4. Februar 2023, 14:43 Uhr | Lesezeit: 3 Minuten
Nur eine Handvoll Luchse leben in Thüringen. Dabei sehen Experten im Freistaat Thüringen das Potenzial für bis zu 100 der vom Aussterben bedrohten Tiere. Mit dem Projekt „Luchs-Wald“ will der Nabu Rückzugsorte schaffen.
Über 200 Jahre alte Buchen, Eichen und Berg-Ahorne, dazwischen undurchdringliches Dickicht. „Im Sommer sieht es hier aus wie in Südamerika im Dschungel“, sagt Silvester Tamás vom Naturschutzbund Nabu Thüringen über das Areal in Großlöbichau bei Jena. Das Gebiet wurde am 30. Januar als „Luchs-Wald“ ausgezeichnet und sei mit einer Fläche von rund sieben Hektar sei das Waldgebiet zwar als Lebensraum zu klein für die vom Aussterben bedrohten Wildkatzen, erklärt Tamás. Unberührte Flächen wie diese könnten jedoch als Rückzugsorte für die Tiere dienen und seien damit ein wichtiger Baustein für die Rückkehr der Luchse nach Thüringen.
Genug Platz für 100 Luchse
„Der Nabu hat sich das große Ziel gesetzt, dem Luchs in Deutschland auf die Sprünge zu helfen“, erklärt Tamás. Derzeit leben schätzungsweise nur eine Handvoll Exemplare in Thüringen. Das Potenzial im Freistaat – mit Thüringer Wald, Schiefergebirge und dem grünen Korridor über dem Saaletal – sei aber groß, erklärt der Projektkoordinator: „Wir haben Platz für 90 bis 100 Luchse.“
Durch die zentrale Lage in Deutschland und Europa sei Thüringen „ein wichtiger Verkehrsknotenpunkt der mitteleuropäischen Luchspopulation“, betont Tamás. Für die derzeit drei in Deutschland lebenden Gruppen im Harz, im Bayerischen Wald und im Pfälzerwald könnte Thüringen nach Einschätzung von Experten eine Schlüsselrolle spielen. Im Harz sei die Luchsdichte mit zwei bis drei Tieren pro 100 Quadratkilometern bereits hoch, sagt der Koordinator. „Den Luchsen wird es dort zu eng – sie wollen nach Thüringen und in andere waldreiche Gegenden.“
Luchse leben als Einzelgänger und brauchen weiträumige Waldgebiete, um ausreichend große Reviere beanspruchen zu können. So kann das Revier eines Männchens bis zu 450 Quadratkilometer umfassen. Einst waren die Großkatzen in Westeuropa weitverbreitet. Durch die gezielte Verfolgung rottete der Mensch die größte Katze Europas fast aus. Auch wenn die Tiere heute unter Schutz stehen und nicht mehr so stark bejagt werden, ist der Luchs durch die Zerstörung des Lebensraumes weiter gefährdet.
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„Luchs-Wald“ soll Lebensräume für Tiere schützen
Neben dem Erhalt unangetasteter Laubmischwälder sieht der Nabu eine wichtige Aufgabe darin, die Öffentlichkeit für den Schutz der Wildkatzen zu sensibilisieren, sagt Tamás: „Viele Tiere sterben, weil sie illegal gejagt werden oder von Jägern eventuell verwechselt worden sind.“
Das am 31. Januar ausgezeichnete Waldstück gehört der Nabu-Stiftung Nationales Naturerbe. Chemikalien gegen Borkenkäfer kommen hier ebenso wenig zum Einsatz wie Kettensägen. Nach einem Areal bei Nordhausen und einem bei der Hohenwartetalsperre handelt es sich um den dritten Standort in Thüringen, der die symbolische Auszeichnung als „Luchs-Wald“ erhält.
Die Naturschützer wollen mit dieser Aktion auch andere Waldbesitzer motivieren, Lebensräume für Tiere zu schützen. „Wir müssen den Mut haben, Natur wieder sich selbst zu überlassen in bestimmten Bereichen“, sagt Tamás. Dies helfe nicht nur dem Luchs, sondern auch anderen scheuen Waldbewohnern wie dem Schwarzstorch.
Mit Material der dpa