22. August 2024, 13:36 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
Während einige nicht wahrhaben wollen, dass sich der Sommer dem Ende nähert, können andere den Beginn des Herbstes, die tieferen Temperaturen sowie die Gruselstimmung der dunkleren Tage kaum erwarten. In einigen Bundesstaaten der USA sorgen dafür jedoch keine Halloween-Horrorfilme, sondern tausende von Taranteln, die sich ab Ende August jedes Jahr vermehrt zeigen.
Gehören Sie auch zu denjenigen, die spätestens Ende August die orange Deko aus dem Keller hochholen und praktisch nichts mehr außer Produkten mit darin enthaltenem „Pumpkin Spice“ zu sich nehmen? Glaubt man Trends in den sozialen Medien, können jedenfalls viele den Beginn des Herbsts kaum noch erwarten und feiern drei Monate lang Halloween. Dazu gehört wohl auch die Braune Texas-Vogelspinne oder -Tarantel (Aphonopelma hentzi). Denn sie nutzt das Ende eines jeden Sommers, um zu Tausenden in mehreren Bundesstaaten der USA aufzutauchen.
Texas-Tarantel nutzt Herbst zur Paarung
Die Braune Vogelspinne, die sich im Herbst in acht Bundesstaaten der USA sowie in Mexiko vermehrt zeigt, hat viele verschiedene Namen. Unter anderem streiten sich Texas, Oklahoma und Missouri darum, wer der Tarantel denn nun ihren Namen geben darf. Am bekanntesten ist sie jedoch unter der Bezeichnung Braune Texas-Tarantel und ist eine der häufigsten Vogelspinnen in den südlichen Bundesstaaten der USA.
Normalerweise sieht man von der etwa baseballgroßen Spinne nicht viel, da sie sich tagsüber in leeren Tunneln oder verlassenen Bauten anderer Tiere aufhält. Nachts kommt sie dann heraus, um sich von Insekten oder kleinen Nagern zu ernähren. Doch ab Ende August jeden Jahres geben Colorado, Kansas, Missouri, New Mexico, Oklahoma, Arkansas, Texas und Louisiana Warnungen heraus, dass die Spinnen um einiges aktiver werden. Zu Tausenden begeben sich die Tarantel-Männchen bis weit in den Oktober hinein auf Wanderschaft.
Dies tun sie, weil „die männlichen Vogelspinnen um diese Jahreszeit auf der Suche nach einem Partner sind“, sagt Dr. Andrine Shufran von der Oklahoma State University in einer Pressemitteilung. Denn die Leiterin des „Insect Adventure“-Erlebniszentrums weiß: „Die Paarungszeit wird von der Temperatur und dem Mikroklima bestimmt. Sie kann früher oder später stattfinden, weil die Männchen auf die richtige Situation und die richtigen Signale warten, um sich auf den Weg zu machen, aber normalerweise dauert die Paarungszeit von Ende August bis Oktober.“ In dieser Brutsaison umwerben sie dann bis zu 100 Weibchen auf einmal.
Warum man vor der Braunen Texas-Tarantel keine Angst haben muss
Denn männliche Taranteln haben nur sehr wenig Zeit, um sich fortzupflanzen. Haben sie einmal die Geschlechtsreife erreicht, leben sie nur noch ein paar Monate. In dieser kurzen Zeit müssen sie so viele Weibchen wie möglich begatten und dafür sehr viel laufen. Denn die weiblichen Taranteln bleiben in ihren Höhlen und locken die Männchen mithilfe von Pheromonen zu sich. Anschließend legen sie bis zu 350 Eier, aus denen neue Spinnen schlüpfen.1
Wer sich aber nun an Horrorfilme mit Spinnenattacken erinnert fühlt, der kann beruhigt sein. Aphonopelma hentzi, wie die Texas-Tarantel mit wissenschaftlichem Namen heißt, misst nur etwa fünf Zentimeter. Nur ihre bis zu 15 Zentimeter langen Beine bringen sie etwa auf Handtellergröße. Daher ist sie bei weitem nicht so riesig wie die größte Spinne der Welt – und auch eher scheu, wenn sie auf Menschen trifft.
„Taranteln können zwar zubeißen, wenn sie sich bedroht fühlen, aber sie laufen am ehesten weg“, sagt Dr. Shufran weiter. Wenn es keine andere Möglichkeit gebe, stellten sie sich auf ihre vier Hinterbeine und zeigten ihre Reißzähne. „In der Regel trennen sich dann die Wege von Spinne und Mensch, ohne dass jemand verletzt wird. Als letzten Ausweg beißen Taranteln jedoch auch zu.“ Doch dieser Biss ist nur dann gefährlich, wenn man allergisch darauf reagiert. In der Regel reicht ein Kühlpack, um einen Biss der Texas-Tarantel zu behandeln.
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Texas-Tarantel errichtet Schutzschild mit Brennhaaren
Wer also eine männliche Texas-Tarantel einfach ihrer Wege gehen lässt, sollte kein Problem mit den Tieren bekommen. Allerdings gibt es auch Spinnenfreunde, die versuchen, die flauschig aussehenden Taranteln zu streicheln. Oder sogar einzufangen, um sie im heimischen Terrarium zu halten.
Davon kann man jedoch nur abraten, denn die Tiere verfügen neben dem Biss noch über eine sehr effektive Verteidigungsstrategie. Was sie flauschig aussehen lässt, sind Reiz- oder Brennhaare, die sie als Abwehrmechanismus benutzen. „Wenn sie gestört werden, setzen sie diese Juckhaare frei, indem sie ihre beiden Hinterbeine an den Haaren reiben und so eine Art Kraftfeld erzeugen“, so Shufran. „Die Haare werden durch die Luftbewegung transportiert und jucken Menschen und Tiere ungemein. Man kann den Stresspegel einer Vogelspinne leicht daran erkennen, wie kahl der Juckreizfleck ist.“
Doch nicht nur deshalb sollte man die scheuen Tiere nicht stören oder gar aus der Natur entfernen. Denn wie viele andere Wildtiere leiden sie unter Habitatsverlusten durch Besiedlung und Landwirtschaft. Sie verlieren mehr und mehr Rückzugsorte, wo sie nicht von Menschen gestört werden und ihre Rolle im Ökosystem übernehmen könnten. Gerade zur Wanderungszeit werden sie zudem häufig überfahren oder die entspannteren Männchen für Heimtierhandel und -zucht gewildert.