20. September 2024, 17:46 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten
Für manche stellen sie eine Plage dar, andere würden sie gerne als Haustiere halten. In den sozialen Medien werden die Tiere meist von ihrer niedlichen Seite gezeigt. Etwa, wie sie Obst waschen oder mit Dingen spielen. Aber kann man Waschbären überhaupt als Haustiere halten? PETBOOK stellt die vermeintlich süßen Kleinbären einmal näher vor.
Gewissenhafter als jede Hausfrau waschen sie jeden Apfel und jede Traube, bevor sie sie verzehren, zumindest wenn sie in Gefangenschaft leben. Das sieht absolut niedlich aus und viele möchten die putzigen Tiere als Haustiere halten. Doch von Waschbären in freier Wildbahn auch eine Gefahr aus, denn auf dem Speiseplan der Raubtiere, die einst bei uns ausgesetzt wurden, stehen auch einheimische Tierarten wie Reptilien und Amphibien. PETBOOK hat sich auf die Spuren der putzigen Kleinbären mit der schwarzen Gesichtsmaske begeben.
Wie kam der Waschbär nach Deutschland?
Nachdem die „Neubürger“ in den 1920er- und 30er-Jahren ihr Leben in Deutschland auf Pelztierfarmen fristeten, wurden im Jahr 1934 in Hessen zwei Paare am Edersee zum ersten Mal ganz bewusst ausgewildert, um sie bei uns anzusiedeln. Die Bestände der Neozoen wuchsen jedoch so schnell, dass sie bald in Hessen ins Jagdrecht aufgenommen wurde. Auch in Bayern, Sachsen-Anhalt, Brandenburg, Thüringen, Niedersachsen und Berlin fühlen sich die rund 1,3 Millionen der plüschigen Räuber mittlerweile heimisch.
Kassel ist mittlerweile „Waschbären-Hauptstadt“, denn hier leben 100 Tiere auf 100 ha. Immer wieder kommt es zu Schlagzeilen, dass man es mit einer Plage zu tun habe und es wird zum Abschuss aufgerufen. Doch viele Organisationen wie die Wildtierrettung plädieren für eine friedliche Lösung im Miteinander. So empfehlen sie, den Müll besser zu verschließen, oder Einstiege in Schuppen oder Dachräume zu sichern. Waschbären klettern gerne über Balkone etc. und suchen sich Unterschlupf in Speichern, Gartenhäusern oder Garagen.1
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Kann man einen Waschbären als Haustier halten?
Wer mit dem Gedanken spielt, den Waschbären bei sich aufzunehmen, muss als Erstes den nötigen Platz und einen Bauplan für ein Außengehege beim Landratsamt vorlegen. Zudem sollte man wissen, dass die Tiere mindestens zu zweit gehalten werden müssen sonst werden sie depressiv und/oder aggressiv. Auch die Vergesellschaftung mit einer robusten Hunderasse ist denkbar, wenn sie von klein an aneinander gewöhnt werden.
Generell sind Waschbären als Haustiere ungeeignet, wie das Forschungsprojekt „Projekt Waschbär“ im Müritzpark bei einer Domestizierung der Tiere feststellte. Waschbären werden nie zahm, wie man es von Hunden und Katzen kennt, bleiben unerziehbar und verbringen dann meist ein nicht artgerechtes Leben in einem Außengehege.
Was tun, wenn ich einen Waschbären gefunden oder gefangen habe?
Wenn Sie einen verletzten, kranken oder verwaisten Waschbären finden, nehmen Sie am besten Kontakt zu einer Auffangstation für Wildtiere auf, denn da es sich laut EU um eine invasive Art handelt, dürfen Waschbären nicht wieder ausgewildert werden. Deshalb sollten Sie ein Jungtier eine Weile aus der Ferne beobachten und sicherstellen, dass kein Muttertier vorhanden ist, bevor Sie das Tier bergen. Ist 24 Stunden kein Muttertier aufgetaucht, sollten Sie unbedingt Kontakt mit einer Wildtierauffangstation aufnehmen. Im besten Fall wird das Waschbärenjunge, nachdem es geborgen und aufgepäppelt wurde, zu seiner Familie rückgeführt. Kann das Junge nicht rückgeführt werden, steht man vor einem Problem, denn die meisten Auffangstationen sind, was Waschbären betrifft, am Ende ihrer Kapazitäten angekommen. Dann hilft nur der Gang zum zuständigen Veterinäramt.23
Die lustigen Videos in Social Media zeigen eben meist nur putzige Momentaufnahmen und nicht das Chaos, das die Langfinger hinter den Kulissen anrichten. Kommen die Tiere in die Geschlechtsreife, können sie aggressiv und auch gefährlich werden.
Warum waschen Waschbären ihre Nahrung?
Waschbären sind Allesfresser und ernähren sich von Wirbellosen, von pflanzlicher Kost und von Wirbeltieren. Beobachtet man die Tiere in Gefangenschaft, sieht es oft aus, als würden die Tiere ihre Nahrung waschen. Es handelt sich dabei aber um eine Art Leerlaufhandlung oder eine Imitation. In freier Wildbahn untersuchen sie mit ihren Pfötchen alles genau danach, ob es essbar ist. Sie wühlen unter Steinchen und Gehölzen und ertasten so die Form und die Beschaffenheit der Beute millimetergenau.
In Gefangenschaft tunkt der Waschbär gerne alles in Wasser und dieses Verhalten wird dann fälschlicherweise als „Waschen“ interpretiert.
Mit ihren fünf Fingern sind Waschbären so geschickt, dass sie Schlösser öffnen und Schrauben herausdrehen können. Fressen sie eine giftige Kröte, ziehen sie ihr vorher mit spitzen Fingern die Haut ab.4
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Warum der Waschbär für unsere heimischen Arten gefährlich ist
Da der Waschbär bei uns keine natürlichen Feinde hat und sich sehr gut seiner Umgebung anpasst, sind sie für viele Tierarten eine potenzielle Gefahr. In unseren Wäldern macht sich der nachtaktive Räuber auch über Rebhuhn, Schnepfe oder Fasan her. Der gute Kletterer macht aber auch vor Eule oder Kauz nicht halt, klaut die Eier aus den Vogelnestern oder frisst die Jungvögel. Aber auch andere Tierarten können ihm zum Opfer fallen. Jäger treten deshalb vermehrt regulierend auf, um heimische Tierarten zu schützen.
Übrigens: Seine schwarze Zorromaske dient nicht nur der Tarnung im Gebüsch, sondern das schwarze Fell reflektiert das Licht weniger stark und so blendet es ihn auch weniger.