
11. März 2025, 8:59 Uhr | Lesezeit: 6 Minuten
Der Megalodon – der größte Hai, der jemals existierte – fasziniert Forscher und Laien gleichermaßen. Doch wie sah dieser Urzeit-Riese wirklich aus? Eine neue Studie hat die Körperform, Größe, das Gewicht und sogar die Schwimmgeschwindigkeit von Otodus megalodon neu bewertet.
Der Megalodon (Otodus megalodon), ein gigantischer Raubfisch, ist vor allem durch seine riesigen Zähne bekannt. Vielen jagt die Vorstellung, dass dieser riesige Hai einst auf unserem Planeten lebte (oder sich in den Tiefen des Meeres noch immer verstecken könnte), Schauer über den Rücken. Doch nicht nur deshalb sind viele vom Megalodon fasziniert. Doch wie groß dieser bemerkenswerte Fisch werden konnte, kann nur anhand seiner Zähne geschätzt werden. Denn als Knorpelfisch gibt es von ihm kaum Fossilfunde.
Trotz intensiver Forschung bleiben also noch immer viele Fragen zu seiner genauen Körperform, Fortbewegung und Lebensweise unbeantwortet. Frühere Studien schätzten seine Größe meist auf bis zu 20 Meter, basierend auf Zähnen, die mit denen des Weißen Hais verglichen wurden – und auch das Bild, das vom Megalodon gezeichnet wurde, maßgeblich beeinflusst haben.
War der Megalodon ein überdimensionierter Weißer Hai?
Wie sah der Urzeit-Riese Megalodon wirklich aus? Diese Frage ist gar nicht so leicht zu beantworten, denn da er der Familie der Knorpelfische angehörte, gibt es kaum fossile Überreste, die erhalten geblieben sind. Denn die meisten Überreste, im Gegensatz zu denen von Knochenfischen, lösen sich über die Zeit auf. Normalerweise bleiben nur die Zähne der Tiere zurück.
Was man jedoch weiß, ist, dass der Megalodon etwa vor 10 bis 3,6 Millionen Jahren lebte. Wer sich also fürchtet, dass dieser riesige Hai sich auch heute noch in den Tiefen der Meere aufhält, darf erleichtert aufatmen. Vermutlich war er ein Spitzenprädator, also ein Beutegreifer, der keine natürlichen Feinde hatte und stattdessen Jagd auf andere Tiere machte. Man geht davon aus, dass er sich von großen Tieren wie Walen, Fischen, Schildkröten und Seekühen ernährte. Diese zerfetzte er wahrscheinlich mit seinen Reißzähnen und schluckte seine Beute in etwas kleineren Stücken herunter.
Fossile Zahnfunde gab es fast überall außer in der Antarktis, was auf eine globale Verbreitung von Megalodon hindeutet. Diese Zähne ermöglichen auch eine ungefähre Größeneinordnung. Denn sie werden häufig mit den viel kleineren, aber der Form nach ähnlichen, Reißwerkzeugen von Weißen Haien verglichen. Allerdings hat dies die Wissenschaft wohl auch lange in die Irre geführt. Denn man ging bei Megalodon von etwa einem dreimal so großen Modell eines Weißen Hais in Form, Größe und Verhalten aus. Allerdings scheint dies wohl ein Trugschluss gewesen zu sein.
Forscher untersuchen 165 Haiarten auf Ähnlichkeit zu Megalodon
Paläontologe Kenshu Shimada von der DePaul University in den USA und seine Kollegen haben Körperform, Größe, Gewicht und sogar Schwimmgeschwindigkeit von Megalodon neu bewertet. Die Forscher analysierten daher die Proportionen von seltenen Wirbelsäulenabschnitten, Schädeln und Schwanzflossen heutiger sowie ausgestorbener Haie.
Besonders wichtig war dabei ein fossiles Wirbelexemplar aus Belgien, das eine erhaltene Wirbelsäulenlänge von 11,1 Metern aufweist. Zudem wurde ein weiteres, noch größeres Wirbelexemplar aus Dänemark mit einem Durchmesser von 23 cm berücksichtigt. Absolute Glücksfunde, die endlich mehr über Megalodon erahnen lassen.
Durch den Vergleich mit anderen Haien wurde überprüft, ob der Megalodon tatsächlich die gedrungene Form eines Weißen Hais hatte oder ob er eher einer schlankeren Art ähnelte. Auch die potenzielle Auswirkung einer schlankeren Körperform auf Schwimmgeschwindigkeit und Energieeffizienz wurde untersucht.
Die Studie berücksichtigte die Proportionen von insgesamt 165 Haiarten aus zehn verschiedenen Ordnungen, darunter ausgestorbene und rezente Arten. Dabei wurden Schädel-, Körper- und Schwanzflossenlängen verglichen, um eine realistischere Rekonstruktion der Körperform von Megalodon zu ermöglichen.
Megalodon als grazile Killermaschine?
Die Forscher führten eine Clusteranalyse durch, um zu bestimmen, welche Haiarten in ihren Körperproportionen dem Megalodon am ähnlichsten waren. Zudem wurden hydrodynamische Berechnungen durchgeführt, um die Effizienz der Fortbewegung zu bewerten. Für die Schätzung des Körpergewichts wurde ein 3D-Modell basierend auf der vermuteten Körperform erstellt. Zudem wurden die Wachstumsmuster der Wirbel untersucht, um Rückschlüsse auf das Wachstum, das Geburtsgewicht und die maximale Lebensdauer zu ziehen.
Die Analyse ergab, dass Otodus megalodon höchstwahrscheinlich nicht die gedrungene Körperform eines Weißen Hais hatte, sondern deutlich schlanker war. Basierend auf der Wirbelsäulenlänge der beiden Funde und den ermittelten Körperproportionen wurde die Gesamtlänge dieses Exemplars auf etwa 16,4 Meter geschätzt. Das größere Wirbelexemplar aus Dänemark deutet sogar auf eine maximale Körperlänge von bis zu 24,3 Metern hin.
Die Berechnungen zum Körpergewicht ergaben, dass ein 16,4 Meter langer Megalodon etwa 30 Tonnen wog, während ein 24,3 Meter langes Exemplar bis zu 94 Tonnen erreichen konnte. Diese Werte liegen höher als frühere Schätzungen, die von maximal 20,3 Metern ausgingen, aber einem Gewicht von bis zu 103 Tonnen.
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Auch die Schwimmgeschwindigkeit wurde neu bewertet. Der Megalodon hatte vermutlich eine Durchschnittsgeschwindigkeit von 2,1–3,5 km/h, was ihn um einiges langsamer als heutige Makrelenhaie machte, aber ihm eine hohe Ausdauer verlieh. Zudem ergab die Wachstumsanalyse, dass der Megalodon bereits bei der Geburt etwa 3,6 bis 3,9 Meter lang war – weitaus größer als bisher angenommen.
Die Ergebnisse haben weitreichende Konsequenzen für das Verständnis der Ökologie und Evolution von Otodus megalodon. Die neue Rekonstruktion zeigt, dass der Megalodon wahrscheinlich kein hochagiler Jäger wie der Weiße Hai war, sondern eher auf kraftsparende Langstreckenjagd spezialisiert war.
Die enorme Geburtsgröße von bis zu 3,9 Metern deutet darauf hin, dass die Jungtiere bereits früh eine geringe natürliche Feindzahl hatten. Möglicherweise waren sie sofort in der Lage, große Beute zu jagen. Das widerspricht der bisherigen Annahme, dass sie spezielle Aufzuchtgebiete benötigten.

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Eine weitere wichtige Erkenntnis ist, dass das Erscheinen des Weißen Hais im frühen Pliozän möglicherweise zum Aussterben des Megalodons beitrug. Der Weiße Hai war kleiner, wendiger und könnte effektiver um die Beute konkurriert haben, was den Megalodon in Bedrängnis brachte.
Denn auch wenn der Megalodon mit der größten Beißkraft im Tierreich gesegnet war und mit einer Kraft von bis zu 18 Tonnen sich täglich wohl bis zu einer Tonne an Nahrung sicherte, war der deutlich kleinere Weiße Hai wendiger und schwamm seinem schwerfälligeren Verwandten mit einer Sprint-Geschwindigkeit von bis zu 56 km/h davon.
Der Megalodon war also vermutlich um einiges schlanker als bisher gedacht – und möglicherweise ein langsamerer, aber ausdauernder Jäger. Auch wenn das Modell der Paläontologen viel genauer ist, als alle vorangegangene Megalodon-Forschung sind weitere Funde nötig, um die genauen Dimensionen und die Lebensweise dieses Urzeit-Riesen zu bestimmen. Allerdings liefern die neuen Erkenntnisse schon jetzt wertvolle Einblicke in die Evolution der größten Haie der Erdgeschichte. 1