Direkt zum Inhalt wechseln
logo Das Magazin für alle Tierbesitzer und -liebhaber
Bedrohte Vögel

Kommen Gänsegeier 150 Jahre nach Aussterben wieder nach Deutschland?

Ein Gänsegeier schaut in die Gegend
Gänsegeier waren lange aus Deutschland verschwunden. Nun sind sie wieder hier ansässig. Foto: Getty Images
Louisa Stoeffler
Redakteurin

4. Juli 2023, 17:11 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten

Gänsegeier gelten in Deutschland seit etwa 150 Jahren als ausgestorben. Daran ist wohl nicht nur ihr schlechter Ruf als Aasfresser Schuld, sondern auch die fehlende Nahrungsgrundlage. Warum die Vögel jedoch wieder häufiger gesichtet werden.

Artikel teilen

Den Lebensraum von Geiern verorten die meisten wohl am ehesten in Nordamerika oder in den Anden. Und das ist kein Wunder, denn lange Zeit galten Geier in Deutschland als ausgestorben. Dies hat sich jedoch geändert, denn immer mehr Gänsegeier werden in Deutschland gesichtet. Im Nationalpark Eifel dokumentierte man zuletzt 21 Tiere auf einmal.

Warum der Gänsegeier in Deutschland als ausgestorben galt

Gänsegeier waren noch im Mittelalter im Süden Deutschlands verbreitet, vor allem in der Region Mosel und am Mittelrhein. Doch nach und nach wurden die Tiere aktiv ausgerottet, sodass sie bereits im 19. Jahrhundert gänzlich aus Deutschland verschwanden. Zudem werden zur Bekämpfung von Seuchen Tierkadaver von Weiden entfernt. Dies entzog den Geiern jede Lebensgrundlage. Die Ernährungsspezialisten fressen nur Aas. Für die Jagd auf lebende Beute sind die Tiere nicht schnell oder wendig genug.

Doch bereits seit dem Jahr 2007 berichtet der Nabu, dass von Norddeutschland bis zum Bodensee wieder Gänsegeier fliegen. Dies seien zumeist Tiere, die Falknern oder Zoos entflogen seien, da sie einen Ring tragen. Doch immer wieder finden sich nun auch Geier, die unberingt sind. Zumindest auf der Durchreise durch Deutschland. Diese sind wahrscheinlich von der Iberischen Halbinsel oder aus der Türkei wieder hierher eingewandert. Denn in diesen Ländern gibt es noch große Populationen der Gänsegeier. Besonders in Spanien laufen bereits seit den 1980er-Jahren Schutzprogramme für die Vögel, die zu einer Populationsgröße von 22.000 Brutpaaren geführt haben.

Ein ähnliches Projekt gibt es seit 2022 auch in Deutschland. So wird das Großprojekt „Die Rolle des Aases in unserem Ökosystem“ der Universität Würzburg in 16 großen Nationalparks in Deutschland durchgeführt. Auch der Nationalpark Eifel nimmt an dem Forschungsprojekt teil. Auf der Jahrespressekonferenz wurde verkündet, dass mithilfe einer Wildtierkamera 21 Gänsegeier in der Region gezählt wurden. Diese habe man alle in der Nähe eines ausgelegten Rehkadavers beobachten können.

Auch interessant: Diese 4 Adlerarten gibt es in Deutschland und so erkennt man sie

Ein Gänsgeier ist im Nationalpark Eifel in eine Fotofalle getappt
Zeit für ein Selfie! Einer der im Nationalpark Eifel beobachteten Gänsegeier schaut direkt in die Fotofalle. Foto: Fotofalle / Nationalparkverwaltung Eifel

Hat der Gänsegeier eine Chance auf die Rückkehr nach Deutschland?

Mit diesem ersten Projekt wollen Wissenschaftler belegen, wie wichtig es für den natürlichen Erhalt von Ökosystemen ist, dass tote Tiere in der Natur verbleiben. Die spektakuläre erste Sichtung von Gänsegeiern im Nationalpark demonstriere eindrucksvoll den Wert toter tierischer Biomasse auch für den Erhalt streng geschützter und sehr seltener Arten – wie etwa dem Gänsegeier, so Projektkoordinator Dr. Christian Hoermann von der Universität Würzburg. „Ein erstaunlich geringer Aufwand – Auslegung eines ansonsten in gängiger Praxis schnell beseitigten Wildunfallkadavers unter Kamerafallenbeobachtung – kann selbst diese zunächst unerwarteten Arten in hoher Individuenzahl in unsere Schutzgebiete zurückführen“.

Doch ob Gänsegeier sich in Zukunft wieder dauerhaft in Deutschland ansiedeln können, ist fraglich. Seitdem im Jahre 2002 strenge Hygienemaßnahmen im Kampf gegen BSE EU-weit eingeführt wurden, werden hierzulande verstorbene Weidetiere stets direkt entfernt. Der Nabu wirbt daher dafür, verstorbene Weidetiere oder überfahrenes Wild nicht mehr zu „entsorgen“, damit der Gänsegeier in Deutschland wieder eine Lebensgrundlage bekommt.

Zudem ist die Ansiedlung im Mittel- und Hochgebirgen wichtig für den Gänsegeier. Dauerhaft können die Vögel mit einer Flügelspannweite von 230 bis 270 nicht im Flachland leben. In besonders kalten Wintern mit viel Schneefall haben es die Tiere jedoch selbst in den Alpen und den deutschen Mittelgebirgen schwer. Daher könnte der Gänsegeier bei einer Wiederansiedlung sogar vom Klimawandel profitieren. In den letzten Jahren häufen sich nämlich Sichtungen in Bayern und Österreich während der Wintermonate. Wohl auch, weil die Winter immer milder werden. Ob es in Zukunft ein Nahrungsangebot für die Tiere geben wird, soll durch die Forschung der Universität Würzburg zeigen. Die Ökologen wollen, nachdem das Projekt abgeschlossen ist, eine Handlungsempfehlung zum Schutz des Gänsegeiers herausgeben.

Mehr zum Thema

Quellen

Deine Datensicherheit bei der Nutzung der Teilen-Funktion
Um diesen Artikel oder andere Inhalte über Soziale- Netzwerke zu teilen, brauchen wir deine Zustimmung für diesen .
Sie haben erfolgreich Ihre Einwilligung in die Nutzung dieser Webseite mit Tracking und Cookies widerrufen. Sie können sich jetzt erneut zwischen dem Pur-Abo und der Nutzung mit personalisierter Werbung, Cookies und Tracking entscheiden.