
25. April 2025, 16:29 Uhr | Lesezeit: 3 Minuten
Was so klingt wie eine Figur aus einem gruseligen Horrorfilm ist tatsächlich Realität. So berichten Wissenschaftler jetzt von einer fleischfressenden Raupe, die den bezeichnenden Namen „Knochensammler“ erhalten hat. Der Grund für diese Bezeichnung ist ebenso verstörend wie faszinierend.
Der „Knochensammler“ klingt nicht nur wie ein möglicher Spin-Off vom Filmklassiker „Das Schweigen der Lämmer“, sondern dürfte den einen oder anderen vielleicht auch an den Charakter Buffalo Bill daraus erinnern. Während sich im Thriller aus dem Jahr 1991 der Serienmörder aus Frauenhaut einen Anzug nähen will, macht im wahren Leben die Knochensammler-Raupe etwas ähnlich perfides. So tarnt sich die fleischfressende Raupe mit den Körperteilen ihrer Beuteinsekten.
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So plündert der „Knochensammler“ die Spinnennetze in seiner Umgebung
Dafür wickelt sie Knochen und andere übriggebliebene Körperteile um sich und kriecht mit dieser ungewöhnlichen Tarnung in Spinnennetze. Dort bedient sie sich dann an den gefangenen Insekten wie an einem Buffet. Die Wissenschaftler vermuten, dass das Gehäuse als Tarnung dient und es der Raupe ermöglicht, sich an den von der Spinne gefangenen Mahlzeiten zu laben, ohne dabei erwischt zu werden.1
Dabei ist die „Verkleidung“ der Knochensammler-Raupe so überzeugend, dass selbst die Wissenschaftler nur zufällig hinter die Tarnung kamen. Das verriet nun ein Forscher in einem Interview. Daniel Rubinoff ist Professor für Pflanzen- und Umweltschutzwissenschaften an der Universität von Hawaii in Manoa und erklärte im „science.org“-Podcast: „Ich könnte sagen, dass ich so scharfsinnig bin, aber wir brauchten einige Erklärungen, bevor wir herausfanden, was da los war.“
Selbst die Wissenschaftler waren verwundert
Das seltene Insekt kommt nur auf der hawaiianischen Insel Oahu vor und sei kleiner als der kleine Fingernagel. „Die Raupe gehört zu einer großen Gruppe von Nachtfaltern, den Hyposma coma, den hawaiianischen Schmetterlingsraupen“, weiß der Experte. Bei der Suche nach Raupen machten die Forschenden eine seltsame Beobachtung, erinnert sich Rubinoff zurück.
„Es sah aus wie ein Haufen aus Käferteilen, der neben Spinnweben lag, als wir die Baumstämme nach weiteren Mitgliedern einer bestimmten Raupengruppe durchsuchten. Und irgendwann merkten wir, dass da eine Raupe drin war.“ Das Forscher-Team sei sehr verwundert über diesen Fund gewesen. „Es ergab alles keinen Sinn und wir dachten, dass das ein Unfall gewesen sein muss, weil es so absurd aussah. Ein Spinnennetz und daneben ein wildes Durcheinander von zusammengenähten Käferexkrementen.“


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„Es ist ein sehr prekärer Lebensstil“
Das sei mit Abstand eine der seltsamsten Dinge in der Natur, die er gesehen habe, erklärte der Wissenschaftler im Podcast. „Als wir nach einer Weile merkten, dass es sich um Raupen handelte, begannen wir, sie zu züchten. Denn wir haben sie nicht sehr häufig gefunden. Und es macht irgendwie auch Sinn, dass sie nicht so häufig sind, denn es ist ein sehr prekärer Lebensstil. Es ist wie ein Leben in der Höhle des Löwen. Denn man isst dem Löwen buchstäblich vor der Nase die Beute weg und hofft, dass er es nicht bemerkt.“2
Wie mittlerweile viele andere Tiere und Pflanzen ist auch die Knochensammler-Raupe in ihrem Bestand bedroht, denn auch sie hat zunehmend mit dem Verlust von Lebensräumen zu kämpfen. Doch hier ein kleiner Fundact am Rande. Der Knochensammler ist nicht die einzige Raupe, die sich tarnt. Viele auf Hawaii beheimatete Raupen verwenden Seidendrüsen, um Schutzhüllen zu spinnen, die mit Flechten, Sand und anderen Materialien besetzt sind. Der Knochensammler ist allerdings die erste bekannte Art, die dabei Ameisenköpfe und Flügel benutzt. „Das ist wirklich eine erstaunliche Art von Gehäuse“, staunt auch Steven Montgomery, ein entomologischer Berater auf Hawaii.