
18. August 2024, 16:19 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten
Im Gegensatz zu Wespen oder Hornissen genießen Hummeln bei den meisten Menschen einen guten Ruf. Sie sind groß, plüschig und relativ friedfertig. So sehr, dass sich hartnäckig die Behauptung hält, Hummeln könnten nicht stechen. PETBOOK-Redakteurin und Biologin Saskia Schneider erklärt, warum dieser Eindruck entsteht und wie sich Hummeln verteidigen.
Neben Honigbienen gehören Hummeln wahrscheinlich mit zu den beliebtesten Insekten – auch bei Kindern. Dazu brauchte es nicht einmal eine berühmte Zeichentrickserie. Ihr Aussehen und Wesen alleine reichen schon. Denn im Gegensatz zu Wespen oder Hornissen sind Hummeln eher gemütlich unterwegs. Dazu kommt ihr gedrungener, plüschiger Körper mit großen schwarzen Augen. Auch, dass die Insekten selten Menschen stechen, trägt wahrscheinlich zur Beliebtheit der Hummel bei. So selten, dass immer wieder behauptet wird, Hummeln könnten gar nicht stechen.
Tatsächlich kommt es laut der Europäischen Stiftung für Allergieforschung (ECARF) viel seltener zu Hummelstichen. Begründet wird dies damit, dass Menschen mit Wespen, die gerne am Essen sitzen, oder Bienen, die in großer Zahl auf Blumenwiesen Nektar sammeln, viel häufiger in Kontakt kommen. Es gibt aber noch einen anderen Grund, warum Hummeln seltener zustechen. Welcher das ist, verraten wir Ihnen hier im Artikel.
Übersicht
Können alle Hummeln stechen?
Die Antwort mag überraschen, aber: nein! Im Grunde können nur die Hummel-Weibchen stechen. Das ist übrigens auch bei Wespen, Hornissen und Bienen der Fall. Sie alle gehören der biologischen Gruppe der sogenannten „Stechimmen“ (Apoidea) an. Der Name sagt schon, dass es sich hierbei um stechende Insekten handelt, bei denen sich der Stachel immer am Ende des Hinterleibs, also am letzten Körpersegment, befindet.
Der Grund, warum nur die Weibchen einen Giftstachel besitzen, ist, weil sich dieser im Laufe der Evolution aus dem Legestachel entwickelt hat. Tatsächlich hat er diese Funktion auch noch. So können Bienen- oder Hummelköniginnen mit dem Stachel Eier legen, aber auch zustechen. Dabei wird Gift freigesetzt.

Sind Hummelstiche gefährlich?
Hummelstiche sind nicht gefährlicher als die von Bienen oder Wespen. Allerdings Schmerzen sie wohl weniger, was vor allem daran liegt, dass der Stachel der Hummel keine Widerhaken besitzt und so nicht in der Haut stecken bleibt, wie das bei der Honigbiene der Fall ist. Damit gelangt insgesamt weniger Gift in den Körper.
Doch auch bei einem Hummelstich gibt es einen kurzen, intensiven Schmerz und ein brennendes Gefühl. Eine Gefahr besteht nur dann, wenn man allergisch ist, oder einen Stich im Mund oder Rachen bekommt. Allerdings müsste man die Hummel für letzteres schon aus der Luft verschlucken, was wohl eher selten geschieht. 1
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Warum stechen Hummeln so selten?
Hummeln stechen im Vergleich zu Wespen oder Bienen eher selten zu. Das liegt zum einen daran, dass wir Menschen seltener mit Hummeln in Kontakt kommen bzw. sich diese seltener von uns bedroht fühlen, wir kaum ihrem Nest zu nah kommen oder drohen, sie zu zerquetschen.
Aber es gibt noch einen anderen Grund und der liegt im Abwehrverhalten der Hummel. Denn im Gegensatz zu Wespen, die schnell dabei sind, zuzustechen, wenn sie sich bedroht fühlen, geben Hummeln vorher einige Warnzeichen von sich, die dem Gegenüber signalisieren sollen: „Komm mir besser nicht zu nahe“.
So verteidigen sich Hummeln

Fühlen sich Hummeln gestört, kann man beobachten, wie sie ein oder mehrere Beinchen heben. Für uns sieht es fast so aus, als wolle die Hummel uns ein „High Five“ geben. Dabei handelt es sich aber um ein Abwehrverhalten, welches wissenschaftlich erst vor ein paar Jahren richtig untersucht wurde.2
So beschreiben US-amerikanische Forscher in ihrer Studie aus 2021 erstmals das Verhalten als „disturbance leg-lift response“ (DLR). Diese tritt laut den Untersuchungen in der Regel oft auf, wenn sich die Hummel gestört fühlt – noch bevor sie sticht oder beißt. Das deute darauf hin, dass Hummeln das Beinheben bewusst als Warnsignal einsetzen.
Hummeln haben aber noch andere Abwehrverhalten. So lassen sich einige Arten bewusst zu Boden fallen, um einem vermeintlichen Angriff oder Kampf aus dem Weg zu gehen. Manche drehen sich auch auf den Rücken, strecken die Beine ab und präsentieren ihren Stachel – ein unmissverständliches Zeichen.
Können Hummeln beißen?
Bei vielen hält sich die Überzeugung, Hummeln würde beißen, anstatt zu stechen. Das stimmt jedoch nicht. Zwar besitzen Hummeln kräftige Mundwerkzeuge, diese benutzen sie allerdings vornehmlich zum Sammeln von Nektar sowie dem Bau ihres Nestes aus Wachs.
Gebissen werden eher die Feinde, die zu klein sind, um sie zu stechen. So gibt es einige Honigbienen, die kleinere Tiere wie Milben oder Käfer im Stock durchaus beißen. Zudem gibt es Stachellosen Bienen, auch Meliponini genannt. Sie verteidigen sich vor allem durch Bisse oder durch Absondern ätzender Flüssigkeiten verteidigen. 3 Vielleicht stammt daher das Gerücht, Hummeln würden beißen statt stechen.

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Fazit
Hummeln können sehr wohl stechen, tun dies aber seltener als Bienen oder Wespen. Lieber gehen sie einem Konflikt aus dem Weg oder warnen ihr Gegenüber, indem sie ein Bein (oder mehrere) heben oder ihren Stachel präsentieren. Nur wenn die Hummel in akuter Gefahr ist, weil sie etwa droht von einem Fuß zerquetscht zu werden, wird sie zustechen.