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Gefährdete Arten

Schützt Radioaktivität Nashörner vor Wilderei? Tierschützer sind skeptisch

Nashorn
Mit der Injektion von radioaktivem Material in das Horn von Nashörnern möchten Forscher der Wilderei entgegenwirken. Foto: Getty Images
Sonja Jordans

27. August 2024, 6:39 Uhr | Lesezeit: 7 Minuten

Um die Wilderei auf Nashörner zu bekämpfen, haben Wissenschaftler sich eine Methode überlegt, um die Tiere radioaktiv zu verstrahlen und somit zu schützen. PETBOOK erklärt, wie die Methode funktioniert und ob es den Tieren schaden kann.

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Wie lassen sich Nashörner am besten vor Wilderern schützen? Forscher der Universität Witwatersrand aus Südafrika haben nun eine Methode entwickelt, bei der den Tieren radioaktives Material injiziert wird. Dadurch soll das Horn der Tiere – die Hauptursache, weswegen Nashörner in dem Land gejagt werden – bei Kontrollen leichter entdeckt und für den illegalen Verkauf unbrauchbar gemacht werden. Doch wie funktioniert die Methode? Kann sie tatsächlich verhindern, dass die Tiere abgeschossen werden? Und ist das radioaktive Mittel nicht schädlich für die Nashörner oder die Menschen, die es ihnen injizieren?  

Wie viele Nashörner gibt es noch? 

Nashörner gehören zu den bedrohten Tierarten. Die derzeit weltweit noch existierenden fünf Arten sind stark gefährdet oder fast ausgerottet. Von den drei in Asien vorkommenden Arten, dem Panzer-, Java- und Sumatra-Nashorn, stehen Java- und Sumatra-Nashorn kurz vor der Ausrottung, wie die Tierschutzorganisation WWF (World Wide Fund For Nature) berichtet. Nur noch wenige Tiere lebten in freier Wildbahn.

Auch das in Afrika beheimatete Spitzmaulnashorn gilt als vom Aussterben bedroht, obgleich sich seine Bestände in den vergangenen Jahren etwas erholt haben sollen. Das ebenfalls in Afrika lebende Breitmaulnashorn kommt noch am häufigsten in freier Wildbahn vor, doch auch dessen Bestände sind wegen Wilderei zurückgegangen, wie der WWF berichtet.1

Im Jahr 2012 lebten noch rund 21.300 Tiere auf dem Kontinent, Ende 2021 nur noch knapp 16.000. Für das Jahr 2022 registrierte man 16.800 Tiere, die minimale Erholung des Bestands dürfte jedoch auch auf die Corona-Pandemie und den damit weltweit eingeschränkten Reiseverkehr verbunden sein, der den Schmuggel von Nashornprodukten schwerer machte.

Vor allem in Afrika werden die Tiere inzwischen wieder stärker illegal bejagt. Zwar stehen sie unter Naturschutz, doch das hält Wilderer nicht davon ab, den Tieren brutal nachzustellen. Südafrika verzeichnet mit rund 15.000 Tiere die höchste Nashornpopulation. Dennoch haben Wilderer im Jahr 2023 dort fast 500 Nashörner getötet.2  

Warum werden Nashörner gewildert?  

Obwohl der Handel offiziell verboten ist, gilt das Horn von Nashörnern vor allem in Asien und in der traditionellen chinesischen Medizin (TCM) als Wundermittel – weswegen man die Tiere auch heute noch wildert. Vietnam und China sind laut Tierschutzorganisationen wie dem WWF Deutschland die Hauptabsatzmärkte für Nashörner und Produkte aus dem Horn. Einzelpersonen schmuggeln das Horn oft per Flugzeug. Nachdem die Zahlen getöteter Tiere vor allem während der Corona-Pandemie rückläufig waren, steigen sie seit 2023 wieder. Statistiken sprechen von rund elf Prozent mehr erlegten Tieren im Vergleich zum Vorjahr.3

Das erbeutete Horn wird auf dem Schwarzmarkt für horrende Summen gehandelt. Laut den Vereinten Nationen wird jedes Jahr Nashorn-Horn im Wert von rund 230 Millionen US-Dollar verkauft. Geschätzt bis zu 60.000 US-Dollar könne ein Kilogramm auf dem Schwarzmarkt einbringen. Verabreicht wird es etwa als Pulver. Getrunken in einem Glas Wein, soll es unter anderem die Potenz stärken und sogar gegen Krebs helfen.

Ein ganzes Horn gilt zudem als Trophäe und Glücksbringer, der dem Besitzer Reichtum und Erfolg sichern soll. Daher sind die Hörner beliebte Geschenke etwa unter Geschäftspartnern. Erwiesen ist nichts davon, doch das hält die meist wohlhabenden Käufer der Nashornprodukte nicht vom Erwerb ab. Allerdings: Das Horn der Tiere besteht lediglich aus Keratin – dem Stoff, aus dem auch menschliche Fingernägel und Hufe von Pferden sind. Und Fingernägel kauen hilft weder gegen Potenzstörungen, noch ist es ein Wundermittel gegen Alltagszipperlein oder gar Krebserkrankungen.  

Auch interessant: Warum die Bezeichnung „Big Five“ für Wildtiere aus Afrika problematisch ist

Andere Schutzversuche bislang wirkungslos 

Um die Tiere zu schützen, haben vor allem südafrikanische Reservate und Parks in der Vergangenheit zu teils drastischen Maßnahmen gegriffen, die den Tieren nicht immer genutzt haben: Mitunter wurde versucht, Gift oder sehr haltbare Farbe auf die Hörner zu bringen, um sie unbrauchbar zu machen. Auch wurden zahlreichen wild lebenden Tieren unter Betäubung die Hörner abgeschnitten. Dann, so hoffte man, würden die Tiere nicht mehr geschossen, denn ein Horn trugen sie ja nicht mehr. Doch nichts half.

Zudem verursachte das Entfernen der Hörner bei den Tieren Probleme. Der Verlust des Horns traumatisierte sie offenbar, wie Beobachtungen gezeigt haben. Vor allem Spitzmaulnashörner sollen sich danach weniger bewegt und nicht mehr so intensiv mit Artgenossen interagiert haben. Zudem muss die Prozedur regelmäßig wiederholt werden, denn das Horn wächst wie ein menschlicher Fingernagel immer wieder nach. Für die Tiere bedeutete das, dass sie in regelmäßigen Abständen erneut gesucht, betäubt und ihres Horns beraubt werden mussten. Für Mensch und Nashorn kein angenehmes Unterfangen. Auch habe sich bei den Eingriffen nicht das gesamte Horn entfernen lassen. Lediglich der Teil, in dem keine Nerven verlaufen, konnte abgetrennt werden. Für Wilderer würden die verbliebenen Stümpfe also immer noch ausreichen – die Gefahr, dass sie Nashörner töten, um den Horn-Rest zu erbeuten, war dadurch nicht gebannt. 

Mit Radioaktivität gegen Wilderei 

Kernforscher der Universität Witwatersrand aus Südafrika, die sich von Berufs wegen mit Radioaktivität beschäftigen, möchten es Wilderern nun mithilfe einer neuen Methode nahezu unmöglich machen, Horn und Produkte daraus außer Landes zu schaffen. Mithilfe einer radioaktiven Substanz soll die Jagd auf die Tiere unterbunden werden und der Handel mit Horn zum Erliegen kommen.

Dazu werden Nashörnern über ein winziges, unter Betäubung in das Horn gebohrte Loch eine Art Chips mit radioaktivem Material injiziert. Anschließend wird das Loch wieder sorgfältig verschlossen. Das radioaktive Material verbleibt im Horn. Der Clou: Die injizierte Substanz lasse sich laut den Wissenschaftlern aus Johannesburg leicht an Flughäfen und Häfen erkennen.4

Denn weltweit gebe es vor allem an Flug- und Seehäfen rund 11.000 spezielle Detektoren, die radioaktive Strahlung erkennen können. Eingesetzt werden sie bislang, um den Schmuggel mit nuklearem Material aufzudecken und zu verhindern. Die Idee der südafrikanischen Kernforscher zum Nashornschutz zielt auf dieselben Mechanismen ab: Mit radioaktivem Material versetzte Nashorn-Hörner ließen sich ihrer Ansicht nach ebenso leicht auffinden, sollten sie geschmuggelt werden.

Zudem werde das Horn durch die Radioaktivität unbrauchbar für den menschlichen Verzehr, wie einer der Beteiligten Forscher in einem Interview mit dem Rundfunksender „Deutsche Welle“ betonte. Dabei greife auch das Prinzip der Abschreckung: Allein der Begriff Radioaktivität verunsichere die Menschen bereits derart, dass sie sich lieber fernhielten, so ein weiteres Mitglied der Forschergruppe. Ein radioaktives Horn wolle sich sicher niemand als Trophäe aufstellen, glauben die Wissenschaftler.

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Radioaktivität angeblich harmlos für Nashörner 

Die Radioaktivität des injizierten Materials sei dennoch so schwach, dass sie Nashörnern und Umwelt nicht schade, versichern die Kernforscher der Witwatersrand-Universität. Sie wirke sich „in keiner Weise negativ auf die Tiere aus“, betonte ein Mitglied des Rhisotope Project genannten Teams gegenüber der „Deutschen Welle“. Das hätten die zurückliegenden zwei Jahre Forschung gezeigt. Dennoch sei die Strahlung stark genug, dass Hörner bei Kontrollen an Flug- und Seehäfen erkannt würden und die Produkte für den menschlichen Gebrauch „völlig unbrauchbar“ seien. Zudem müsse das Material lediglich alle fünf Jahre erneuert werden, wie es heißt.

Kritiker führen jedoch an, dass auch niedrige radioaktive Strahlung für Tiere und Menschen gefährlich ist. Die Organisation Pro Wildlife etwa hält die Radioaktivität für noch bedenklicher als die Versuche, Horn mit Farbe oder Gift unbrauchbar zu machen. Langzeitstudien über die Auswirkungen der Chips fehlen tatsächlich, dafür laufen die Untersuchungen zu dem Projekt noch nicht lange genug. Dennoch sind inzwischen 20 Nashörner mit den radioaktiven Chips ausgestattet worden. Sie sollen nun sechs Monate beobachtet werden, ob sie Reaktionen zeigen. Bleiben diese aus, möchten die Wissenschaftler weitere Nashörner mit dem strahlenden Material ausstatten.5

Zudem sollen dann auch andere, durch Wilderei und Schmuggel bedrohte Tierarten von der Methode profitieren, darunter Elefanten und die ebenfalls in Asien beliebten, selten gewordenen Schuppentiere (Pangolin). Ob die Methode tatsächlich Wilderer abhält, wird sich ebenfalls erst noch zeigen müssen. Kritik kommt etwa von der südafrikanischen Private Rhino Owners Association. Dort ist man davon überzeugt, dass Wilderer längst andere Wege nutzten, um Horn außer Landes zu bringen. Sie mieden klassische Grenzübergänge, weil sie wüssten, dass dort das Risiko einer Beschlagnahme am größten sei. 

Quellen

  1. blog.wwf.de, „Nashörner: Fakten, die Du (ziemlich sicher) nicht kennst“ (aufgerufen am 27.08.2024) ↩︎
  2. wwf.de, „Nashorn-Wilderei: Der Kampf um die verbleibenden Rhinos“ (aufgerufen am 27.08.2024) ↩︎
  3. wwf.de, „Afrikanische Nashörner – Fakten über die bedrohten Riesen“ (aufgerufen am 27.08.2024) ↩︎
  4. dw.com, „Achtung Strahlung: Warum manche Nashörner radioaktiv sind“ (aufgerufen am 27.08.2024) ↩︎
  5. deutschlandfunk.de, „Mit Radioaktivität gegen Nashorn-Wilderei“ (aufgerufen am 27.08.2024) ↩︎
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