
15. April 2024, 17:38 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten
Wenn Bienen stechen, bedeutet das für die Insekten den Tod. Das gilt allerdings nicht immer und auch nicht für alle Bienen. PETBOOK-Redakteurin und Biologin Saskia Schneider erklärt, wann Bienen tatsächlich nach dem Stechen sterben und welcher Sinn dahintersteckt.
Fast jeder ist in seinem Leben schon einmal von einer Biene gestochen worden. Mittlerweile ist sogar bekannt, dass dies für die fleißigen Insekten das Todesurteil bedeutet. Das ist allerdings nicht immer der Fall und nicht alle Bienen sterben beim Stechen. So gibt es viele Situationen, in denen die Tiere Vorräte und Nachwuchs vor Feinden verteidigen, ohne gleich dafür ihr Lebe zu lassen. Die Tiere fallen auch nicht sofort tot um, nachdem sie gestochen haben – und das hat einen speziellen Grund.
Warum stechen Bienen?
Sticht eine Biene, tut sie das meist aus einem Grund: Verteidigung. Entweder die ihres eigenen Lebens oder für die des Volkes. Dabei soll der Stich den Angreifer oder Fressfeind dazu bewegen, von seinem Vorhaben abzulassen. Durch einen Stachel allein lassen sich jedoch die wenigsten größeren Tiere überzeugen. Daher ist fast immer auch Gift im Spiel, dessen Hauptaufgabe ist, dem Angreifer Schmerzen zu bereiten.
Welche Bienen stechen?
Wenn wir von Bienen sprechen, meinen wir im Allgemeinen die Westliche Honigbiene (Apis Mellifera). Es gibt aber noch viele andere „wilde“ Verwandte, die ebenfalls einen Stachel besitzen. Allerdings setzen ihn die wenigsten Bienenarten auch zur Verteidigung ein.
Denn mit jedem Stich begibt sich eine Biene auch in Gefahr. Nicht selten reagieren viele Menschen auf den Schmerz, indem sie das stechende Insekt totschlagen. Daher ergibt es nur für solche Bienenarten Sinn, zu stechen, wenn es auch etwas Wertvolles zu verteidigen gibt. Das kann das eigene Leben sein, oder – im Fall von sozial lebenden Insekten wie Bienen und Hummeln – Vorräte und Nachwuchs.
Stechen tun bei den Bienen übrigens nur die Weibchen, denn der Giftstachel hat sich evolutiv aus dem Legestachel entwickelt. Bei vielen Wildbienenarten hat er auch vorrangig die Funktion Eier zu legen, weshalb sie für Menschen völlig ungefährlich sind. Eine potenzielle Stichgefahr geht für Säugetiere eigentlich nur von Honigbienen und Hummeln aus.
Daneben gibt es noch Gruppen, wie die Stachellosen Bienen (Meliponini), die zwar auch sozial leben und Vorräte und Brut anlegen, aber keinen Stachel besitzen. Das bedeutet jedoch nicht, dass diese Insekten nicht wehrhaft sind. Sie setzen ihren Angreifern mit Bissen zu. Diesen Bienen wird man aber höchstens im Urlaub begegnen, denn sie leben in tropischen und einigen subtropischen Regionen.
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Sterben alle Bienen nach einem Stich?
Nicht alle Bienen sterben, wenn sie stechen. Ausschließlich Honigbienen steht dieses Schicksal bevor und das hat mit dem besonderen Aufbau des Stachels zu tun. Dieser ist hohl und spitz wie eine Injektionsnadel und besteht aus zwei Teilen, die auch als Lanzetten bezeichnet werden. Sie besitzen Widerhaken, ähnlich wie eine Harpune.
Wenn eine Biene sticht, bewegen sich die Lanzetten abwechselnd hin und her und bohren sich so ins Fleisch des Angreifers. Allerdings kann die Biene den Stachel dann nicht wieder zurückziehen. Stattdessen reißt sie sich beim Versuch den kompletten Stachelapparat heraus – samt Giftblase und einem Nervenknotenpunkt. Dieser sorgt dafür, dass sich der Stachel weiter ins Fleisch bohrt und Gift aus der Giftblase in den Körper des Angreifers gepumpt wird, selbst wenn die Biene das Weite gesucht hat.1

Zudem werden vom herausgerissenen Stachel Duftstoffe freigesetzt, die den anderen Bienen signalisieren: „Hier ist der Feind!“ Beim Stich wird der Angreifer also nicht nur mit Schmerzen abgeschreckt, sondern auch als Ziel für weitere Attacken markiert. Dies ergibt allerdings nur bei großen Feinden wie Bären – oder auch Menschen – Sinn, die es auf Brut und Honigvorräte abgesehen haben.
Greifen räuberische Insekten wie Wespen oder Hornissen das Volk an, können Bienen diese stechen, ohne den Stachel zu verlieren. Denn Insekten besitzen im Gegensatz zu Säugetieren keine Haut, sondern ein sogenanntes Exoskelett aus Chitin. Dies ist starr, sodass der Stachel der Biene hindurchsticht und nicht hängenbleibt. Daher können Bienen dann tatsächlich auch mehr als einmal stechen.

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Bienen sterben nicht sofort nach dem Stich
Reißt sich eine Biene den Stachelapparat beim Stich heraus, ist das ein recht traumatisches Ereignis. Trotzdem sterben die Tiere nicht sofort. Bereits in den 1950er-Jahren konnte der amerikanische Zoologe M. H. Haydak in einem Experiment nachweisen, dass Honigbienen noch bis zu 114 Stunden – also mehrere Tage – ohne Stachel weiterleben.2
Anders als oft vermutet, verbluten die Tiere nicht, nachdem sie ihren Stachel verlieren. In der Studie konnte Haydak sogar beobachten, dass sich die Wunden am Hinterleib einiger Bienen schlossen. Trotzdem sterben die meisten letztendlich an einer Infektion, da durch so eine große Wunde auch viele Bakterien in den Körper gelangen.
Faszinierend ist auch, dass die Bienen, nachdem sie ihren Stachel verlieren, weiter ihren Aufgaben nachgehen. Vor allem Wächterinnen zeigen auch nach dem Verlust eine erhöhte Aktivität, wie eine US-amerikanische Studie aus dem Jahr 1998 nachweisen konnte.3 Sie attackierten auch ohne Stachel weiter den Feind mit Bissen und Zerren. Selbst danach bleiben viele Wächter im Einsatz und das ergibt biologisch auch Sinn, denn die Bienen würden nach ein paar Tagen ohnehin sterben – sie haben also nichts mehr zu verlieren und können sich ganz dem Schutze des Bienenvolkes opfern.