1. August 2024, 13:54 Uhr | Lesezeit: 6 Minuten
Geht man nach den häufigsten Suchanfragen im Internet, ist das Quokka beliebter als Tiger, Löwen oder Elefanten. Denn die niedlichen Beuteltiere haben in den letzten Jahren durch Selfie-Tourismus viele Fans gewonnen. Aber was weiß man über die vermeintlich „fröhlichsten Tiere der Welt“ eigentlich? PETBOOK präsentiert Fakten über das Quokka, die Sie garantiert noch nicht kannten.
Wenige Tiere sind so beliebt wie das Quokka. Wohl unfreiwillig bekannt wurden die kultigen Beuteltiere, als plötzlich viele Touristen auf ihre Insel vor dem australischen Festland kamen und mit ihnen ein Selfie machen wollten. Denn Quokkas sehen so aus, als ob sie einfach immer glücklich wären. Doch, stimmt das eigentlich?
Lächeln Quokkas wirklich immer?
Seit dem Jahr 2012 kursieren immer wieder sogenannte Quokka-Selfies im Internet. Auf Instagram allein finden sich 55.000 Einträge (Stand 1. August 2024). Wenn man jedoch nach #quokkaselfie sucht, bekommt man zunächst eine Warnung angezeigt, die besagt, man sollte Wildtiere schützen – nicht fotografieren. „Sie suchen nach einem Thema, das mit Posts in Verbindung gebracht werden kann, die schädliches Verhalten gegenüber Tieren oder der Umwelt fördern“, heißt es in der Warnung bei Instagram dazu.
Viele träumen vom perfekten Selbstporträt mit Quokka. Daher wurden auf Rottnest Island an der Westküste Australiens bereits offizielle Regeln aufgestellt, wie man sich den Wildtieren gegenüber am besten verhält. Es ist zum Beispiel unter Strafe gestellt, sie zu füttern, anzufassen oder sie von der Insel zu entfernen. Auch ob Quokkas (Setonix brachyurus) wirklich immer so glücklich sind, wie sie auf den Urlaubsselfies aussehen, ist fraglich. Denn die Tiere sehen für das menschliche Auge aufgrund der großen, kindlich wirkenden Augen und dem scheinbar breiten Lächeln sehr niedlich aus. Zudem sitzen sie gern aufrecht wie ein Teddybär und sind nicht besonders scheu, wenn sie auf Menschen treffen.
Allerdings kann man mit ziemlicher Sicherheit sagen, dass Quokkas nicht dauernd grinsen. Diesen Eindruck erwecken sie nur durch ihre Zahnstruktur. Das Beuteltier hat davon nämlich relativ viele, die genau an ihre pflanzliche Nahrung angepasst sind. Die langen Schneidezähne, die immer weiter nachwachsen, sind relativ weit vorn im Kiefer, wodurch sich ihre Lippen scheinbar zu einem ewigen Grinsen wölben. Allerdings hat das Quokka auch noch Backenzähne, mit denen es die rauen Pflanzenfasern zerkleinert, die es in seiner Heimat findet – oder sich auch gegen übergriffige Urlauber zur Wehr setzt.
Quokkas opfern ihre Babys, um sich selbst zu retten
Eine bemerkenswerte Fähigkeit von Quokkas, über die viele Fans nicht Bescheid wissen, ist ihre Fortpflanzung. Ein weibliches Quokka gebiert ihr Junges – das bei ihnen ebenso wie bei Kängurus Joey heißt – und paart sich direkt danach erneut. Zu diesem Zeitpunkt ist das unreife Joey nämlich in den Beutel geklettert und wächst dort weiter heran. In der Gebärmutter entsteht ein zweites Jungtier und bleibt dort eine Zeit lang als befruchteter Embryo erhalten. Praktisch in einer Stase, in der seine weitere Entwicklung blockiert wird.
Der Grund für diese evolutionäre Anpassung ist folgender: Quokka-Mütter opfern ihre Babys, wenn sie Fressfeinden begegnen. Sie legen ihr Junges auf den Boden, um das gefährliche Tier abzulenken, und suchen dann selbst schnell das Weite. Anschließend beginnen sie direkt damit, den Embryo, den sie in sich tragen, weiterzuentwickeln. Weil sie also praktisch immer „Nachschub“ haben, gehen Quokka-Mütter nicht besonders zimperlich mit ihrem Joey um.
Wird das bereits geborene Jungtier jedoch erwachsen, wird der befruchtete Embryo nicht mehr benötigt und entsprechend abgestoßen. Metaphorisch sollte man also wahrscheinlich nicht von „Raben-Müttern“, sondern eher über die rücksichtslose Ader der Quokka-Mütter sprechen. Tatsächlich ist dieses Phänomen aber auch ziemlich effektiv. Quokkas können praktisch direkt wieder Nachwuchs bekommen, sodass die Population durch den Tod eines Jungtieres nicht gefährdet wird.
Sind Quokkas mit Ratten oder Wombats verwandt?
Die Aufregung über Quokkas ist zudem kein Phänomen der Neuzeit. Bereits 1658, als niederländische Seefahrer Australien erkundeten, waren sie mit Quokkas konfrontiert. Willem de Vlamingh, der eine Expedition leitete, war sich damals sicher, katzengroße Ratten vor sich zu haben und benannte die Heimatinsel der Quokkas „Rotte nest“, auf Deutsch „Rattennest“, was im Englischen zu Rottness Island wurde.
Schon allein durch die isolierte Entwicklung der Beuteltiere ist eine Verwandtschaft mit Ratten allerdings praktisch auszuschließen. Die Ureinwohner Australiens nennen die Quokka-Insel übrigens Wadjemup, was soviel bedeutet wie: „Platz über dem Wasser, wo die Naturgeister sind“ – und eindeutig schöner klingt.
Hartnäckig hält sich auch das Gerücht, die kleinen Beuteltiere seien aufgrund ihrer relativen geografischen Nähe und ihrer runden Form mit Wombats verwandt. Zwar sind beide Beuteltiere, doch Quokkas zählen zu den Wallabys und sind daher näher mit dem Känguru verwandt. Sie werden zudem auch passend als Kurzschwanzkänguru bezeichnet.
Hilft der Selfie-Tourismus dem Artenschutz?
Das Quokka ist eine bedrohte Tierart. Schätzungen zufolge gibt es höchstens noch 14.000 auf Rottness Island und dem nahe gelegenen Festland. Gerade dort leiden die Quokkas unter Habitatsverlusten, Füchsen und Katzen sowie fortschreitender Isolation der Populationen. 2016 konnte jedoch in einer Studie bewiesen werden, dass es den Quokkas besonders in den trockenen Sommermonaten auf Rottness Island durch den Tourismus tatsächlich etwas besser geht.
Diese Erkenntnis gewannen die Forscher durch den allgemeinen Gesundheitszustand der Tiere und die Dicke ihrer Schwänze, in denen sich Fettzellen als Notvorrat ablagern. Zudem zeigte sich auch eine erhöhte Überlebenschance der Joeys.1
Allerdings gibt es auch bedenkliche Entwicklungen, deren Auswirkungen noch nicht abgeschätzt werden können. Denn die Quokkas auf Rottness Island haben sich innerhalb weniger Jahre an die Zeiten angepasst, zu denen Menschen auf die Insel kommen. Eigentlich sind sie nachtaktiv und suchen sich erst, wenn es kühler ist, ihr Futter. Dabei ernähren sie sich vor allem von rauen Pflanzen, inklusive Blättern, Rinde und Wurzeln, die Energie und Wasser liefern. So können sie auch während Dürren monatelang ihren Flüssigkeitsbedarf decken.
Werden die zutraulichen Tiere jedoch mit ungeeignetem Futter oder Resten versorgt, können sie tatsächlich sogar unter Wassermangel leiden und ihr Stoffwechsel nachhaltig gestört werden. Dieses Phänomen wird zusätzlich dadurch verstärkt, dass sie nun verstärkt der australischen Hitze des Tages ausgesetzt sind. Zudem wurden bei ihnen 2020 Infektionen mit Salmonellen- und Chlamydien nachgewiesen. Diese wurden vermutlich durch den Kontakt mit Menschen übertragen.2
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Kann man ein Quokka als Haustier halten?
Entsprechend ist die Beliebtheit des Beuteltiers wohl von zwei Seiten zu betrachten und nur die Zeit wird zeigen, ob sie der Erhaltung der Art nachhaltig helfen wird oder nicht. Allerdings häufen sich durch die Popularität der Tiere auch Anfragen, eines zu kaufen und der Wunsch, es als Haustier zu halten, obwohl die Tiere stark auf ihr Habitat und die sie umgebenden Pflanzen spezialisiert sind.
Glücklicherweise sind Quokkas nicht nur durch das Internationale Artenschutzabkommen CITES, sondern von der australischen Regierung unter Schutz gestellt worden. Demnach ist es verboten, ein Quokka zu füttern, anzufassen oder die Wildtiere anderweitig zu behindern. Dafür werden Strafen von bis zu 10.000 Australischen Dollar (6052 Euro) verhängt.