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Studie zeigt

Warum die Käferschnecke so viele Augen hat

Eine Käferschnecke, die vielen Augen gut sichtbar, sitzt bei Ebbe auf einem Stein
Die Käferschnecke ist ein Weichtier, das nicht nur viele Augen hat – diese entwickelten sich auch zu unterschiedlichen Zeitpunkten Foto: Getty Images
Louisa Stoeffler
Redakteurin

26. März 2024, 16:03 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten

Käferschnecken haben viele kleine Augen auf ihrem Körper entwickelt. Allerdings verfügen die verschiedenen Arten über unterschiedliche Sehsysteme – manche Tiere haben acht Augen, andere tausend. Eine Studie beleuchtet nun, was dahintersteckt.

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Die Augen vieler Tiere sind ähnlich aufgebaut. Es gibt eine Pupille, eine Regenbogenhaut und einen Augapfel. Allerdings gibt es auch noch andere Formen von Augen, die sich im Laufe der Evolution entwickelt haben. Bei der Käferschnecke soll dies laut einer Studie sogar gleich viermal im Laufe der Zeit passiert sein. Dabei haben die Tiere immer wieder viele verschiedene Augen entwickelt.

Käferschnecken haben zwei unterschiedliche Sehsysteme

Die Käferschnecke ist ein Weichtier, das vor allem in den Gewässern rund um Australien vorkommt. Allerdings hat es weniger mit Schnecken, und auch nicht besonders viel mit Käfern zu tun. Die Bezeichnung „Schnecke“ erhielten die Tiere vor allem, weil sie einen weichen Fuß haben, wie es bei vielen anderen Weichtieren der Fall ist. An ein Insekt erinnern die Meeresweichtiere wohl vor allem durch ihre Stacheln und die harten Platten. Doch Achtung: Diese Panzerung hat Augen!

Denn einige Käferschnecken haben sogenannte Muschelaugen entwickelt. Davon zieren sie acht bis zehn Stück, die mit einer Schale aus Aragonit überzogen sind. Die kristalline Substanz erlaubt Lichtbrechung im Meer, sowie an Land – sodass die Käferschnecken auch sehen können, wenn sie bei Ebbe auf Steinen in Gezeitenbecken liegen.

Allein diese Muschelaugen sind schon spannend genug, allerdings stellen sie nur eine Form der vielen Augen bei Käferschnecken dar. Denn andere Arten haben mehrere tausend davon entwickelt, die ganz anders aufgebaut sind. Die Linsenaugen, die sich bei anderen Käferschnecken-Arten entwickelt haben, sitzen in Trauben zusammen und erinnern an die Facettenaugen von Insekten.

Warum die Käferschnecke so viele unterschiedliche Augen entwickelte

Wie viele andere Weichtiere, scheint sich die Käferschnecke vor etwa 500 Millionen Jahren entwickelt zu haben. Die Gruppe dieser Stachelweichtiere, die auch Chitonen genannt wird, umfasst heute etwa 900 verschiedene Arten. Evolutionsbiologin und Erstautorin Rebecca Varney von der University of California Santa Barbara in den USA und ihre Kollegen untersuchten lebende und präparierte Funde verschiedener Arten.

Anhand der im Naturhistorischen Museum von Santa Barbara gelagerten Funde konnten Varney und ihre Kollegen die verschiedenen Prozesse während der Evolution nachvollziehen. Die Studie erschien im Wissenschaftsmagazin „Science“.

Es zeigte sich, dass sich die verschiedenen Sehsysteme der Tiere zu unterschiedlichen Zeiten gebildet haben. Allerdings ließ sich nicht sagen, welche Form der vielen Augen den Käferschnecken evolutionär die meisten Vorteile brachte. Denn die verschiedenen Zeitpunkte, zu denen sich die Augen entwickelten, liefen nicht linear ab. Die Tiere, die Trauben- bzw. Schalenaugen entwickelten, sind nicht einmal sehr nah miteinander verwandt.

Erst Trauben, dann Muscheln und wieder zurück

Die genaue Analyse ergab, dass sich beiden visuellen Systeme jeweils zweimal und dazu noch in rascher Folge entwickelt haben. Kleinere Augentrauben entwickelten sich den Berechnungen der Wissenschaftler nach als Erstes. Bereits vor 260 bis 200 Millionen Jahren in der Trias, zur selben Zeit als auch die ersten Dinosaurier auftauchten. Die ersten Muschelaugen entwickelten sich dann in der Jurazeit vor 200 bis 150 Millionen Jahren.

Evolutionär gesehen nur etwas später – in der Kreidezeit vor 150 bis 100 Millionen Jahren – entwickelten sich dann erneut Muschelaugen. Nun würde man denken, dass die Muschelaugen den evolutionären Durchbruch geschafft und sich durchgesetzt hätten. Allerdings entwickelten sich die Traubenaugen auch noch einmal. Laut Schätzungen war dies im sogenannten Paläogen, vor 75 bis 25 Millionen Jahren.

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Augenbildung wird durch Platz für Sehnerven begrenzt

Heute gibt es also eine große Tiergruppe, die zu unterschiedlichen evolutionären Zeitpunkten zweimal verschiedene, ganz eigene Sehsysteme entwickelte. Allerdings fanden die Forscher auch heraus, dass die Augenbildung bei den gepanzerten Tieren nach ähnlichen Mustern abläuft.

Der Augenbildung bei den Chitons sind jedoch Grenzen gesetzt – je nachdem, wie viele Öffnungen für Sehnerven die Tiere in ihren Platten hatten. Die Käferschnecken, die entsprechend mehr Platz zwischen ihren Platten hatten, konnten mehrere tausend Augenpunkte und kleine Linsen ausbilden.

Andere dagegen entwickelten die kristallinen Muschelaugen. Bei beiden Mechanismen fanden sich spezielle Aesthetes-Zellen (Wahrnehmungszellen). Diese waren entweder der Ansatz für die Traubenaugen oder aber zwischen den harten Strahlen der Muschelaugen verstreut.

Käferschnecke stellt mit ihren vielen Augen evolutionäre Hypothese infrage

Evolutionsbiologin Rebecca Varney gab dem Wissenschaftsmagazin „ScienceAlert“ eine Einschätzung zur Studie. „Wir wussten zwar, dass es zwei Arten von Augen gibt, aber wir haben nicht mit vier unabhängigen Ursprüngen gerechnet. Die Tatsache, dass Chitons viermal Augen entwickelt haben, und zwar auf zwei verschiedene Arten, ist für mich ziemlich erstaunlich.“

Denn eigentlich setzt sich im Laufe der Zeit die vorteilhaftere Variante durch. Es ließ sich jedoch nicht nachweisen, ob die kristallinen Schalen oder die Linsenaugen den evolutionären Jackpot gewinnen werden. Oder ob man in diesem Fall überhaupt von diesem Konzept sprechen kann. Ebenfalls stellt dies die Hypothese, dass Tiere durch Evolution stets besser an Umstände angepasst werden, infrage.

Auch wie die Sehnerven der vielen Augen die erblickten Eindrücke in das Hirn der Käferschnecke weiterleiten, muss noch näher untersucht werden.

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Quelle

  • Varney, R. M., Speiser, D. I., Cannon, J. T., Aguilar, M. A., Eernisse, D. J., & Oakley, T. H. (2024). A morphological basis for path-dependent evolution of visual systems. Science, 383(6686), 983-987. bioRxiv preprint, PDF.
Themen Meerestiere
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