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Brutparasit

Warum jeder Kuckuck mehrere Vogelküken auf dem Gewissen hat

Nahaufnahme eines Kuckucks auf Gras sitzend
Den Kuckuck kennen wir durch seinen unverwechselbaren Ruf. Doch nur wenige kennen das dunkle Geheimnis der Vögel, wenn es um die Aufzucht des Nachwuchses geht Foto: Getty Images
Porträt Saskia Schneider auf dem PETBOOK Relaunch
Redaktionsleiterin

12. September 2024, 17:37 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten

Jemandem ein Kuckucksei ins Nest legen meint, jemanden so schädigen, dass es sich erst später als eine unangenehme Überraschung erweist. Tatsächlich tun die Vögel aber noch weit mehr als dies. PETBOOK erklärt, was es für Vogeleltern wirklich bedeutet, ein Kuckuckskind aufzuziehen, und welch tragisches Schicksal dem eigentlichen Nachwuchs blüht.

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Mit dem Kuckuck verbinden die meisten Leute vor allem den charakteristischen Ruf des Waldvogels, der in der gleichnamigen Uhr die volle Stunde ankündigt. Auch das Kuckucksei ist den meisten noch ein Begriff. Aber wenige wissen, was es tatsächlich für Vogeleltern bedeutet, ein Kuckuckskind großzuziehen. Erstaunlicherweise finden sich dazu auf Webseiten von Naturschutzverbänden kaum Informationen. Vielleicht, um das Image des mittlerweile bedrohten Wildvogels nicht schlecht zu machen?

Dabei ist die Taktik, die Kuckuckseltern verfolgen, um ihren Nachwuchs von anderen großziehen zu lassen, nicht nur tragisch, sondern höchst faszinierend und ausgeklügelt. PETBOOK erklärt, mit welch raffinierter Taktik die Vögel dabei vorgehen.

Für jedes Kuckucksei, stirbt ein anderes

Beim Kuckuck handelt es sich um einen sogenannten Brutparasiten. Statt ihren Nachwuchs selbst aufzuziehen, überlassen die Kuckuckseltern dies anderen Vögeln. Da diese aber in der Regel genau wissen, wie ihre Eier aussehen und wie viele sich davon im Nest befinden, bedient sich der Kuckuck eines genialen Tricks.

Jeder Kuckuck ist auf bestimmte Wirtsvögel spezialisiert. Meist sind das Grasmücken und Rohrsänger. Der Kuckuck ist in der Lage, das Aussehen derer Eier perfekt zu imitieren. Das ist aber nicht alles. Damit es den Eltern nicht auffällt, dass ein Ei mehr im Nest liegt, entfernt das Kuckucksweibchen in der Regel eins der darin befindlichen Eier, indem es einfach eines aus dem Nest stößt oder auffrisst.

Dies passiert nicht nur einmal. Ein Kuckuck legt in der Brutsaison bis zu 25 Eier, die von den Adoptiveltern in der Regel ausgebrütet werden. Damit die Küken zur gleichen Zeit – oder am besten noch etwas früher – schlüpfen, hat der Kuckuck seine Brutphase mit der der Wirtsvögel synchronisiert.1 2

Auch interessant: Welcher Vogel singt denn da?

Das tragische Schicksal der „Geschwisterküken“

Das Kuckucksei sieht zwar gleich aus, aber das, was aus ihm schlüpft, hat allerdings keine große Ähnlichkeit mit dem eigentlichen Nachwuchs. Denn in der Regel ist der Kuckuck um einiges größer als die Vogelart, der er sein Ei unterschiebt. Damit ist auch das Küken, das daraus schlüpft, um einiges größer und kräftiger als seine Geschwister – und dies macht sich der Vogel zunutze.

Denn er beansprucht die gesamte Pflege und Fürsorge seiner Gasteltern für sich. Daher stößt das Kuckuckskind bereits kurz nach seinem Schlupf die anderen Eier oder geschlüpften „Geschwisterküken“ einfach aus dem Nest. Um das zu bewerkstelligen, dreht sich der kleine Vogel auf den Rücken, stemmt sich gegen seine Konkurrenz und schiebt sie einfach Richtung Nestrand ins Verderben. 3

Vogeleltern können sich nicht wehren

Doch warum lassen die Eltern das zu? Normalerweise sollten sie ihren Nachwuchs verteidigen. Doch ihnen fehlt dafür das genetische Programm bzw. das Bewusstsein, die Gefahr als solche zu erkennen. Es ist bisher auch nicht abschließend geklärt, ob die Vogeleltern das Küken als „fremd“ betrachten.

Aber selbst wenn den Zieheltern bewusst wäre, dass es sich hier nicht um den eigenen Nachwuchs handelt, müssten sie ihn weiter füttern. Auch dies hat mit ihrem genetischen Programm zu tun. Fast alle Vogelarten besitzen einen sogenannten Fütterungstrieb. Dieser wird von dem weit aufgesperrten Schnabel des Nachwuchses ausgelöst. Sobald das Kuckuckskind den Schnabel öffnet, können die Eltern also nicht anders, als es zu füttern.4

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Brutparasitismus ist eine Überlebensstrategie

Schaut man sich die Größenverhältnisse von den unfreiwilligen Adoptiveltern und dem Kuckuckskind an, wird einem klar, warum das Eliminieren der Konkurrenz im Nest überlebensnotwendig für den Vogel ist. So misst ein ausgewachsener Kuckuck 34 Zentimeter, während eine Grasmücke gerade mal 14 Zentimeter lang wird.

Das Kuckuckskind hat seine Adoptiveltern größentechnisch also bald überholt und die beiden haben alle Schnäbel voll zu tun, das Riesenbaby zu versorgen. Nach menschlichen Maßstäben ist die Lebensweise des Kuckucks ziemlich unsozial und wenig fürsorglich. Doch in der Natur hat jede Art ihre ganz eigene Überlebensstrategie entwickelt.

So ist der Kuckuck nicht der einzige Brutschmarotzer in der Vogelwelt. Der nordamerikanische Kuhvogel etwa legt seine Eier ebenfalls in fremde Nester. Im Gegensatz zum Kuckuck tötet er seine Brutgeschwister jedoch nicht, denn offenbar helfen ihm die anderen Küken beim Betteln um Nahrung. Damit das Meiste im eigenen Schnabel landet, überrumpelt er die anderen Jungtiere im Nest. Das hat zur Folge, dass diese aus Hunger noch lauter schreien und sich die Eltern noch mehr anstrengen bei der Versorgung. Es geht also nicht nur in der heimischen Vogelwelt oft dramatisch zu. 5

Themen Heimische Wildtiere

Quellen

  1. nabu.de, „Kuckuck“ (aufgerufen am 12.09.2024) ↩︎
  2. lbv.de, „Kuckuck“ (aufgerufen am 12.09.2024) ↩︎
  3. sciencefocus.com, „Here’s what made cuckoos the animal kingdom’s biggest jerk“ (aufgerufen am 12.09.2024) ↩︎
  4. naturdetektive.bfn.de, „Kuckuck“ (aufgerufen am 12.09.2024) ↩︎
  5. deutschlandfunk.de, „Im geteilten Nest wächst es sich besser“ (aufgerufen am 12.09.2024) ↩︎
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