27. Juli 2023, 6:18 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
Für Menschen, die Angst vor Spinnen haben, mag es wie ein Horrorszenario klingen: Manche Spinnen können kilometerweit durch die Luft fliegen! Aber wie machen sie das? Schließlich haben sie keine Flügel wie etwa Bienen, Mücken oder Stubenfliegen. PETBOOK geht dem Phänomen der „fliegenden“ Spinnen auf den Grund.
Spinnen sind faszinierende Tiere: Sie sind älter als die Dinosaurier und bevölkern bereits seit rund 380 Millionen Jahren unseren Planeten. Über 46.000 verschiedene Arten gibt es weltweit. Einige von ihnen besitzen eine ganz besondere Fähigkeit: Sie können fliegen! Aber wie machen sie das, so ganz ohne Flügel?
Können manche Spinnen fliegen?
Manche Spinnen können tatsächlich fliegen – oder, genauer gesagt, durch die Luft gleiten. In Deutschland sind es eher kleinere Achtbeiner wie Krabbenspinnen, Wespenspinnen, Kürbisspinnen und Baldachinspinnen, die gelegentlich durch die Luft segeln.
Vor allem im Herbst gehen die Spinnen auf (Flug-)Reisen, um vor gefräßigen Artgenossen zu fliehen. Denn viele junge Spinnen werden ab einem gewissen Entwicklungsstadium kannibalisch, fressen einander also gegenseitig auf. In anderen Ländern der Erde sind aber auch größere Exemplare in der Luft unterwegs. Sie fliegen davon, um etwa weiter entfernte Lebensräume wie abgelegene Inseln besiedeln zu können.
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Wie können Spinnen fliegen?
Spinnen haben acht Beine, aber keine Flügel. Wie können sie also fliegen? Diese Frage versuchen unter anderem Wissenschaftler der TU Berlin zu beantworten. Sie haben verschiedene Spinnen dabei beobachtet, wie sie auf den höchsten Punkt ihrer Umgebung geklettert sind, etwa auf einen Grashalm, eine Blume oder einen Ast. Dann hebten die Spinnen ein Beinchen – wahrscheinlich, um die Luftströmungen zu prüfen.
Sind die Startbedingungen günstig, schießen die Tiere aus ihren Spinnwarzen am Hinterleib feine Fäden in die Luft. Diese Fäden sind deutlich dünner als jene, aus denen sie ihre Netze weben. Der Wind zieht das Gespinst in die Länge und fächert es auf, sodass eine Art Gleitschirm entsteht. An diesem können die Spinnen dann durch die Luft segeln.
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Wie weit können Spinnen durch die Luft fliegen?
Hierzulande fliegen Spinnen meist nur einige Meter weit – denn das genügt, um hungrigen Artgenossen zu entkommen. Anderswo gibt es allerdings Spinnenarten, die hunderte Kilometer weit und bis zu vier Kilometer hoch fliegen. Forscher der Universität Bristol haben herausgefunden, dass die Tiere dafür nicht nur den Wind nutzen, sondern auch das elektrische Feld der Erde. Denn selbst bei völliger Windstille können die Tiere abheben und davonfliegen. Offenbar ist ihr selbst gewebter Gleitschirm mit abstoßenden elektrostatischen Kräften ausgestattet. Ähnlich wie manche Insekten können wohl auch fliegende Spinnen das elektrische Erdfeld wahrnehmen und dies für ihre Zwecke nutzen.
Die Forschungsergebnisse, die das Flugverhalten der Spinnen erklären sollen, haben durchaus einen praktischen Nutzen. Die Erkenntnisse der Wissenschaftler könnten in Zukunft dabei helfen, die Flugeigenschaften von Flugzeugen oder anderen fliegenden Objekten zu verbessern.
Quellen:
- spektrum.de, „Wie Spinnen fliegen – sogar bei Flaute“ (aufgerufen am: 26.07.2023)
- deutschlandfunk.de, „Wie Spinnen durch die Luft segeln“ (aufgerufen am: 26.07.2023)
- laborpraxis.vogel.de, „Hunderte Kilometer weit: Die erstaunliche Reise „fliegender“ Spinnen“ (aufgerufen am: 26.07.2023)
Faszinierend oder gruselig? Unsere Autorin meint dazu:
„Ganz ehrlich: Ich bin kein großer Spinnenfan. Wenn ich eine Spinne im Badezimmer entdecke, wird sie sofort mit einem Glas und einem Blatt Papier nach draußen befördert. Aber die Tatsache, dass einige kleine Spinnen tatsächlich ihren eigenen ‚fliegenden Teppich‘ spinnen, um damit abzuheben, fasziniert mich schon. Vielleicht werde ich die nächste eingefangene Spinne mal beobachten, sobald ich sie im Garten abgesetzt habe: Hebt sie ihr Bein, um die Strömung zu checken? Fliegt sie an ihrem Mini-Gleitschirm davon?“– Natalie Decker