12. Juni 2024, 14:43 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
Jedes Jahr stürzen sich im Juni auf Helgoland hunderte Küken der Trottellummen vom Brutfelsen in 40 Meter Tiefe. Was wie ein tödliches Unterfangen aussieht, gehört zum Erwachsenwerden der Vögel dazu. PETBOOK verrät, was hinter dem Phänomen des sogenannten Lummensprungs steckt und warum die Tiere diesen in der Regel unbeschadet überstehen.
Jedes Jahr zieht der sogenannte Lummensprung Touristen nach Helgoland – genauer gesagt zum Lummenfelsen. Denn dies ist der einzige Ort in Deutschland, an dem Trottellummen brüten. Die Vögel verbringe ein Großteil ihres Lebens im Meer, errichten ihre Gelege aber an Land. Da gibt es nur ein Problem: Der Brutplatz liegt meist zig Meter über der Wasseroberfläche. Sobald die Jungen drei Wochen alt sind, müssen sie sich daher vom Felsen hinab ins Meer stürzen, um weiter von ihren Eltern versorgt zu werden. Allerdings können sie zu diesem Zeitpunkt noch nicht fliegen.
Was sind Trottellummen?
Farblich erinnern Trottellummen an Pinguine. Tatsächlich gehören sie aber zu den sogenannten Alkvögeln, zu denen auch der Papageientaucher zählt. Die Vögel verbringen einen Großteil ihres Lebens im Meer. Dort ernähren sie sich überwiegend von Schwarmfischen, die sie in Tauchgängen erbeuten. Sie sind also auf ein Leben als Schwimmer und Flieger angepasst. 1
Laufen gehört nicht zu den Stärken der Trottellumme und brachte den Tieren wahrscheinlich auch ihren Namen ein. Denn die Vögel wirken bei der Fortbewegung auf dem Land etwas „trottelig“. Das hängt unter anderem damit zusammen, dass sie im Gegensatz zu anderen Meeresvögeln nicht auf ihren Zehen, sondern auf den Fußwurzeln laufen.2
Im Frühjahr beginnt die Brutzeit der Trottellummen. Dafür suchen sich die Vögel bevorzugt steile Felsen aus. Ihre Kolonien finden sich vor allem dort, wo warme und kalte Meeresströmungen aufeinandertreffen. In Deutschland brüten die Vögel nur auf dem Lummenfelsen, der sich am westlichen Felsrand von Helgoland befindet.
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Küken stürzen sich in bis zu 40 Meter Tiefe
Die Kindheit einer Trottellumme ist wortwörtlich ein Leben am Abgrund. Von dem Tag an, an dem die Küken schlüpfen, stehen sie in ständiger Gefahr von den steilen Felsen, auf denen die Altvögel bevorzugt brüten, zu stürzen. Zum Glück hält sie ihr angeborener Instinkt davon ab, denn die Küken bewegen sich automatisch vom Licht weg und suchen so immer die Nähe zur Felswand.
Dies ändert sich jedoch, wenn die Jungvögel etwa drei Wochen alt sind. Zu diesem Zeitpunkt beginnen die Tiere, sich zum Meer hin zu orientieren, denn um ihr Leben als Vogel auf dem Meer zu beginnen, müssen sie einen Sprung von bis zu 40 Meter in die Tiefe wagen. Nicht allen Küken fällt dies leicht. So sollen einige Tiere tagelang immer wieder Anläufe unternehmen, bis sie sich endlich „trauen“.3
Meist begleitet ein Altvogel den Sprung im Flug. Im Meer angekommen werden die Jungvögel noch bis zu 70 Tage von ihren Eltern versorgt, bis sie selbstständig sind. Das erledigt übrigens meist der Vater. 4
Können sich die Küken beim Lummensprung verletzen?
Der Lummensprung gehört zum Erwachsenwerden der Trottellumme dazu. Die meisten Tiere landen dabei im Wasser. Doch selbst, wenn die Küken auf den steinigen Strand aufprallen, schützt sie ihre Fettschicht vor größeren Verletzungen. Zudem ist der Knochenbau der Tiere leicht, was die Härte ihres Aufpralls verringert.
Ein ähnliches Phänomen kennt man auch von Entenküken, die in der Regel Stürze aus mehreren Metern Höhe überleben können, wenn Mama-Ente sich für einen hoch gelegenen Brutplatz, etwa auf einem Dachgarten, entscheidet und die Zeit gekommen ist, mit der Familie in den Teich zu ziehen.
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Wann findet der Lummensprung statt?
Die Trottellummen beginnen in der Regel ab Mai Eier zu legen. Die Küken wagen in einem Alter von drei Wochen den Sprung in die Tiefe – bevorzugt in der Dämmerung. Wer das Spektakel live erleben möchte, sollte also Anfang oder Mitte Juni die Insel besuchen.
Doch zarte Gemüter seien gewarnt: Auch wenn der Lummensprung zum natürlichen Verhalten der Meeresvögel gehört, sterben auch etliche Jungvögel bei dem Versuch. Es gibt also nicht immer ein Happy End.