen und Melodien nachzusingen, müssen auch junge Indris erst lernen, ihre Stimme richtig einzusetzen. Aber woher wissen die Forscher, dass die Lemuren schief singen? Schließlich klingt der Gesang für das menschliche Gehör eher nach Schreien und weniger nach einer Melodie.

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Singen die Lemuren schief, entstehen klangliche Abweichungen. Diese äußern sich durch Tonbrüche, raue Klanganteile und plötzliche Tonhöhensprünge. Die Wissenschaftler bezeichnen dies auch als nichtlineare Phänomene – kurz: NLP. Dass diese vor allem bei jungen Tieren auftreten, konnte nun erstmals umfassend belegt werden.

„In dieser Analyse von 62 wildlebenden Indris und über 16.000 Gesangsnoten fanden wir heraus, dass junge Indris deutlich mehr NLPs produzieren als erwachsene Tiere“, erklärte Dr. Chiara De Gregorio, Postdoctoral Research Fellow an der University of Warwick und Erstautorin der Studie in einer Pressemitteilung der Universität. Das legt nahe, dass das Singen im Einklang eine Fähigkeit ist, die sich erst entwickelt.

Männliche Lemuren singen rauer

Neben dem Alter spielt auch das Geschlecht eine Rolle bei der Ausprägung der stimmlichen Eigenheiten. So ergab die Untersuchung, dass männliche Indris tendenziell rauer und instabiler singen als weibliche Tiere. Das könnte an den geschlechtsspezifischen sozialen Rollen der Lemuren liegen. Eine raue Stimme und unregelmäßige Klangmuster könnten etwa dazu dienen, den Sänger größer oder bedrohlicher wirken zu lassen.

Aber nicht nur junge Lemuren singen schief: Die NLPs zeigten sich auch bei erwachsenen Tieren – und zwar besonders häufig am Ende längerer Gesangsphrasen. Dies könnte ein Hinweis darauf sein, dass auch Lemuren stimmlich ermüden können und und stellt damit eine weitere Parallele zum menschlichen Gesang dar. Denn auch die Stimme menschlicher Sänger verliert nach einer längeren Darbietung an Kraft.

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Ein evolutionärer Blick auf das Singen

Die Studie wurde in der Fachzeitschrift „Philosophical Transactions of the Royal Society B“ veröffentlicht. Ihre Ergebnisse gehen weit über die akustischen Eigenheiten der Indris hinaus: Sie zeigen erstaunliche Parallelen zum menschlichen Gesang und liefern neue Hinweise darauf, wie sich musikalische und sprachliche Ausdrucksformen bei Primaten – und letztlich beim Menschen – entwickelt haben könnten. Zudem zeigen sie, dass auch im Tierreich gilt: Übung macht den Meister!

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Quellen

  1. spektrum.de, „Lexikon der Biologie – Gesang“ (aufgerufen am 04.04.2025) ↩︎
  2. bbc.com, „'Singing lemurs demonstrate origin of human music'“ (aufgerufen am 04.04.2025) ↩︎

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