30. Oktober 2024, 17:45 Uhr | Lesezeit: 3 Minuten
Berichte von Wildtieren, die sich nach dem Verzehr von vergorenen Früchten „betrunken“ verhalten haben, sind nichts Neues. Allerdings wurde bisher davon ausgegangen, dass der Verzehr von Alkohol bei Tieren selten und zufällig ist. Laut Wissenschaftlern gibt es aber nun Hinweise, die darauf hindeuten, dass nicht nur der Mensch gelegentlich gern zu alkoholhaltigen Dingen greift …
Wer hätte das gedacht, dass auch Tiere gezielt Alkohol konsumieren? Das nehmen jedenfalls Wissenschaftler an. Denn Ethanol – so wird Alkohol chemisch korrekt bezeichnet – kommt in fast jedem Ökosystem natürlich vor. Er wird daher mit großer Wahrscheinlichkeit von frucht- und nektarfressenden Tieren regelmäßig aufgenommen. Etwa, wenn die Früchte überreif oder schon vergoren sind.
„Wir bewegen uns weg von der anthropozentrischen Sichtweise, dass Ethanol nur etwas ist, das der Mensch verwendet“, erklärt Verhaltensökologin und Hauptautorin Kimberley Hockings von der Universität Exeter. „Es kommt in der Natur viel häufiger vor, als wir bisher dachten, und die meisten Tiere, die zuckerhaltige Früchte fressen, kommen in gewissem Umfang mit Ethanol in Berührung.“
Überreife Früchte können überraschend hohen Alkoholgehalt enthalten
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Zwar erreichen natürlich vergorene Früchte nur ein bis zwei Volumenprozent Alkohol und sind somit nicht besonders stark, doch gewisse Früchte können tatsächlich beim Gären einen verhältnismäßig hohen Alkoholgehalt entwickeln. So konnte in Panama bei überreifen Palmfrüchten eine Konzentration von bis zu 10,2 Prozent nachgewiesen werden.
Auch wenn viele Tiere bereits Gene besessen haben, die einen Abbau von Ethanol erlaubten, bevor Hefen diesen Stoff zu produzieren begann, so gibt es Hinweise darauf, dass diese Eigenschaft evolutionär verfeinert wurde. Beispielsweise bei Säugetieren und Vögeln, die Früchte und Nektar verzehren. Die Eigenschaft, Alkohol besser vertragen zu können, hat nämlich eine lebenswichtige Notwendigkeit, erklärt Molekularökologe und Hauptautor Matthew Carrigan vom College of Central Florida.
„Aus ökologischer Sicht ist es nicht vorteilhaft, betrunken zu sein, wenn man in den Bäumen herumklettert“
„Aus ökologischer Sicht ist es nicht vorteilhaft, betrunken zu sein, wenn man in den Bäumen herumklettert oder nachts von Raubtieren umgeben ist – das ist ein Rezept dafür, dass die Gene nicht weitergegeben werden.“ Daher habe es hier offensichtlich eine evolutionäre Weiterentwicklung gegeben. Allerdings zeigten die Tiere dabei eine andere Motivation für Alkoholkonsum als Menschen. Denn während sich Menschen mit Alkohol berauschen, aber nicht wirklich die Kalorien wollen, würden Tiere die Kalorien vorziehen, aber nicht den Rausch, ordnet Carrigan ein.
Allerdings muss die wohl wichtigste Frage, die sich jetzt viele stellen, noch weiter erforscht werden. Denn es konnte nicht abschließend geklärt werden, ob Wildtiere gezielt des Alkohols wegen überreife Früchte fressen oder nicht. Die Forscher nehmen aber an, dass der Ethanolkonsum für Wildtiere durchaus auch Vorteile haben kann. Zum einen als Kalorienquelle, zum anderen könnte er auch medizinische Vorteile besitzen oder die Tiere entspannen. 1
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Es gibt noch viele offene Fragen
„Auf kognitiver Ebene wird angenommen, dass Ethanol das Endorphin- und Dopaminsystem stimuliert, was zu einem Gefühl der Entspannung führt. Das wiederum könne sich positiv auf das Sozialverhalten auswirken“, so Anna Bowlands Erklärung. Sie ist Verhaltensökologin und Erstautorin der Studie.
Man wolle künftig weiter an diesem Thema weiterforschen, heißt es. Daher wolle man künftig die sozialen Auswirkungen von Ethanolkonsum bei Primaten beobachten und die am Alkoholstoffwechsel beteiligten Enzyme genauer untersuchen.2