9. Juni 2023, 17:39 Uhr | Lesezeit: 3 Minuten
Wenn man etwas von einer „Jungferngeburt“ hört, denken viele wohl zuerst an Religion. Doch auch in der Tierwelt kennt man dieses Phänomen. Nun konnte erstmals nachgewiesen werden, dass auch Krokodile dazu imstande sind.
Ein Krokodil in einem Zoo in Costa Rica hat etwas vollbracht, von dem man gar nicht glauben mag, dass es in der Natur möglich ist. Das Tier hat ein Ei gelegt, welches einen mit ihr selbst zu 99,9 Prozent genetisch identischen Fötus enthielt. Das Krokodil zeugte also ganz ohne ein Männchen Nachwuchs mit sich selbst! Was darüber bekannt ist und warum Biologen davon ausgehen, dass auch Dinosaurier sich eingeschlechtlich vermehren konnten, erklären wir in folgendem Beitrag.
Jungferngeburt – im Tierreich kein Einzelfall
Ein Team von Wissenschaftlern um Warren Booth, Entomologe an der Virginia Polytechnic Institute and State University in den USA, hat sich mit dem Phänomen des sich mit sich selbst paarenden Krokodils beschäftigt. Der Artikel erschien im Magazin „Biology Letters“ der Royal Society Publishing.
Die betreffende Krokodildame lebt allein in einem Zoo in Costa Rica und legte 2018 ein Dutzend Eier ab. Normalerweise enthalten diese unbefruchteten Eier – ähnlich wie unsere Hühnereier im Handel – Eiklar und einen Dottersack. Doch in einem der steckte ein vollständig entwickelter Krokodilfötus. Leider war das kleine Baby-Krokodil nicht lebensfähig und wurde daher der Wissenschaft zur Verfügung gestellt. Anhand einer DNA-Analyse von Mutter und Nachwuchs konnten die Forscher feststellen, dass diese sich genetisch so glichen, dass der Einfluss eines Männchens sicher ausgeschlossen werden konnte.
Dieses Phänomen nennt sich fakultative Parthenogenese, oder auch Jungferngeburt. Was nach Science Fiction klingt, ist jedoch nicht so ungewöhnlich, wie man zunächst annehmen mag. Die Forscher schreiben in ihrer Studie, dass bereits während der letzten 20 Jahre vermehrt Fälle dieser eingeschlechtlichen Geburten durch bessere DNA-Untersuchungen und höheres generelles Interesse nachgewiesen werden konnten. Bereits bei 80 Arten im Tierreich konnte demnach eine Parthenogenese aufgezeigt werden, darunter bei Rüsselkäfern, der Kapbiene und regelmäßig bei der Blumentopfschlange.
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Krokodil zeugt durch Temperatur gleichgeschlechtlichen Nachwuchs
Die eingeschlechtliche Fortpflanzung kann durch Hormone einsetzen, welche den Keimzellen der Tiere vorgaukeln, dass sie befruchtet sind. Anschließend beginnen sich die Zellen zu teilen und zu einem Lebewesen heranzuwachsen. Dies kann entweder durch die Reifeteilung (Meiose) erfolgen, oder durch Zellen, die in ihrem Kern zwei Chromosomenpaare enthalten. In der Regel entstehen durch die Parthenogenese weibliche Nachkommen, die praktisch identisch mit den Muttertieren sind.
Bei Krokodilen ist dieses Phänomen jedoch besonders bemerkenswert, weil es bei ihnen nicht auf die Art der Chromosomen ankommt, welches Geschlecht der Nachwuchs hat. Stattdessen beeinflusst die Temperatur, ob ein männliches oder ein weibliches Krokodil aus dem Ei schlüpft. Unter 30 Grad sind die Krokodile in der Regel weiblich, spätestens ab 34 Grad stattdessen männlich.
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Was die Dinosaurier mit dem Phänomen zu tun haben könnten
Die Wissenschaftler stellen darüber hinaus die These auf, dass auch die Dinosaurier die Fähigkeit besessen haben könnten, sich eingeschlechtlich fortzupflanzen. Sie vermuten dies, weil die Parthenogenese nun bei Krokodilen und Vögeln erwiesen sei, die beide lebende Archosaurier und damit überlebende Verwandte der Dinosaurier seien.
Der britischen BBC-Nachrichtenagentur sagte Erstautor Warren Booth außerdem, dass eine Theorie über den Ursprung der Parthenogenese sei, dass diese vermehrt bei Arten vorkomme, deren Zahl schwinde und die sich am Rande des Aussterbens befänden. Dies könnte aufgrund von Umweltveränderungen auch bei Dinosauriern der Fall gewesen sein.1