
10. Februar 2025, 14:05 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten
Der Mantis-Shrimp, auch Clown-Fangschreckenkrebs genannt, ist nicht nur optisch eine Augenweide. Das Krebstier der Superlative hat auch den härtesten Schlag im Tierreich, mit dem er Muschelschalen zertrümmert und Aquariumsscheiben sprengt. Wie er dabei selbst nicht zu Schaden kommt, enthüllt eine Studie.
Auch wenn dieser Krebs auf den ersten Blick eher interessant als brutal aussieht, sollten Aquarianer sich eher vorsehen, den Mantis-Shrimp in ihr Becken zu holen. Denn dieser Krebs hat den härtesten Schlag im Tierreich und kann das Glas im Aquarium sogar bersten lassen. Seine spezielle Jagdtechnik beruht auf blitzschnellen „Faustschlägen“, die durch elastische Strukturen in den Keulen ausgelöst werden. Doch während das Ziel – oft Muscheln oder Krebse – dem massiven Aufprall nicht standhalten kann, bleibt die Keule des Fangschreckenkrebses intakt. Wie das funktioniert, haben Studien untersucht.
Härtester Schlag der Welt
Dass der Mantis-Shrimp den härtesten Schlag der Welt hat, zertifiziert ihm sogar das Guinnessbuch der Rekorde. Denn er ist der Schrecken der Gezeitenbecken und Flachwasserriffe. Odontodactylus scyllarus, wie er mit wissenschaftlichen Namen heißt, kommt vor allem im Pazifik und Indischen Ozean vor – und verteidigt dort aggressiv sein Revier. Gnadenlos macht er Jagd auf Beute in Schalen und Krustentierpanzern. Dazu benutzt er die sogenannte Daktyluskeule, die sich an seinen Vorderbeinen befindet.
Wissenschaftler der Northwestern University haben nun untersucht, wie genau diese erstaunliche Widerstandsfähigkeit der Keule zustande kommt. Ihre Ergebnisse zeigen, dass sie eine einzigartige Struktur besitzt, die gezielt bestimmte Stresswellen herausfiltert. Dies schützt das Tier nicht nur vor selbst erzeugten Erschütterungen, sondern könnte auch als Vorlage für neue, stoßresistente Materialien dienen.
Fischgrätmuster auch beim Mantis-Shrimp beliebt
Das sogenannte Fischgrätmuster kennen viele eher von Parkett, allerdings scheint es auch beim Mantis-Shrimp beliebt zu sein. Bei dem Tier ist dabei aber eine mechanische Verstärkung seiner Keule mit mineralischen Fasern in der Schlagregion gemeint. Mit dieser Isolierung sorgt er dafür, dass seine Keule durch die immense Kraftanstrengung keine Risse bekommt. In der hinteren Region seiner „Faust“ sind eher korkenzieherartige Strukturen zu finden, welche das empfindliche innere Gewebe des Krebses schützen.
Mehrere Studien haben diese Keule auch zuvor bereits untersucht, und sie in einer Untersuchung von 2012 mit einem biologischen Hammer verglichen. Die mikromechanischen Vorgänge in den verschiedenen Bereichen der Klaue wurden genauer analysiert. Dabei zeigte sich, dass der Mantis-Shrimp seinen bis zu 80 km/h schnellen Schlag durch Elektronenkonzentration auslöst. 1
Dazu nutzt er einen geschickten Mechanismus, mit dem er Calcium, Phosphat, sowie Kohlenstoff und Magnesium kombiniert. Treffen diese Stoffe aufeinander, gibt es nicht nur eine physikalische, sondern auch eine chemische Reaktion. Während er mit einer Kraft, die 100-mal größer ist als die seines Körpers, zuschlägt, entstehen sogar kleine Lichtblitze und eine Gasblase implodiert durch Unterdruck.2 Den Titel in der Kategorie „Stärkster Schlag eines Tieres mit eigener Kraft“ im Guinessbuch hat er sich also redlich verdient.
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Die wohl besten Augen des Tierreichs
Ein weiterer Rekord, den der Mantis-Shrimp wahrscheinlich erhalten würde, wäre der für „die besten Augen des Tierreichs“. Während der Mensch in seinem Auge die Fotorezeptoren für die Farben, Blau, Rot und Gelb hat, sehen viele Tiere die Welt tatsächlich „mit anderen Augen“. Hunde zum Beispiel haben Fotorezeptoren für Blau und Grün, Bienen sehen sogar ultraviolette Lichtstrahlen und polarisiertes Licht aus Sonnenstrahlen.
Doch all diese Tiere sind nichts gegen den Mantis-Shrimp – denn er nennt ganze 16 verschiedene Fotorezeptoren sein Eigen! Damit kann er sogar kreisendes, polarisiertes Licht sehen, dass wir uns nicht einmal vorstellen können. Nicht nur besteht sein Auge aus 10.000 kleinen Linsen, auch die Bänder und Härchen, die sie in Position halten, sind zusätzlich mit Sehzellen bestückt.
Doch warum der Mantis-Shrimp die wohl besten Augen im Tierreich hat, ist noch ungeklärt. Eine Theorie ist, dass die Krebstiere untereinander durch Lichtreflexe kommunizieren, die nur sie sehen können. Dazu bewegen sie ihren bunten Körper, um kreisendes, reflektiertes Licht auf ihrem Panzer zu erzeugen. Quasi wie eine Art „Geheimsprache“, um Artgenossen Dinge mitzuteilen. Auch bei der Brautwerbung setzen die Shrimp bestimmte Bereiche in Szene. Diese könnten für Weibchen der Spezies ganz besonders aussehen und dem sie umgarnenden Männchen einen Vorteil bei der Paarung verschaffen.3,4
Mantis-Shrimp hat „Mund“ an den Füßen
Eine weitere Besonderheit des Mantis-Shrimps findet sich in seinem Gattungsnamen Stomatopoda, den Mundfüßern. Denn im Gegensatz zu vielen anderen Meerestieren sitzen bei ihnen die Kiemen, mit denen sie sich ernähren, nicht auf dem Brustkorb oder in der Nähe der Flossen. Ihre Stoffwechselorgane tragen sie stattdessen an den Fortsätzen und Füßen.
Auch gibt es außer dem Clown-Fanschreckenkrebs noch mindestens 390 weitere Arten in dieser Tiergattung. Allerdings haben nicht alle davon einen so harten Schlag drauf – wehrhaft bleiben sie trotzdem. Sie werden in Schmetterer und Speerer aufgeteilt, welche mit dornenförmigen Widerhaken Jagd auf kleinere Krebstiere und Fische machen. Je nach Art werden sie 2 bis 30 Zentimeter lang.

Zwerggarnele (Neocaridina davidi)

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Grüner Kugelfisch
Kann man den Mantis-Shrimp im Aquarium halten?
Aufgrund seiner bunten Optik sind auch Aquarianer darauf gekommen, den Mantis-Shrimp in einem Becken halten zu wollen. In manchen Meerwasseraquarien landen sie sogar eher zufällig, weil sie als Beifang bei anderen Krebstieren im Netz gelandet sind oder sich in Lebendgestein aufhalten, das zum Riffbau im Becken genutzt wird.
Allerdings gibt es einiges zu beachten, wenn man den Shrimp mit dem härtesten Schlag halten möchte. Denn er ist nicht nur aggressiv gegenüber anderen Beckenbewohnern, er macht auch vor menschlichen Fingern nicht halt. In einem Beitrag von „Deutschlandfunk Nova“ berichtet ein Vertreter des Aquariums in Berlin von Fingerverletzungen durch Mantis-Shrimps, die zur Amputation der Gliedmaßen geführt haben. Auch kann der harte Schlag gewöhnliches Aquarienglas tatsächlich zum Platzen bringen.
Zudem wird der Mantis-Shrimp nicht in Gefangenschaft gezüchtet, sondern direkt aus dem Meer entnommen und in vielen Fällen gewildert. Auch wenn er faszinierend anzuschauen ist, sollte er doch eher in seinem ohnehin schon bedrohten Ökosystem verbleiben dürfen und weiter erforscht werden.