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Laut Studie

Vor diesen Tieren haben Menschen weltweit am meisten Angst

Collage aus Fotos von Krokodil, Spinne und Tiger
Krokodile, Spinnen und Tiger sind gefährliche Tiere. Vor welchem hätten Sie am meisten Angst? Foto: Getty Images / Collage / erstellt mit Canva Pro
Porträt Saskia Schneider auf dem PETBOOK Relaunch
Redaktionsleiterin

8. April 2025, 14:32 Uhr | Lesezeit: 6 Minuten

Spinne, Schlange oder Bär? Vor welchem Tier haben Sie am meisten Angst? Eine internationale Studie mit über 17.000 Teilnehmern zeigt: Viele fürchten sich nicht nur vor wirklich gefährlichen Tieren wie Giftschlangen oder Krokodilen. Oft lösen auch harmlose Tiere wie Spinnen oder Mäuse starke Angstreaktionen aus. Forscher gingen nun der Frage nach, warum das so ist und welche Faktoren unsere Angst vor Tieren beeinflussen.

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Vor welchem Tier Menschen Angst haben, ist sehr individuell. Der eine ekelt sich vor Kakerlaken, andere fürchten Schlangen oder Spinnen. Dabei ist unsere Angst vor Tieren nicht immer durch tatsächliche Gefahren, sondern stark durch kulturelle Prägung, Medien und mangelnden Naturkontakt beeinflusst. So rufen auch völlig harmlose Tiere wie Spinnen oder Mäuse bei Menschen oft starke Angstreaktionen hervor – teilweise stärker als echte Raubtiere. Aber warum fürchten wir Tiere, die uns kaum gefährlich werden können – und bleiben gegenüber echten Bedrohungen gelassen? Eine neue internationale Studie ist dieser Fragestellung nachgegangen und kam zu spannenden Ergebnissen.

17.000 Personen bewerteten ihre Angst gegenüber 184 Tierarten

Ein Forschungsteam um Xavier Bonnet vom Centre national de la recherche scientifique (CNRS) in Frankreich hat eine der bislang umfangreichsten Untersuchungen zu tierbezogenen Ängsten weltweit durchgeführt. In einem interaktiven Online-Experiment nahmen über 17.000 Personen aus allen Kontinenten teil und bewerteten ihre Angst gegenüber 184 Tierarten.

Dabei zeigte sich: Vor welchem Tier Menschen Angst haben, hängt nicht allein von der realen Gefährlichkeit der Tiere ab – auch Alter, Wohnort und subjektive Naturverbundenheit spielten eine große Rolle. Diese Studie beleuchtet, wie tief kulturelle und soziale Faktoren unsere Wahrnehmung von Tieren beeinflussen – und liefert neue Erkenntnisse für Bildungsarbeit, Naturschutz und Gesundheitsforschung. Die Ergebnisse wurden 2024 im Fachjournal „People and Nature“ veröffentlicht.

Medienberichte und Filme verstärken irrationale Ängste vor Tieren

Die menschliche Angst vor Tieren ist ein evolutionär tief verankerter Schutzmechanismus. Besonders Schlangen und Raubtiere galten über Jahrmillionen als Bedrohung und prägten unsere Wahrnehmung von Gefahr. Frühere Studien konzentrierten sich daher häufig auf diese Tiergruppen – allerdings meist mit begrenzter geografischer Reichweite und einer geringen Artenvielfalt.

Gleichzeitig nimmt der direkte Kontakt mit Natur in unserer Gesellschaft ab – das gilt vor allem für Menschen, die in städtischen Gebieten leben. So entstehen unter anderem irrationale Ängste vor Tieren, mit denen man wenig oder keinen Kontakt (mehr) hat, insbesondere bei Kindern. Wissenschaftler nennen diesen Effekt auch „biophobische Spirale“.

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Medienberichte und Filme verstärken diese Effekte oft durch übertriebene Darstellungen. Es gibt Hinweise darauf, dass Naturverbundenheit Ängste reduzieren kann – und dass Bildungsniveau, Geschlecht und Alter weitere Einflussfaktoren darstellen. Dennoch fehlte bislang eine breit angelegte Untersuchung, die sowohl gefährliche als auch harmlose Tiere weltweit vergleicht und soziokulturelle Faktoren berücksichtigt.

Vor welchem Tier haben Menschen mehr Angst?

Die Online-Umfrage „Lost in Wilderness“ lief von April 2020 bis September 2021 und war in vier Sprachen (darunter Deutsch) verfügbar. Die Teilnehmer wurden in eine Geschichte eingebettet, in der sie sich alleine in der Wildnis zurechtfinden mussten. In der ersten Phase trafen sie in 25 Bildpaaren und mussten eine Auswahl treffen: Welches Tier erschreckt mich mehr? Die Bilder zeigten 221 Porträts von 184 Tierarten – von Raubkatzen bis zu Spinnen. Die Auswahlgeschwindigkeit wurde gemessen.

In der zweiten Phase gaben Teilnehmer demografische Daten sowie Informationen zu ihren Tierängsten an. Im dritten Teil mussten sie aus acht Bildern das für sie angsteinflößende Tier auswählen und erläutern, wovor sie konkret Angst hatten (Verletzung, Tod, Gefressenwerden). Die Studie berücksichtigte Alter, Herkunft, Phobien und frühere Tierbegegnungen. Alle Daten wurden anonymisiert, die ethischen Standards der EU und der Deklaration von Helsinki wurden eingehalten.

Salzwasserkrokodil belegt ersten Platz

Von den 17.353 ausgewerteten Teilnehmern war die Mehrheit weiblich (61 Prozent), das Durchschnittsalter lag bei 35,7 Jahren. Die mit Abstand angsteinflößendste Tierart war das Salzwasserkrokodil, während das europäische Kaninchen den letzten Platz belegte. Insgesamt schnitten gefährliche Tiere wie die Indische Kobra, der Jaguar oder das Flusspferd erwartungsgemäß hoch ab. Aber auch völlig harmlose Tiere wie Spinnen (Arachniden: 87 Prozent) oder Fledermäuse (72 Prozent) wurden häufig als besonders Furcht einflößend bewertet.

Spinnen und Schlangen wurden besonders oft von Teilnehmenden mit entsprechenden Phobien gewählt. Im dritten Teil wählten 27 Prozent die Wolfsspinne und ebenfalls 27 Prozent die Gabunviper als „gruseligstes“ Tier – deutlich mehr als Tiger (20 Prozent) oder Bären (13 Prozent). Auffällig: Selbst bei der Spinne glaubten 30 Prozent der Teilnehmer, sie könnte sie töten – und 14 Prozent hatten Angst, gefressen zu werden. Die Auswahlentscheidungen fielen bei Raubtieren am schnellsten (unter drei Sekunden), was auf eine instinktive Angstreaktion hindeutet.

Auch harmlose Tiere rufen starke Ängste hervor

Die Studie zeigt: Unsere Angst vor Tieren ist nur teilweise rational. Zwar reagieren wir schneller und häufiger auf Raubtiere oder gefährliche Tiere – aber auch harmlose Arten wie Spinnen, Fledermäuse oder Echsen rufen starke Ängste hervor. Diese Ängste hängen weniger mit der tatsächlichen Gefahr als mit kulturellen Prägungen, Medienbildern und fehlender Naturerfahrung zusammen.

Besonders Kinder und Jugendliche neigen dazu, harmlose Tiere zu fürchten – vermutlich durch elterliche Vorbilder oder mediale Vermittlung. Der Zeitpunkt der Studie – während der COVID-19-Pandemie – könnte zudem Ängste gegenüber Fledermäusen verstärkt haben. Die Ergebnisse legen nahe, dass Angst vor Tieren oft erlernt wird – und Bildung, Naturerlebnisse und sachliche Informationen helfen können, irrationale Ängste abzubauen. Auch für den Naturschutz sind diese Erkenntnisse relevant: denn Arten, die Angst oder Ekel auslösen, erhalten weniger Unterstützung als Tiere, die wir niedlich oder schön finden, obwohl sie ökologisch bedeutsam sind.

Großteil der Teilnehmer kam aus Europa

Mit über 17.000 Teilnehmer weltweit zählt die Untersuchung zu den größten ihrer Art. Die große Artenvielfalt und die interaktive Methodik liefern robuste und differenzierte Ergebnisse. Allerdings ist die Stichprobe nicht repräsentativ: Der Großteil der Probanden kam aus Europa, war akademisch gebildet und naturinteressiert. Kulturelle Unterschiede wurden nur über den Wohnort, nicht aber über tiefergehend unterschiedliche kulturelle Kontexte erfasst.

Auch die Darstellung der Tiere (Porträtbilder mit sichtbaren Zähnen, dunkler Hintergrund) könnte die Bewertung beeinflusst haben. Dennoch geben die Ergebnisse wichtige Hinweise darauf, wie stark soziale, kulturelle und mediale Einflüsse unsere Wahrnehmung von Tieren prägen. Für künftige Studien wäre eine stärkere Einbindung von Teilnehmer außerhalb westlicher Industrienationen sowie eine Kombination mit ethnografischen Methoden wünschenswert, um lokale Überzeugungen und Erzählungen besser zu erfassen.

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Fazit

Diese groß angelegte Studie zeigt eindrücklich, dass Angst vor Tieren nicht nur eine Frage objektiver Gefährlichkeit ist. Vielmehr prägen Erziehung, Medien, fehlender Naturkontakt und kulturelle Narrative unsere Wahrnehmung – oft zulasten harmloser Arten wie Spinnen oder Fledermäusen. Das Verständnis dieser Mechanismen ist entscheidend, um irrationale Ängste abzubauen, psychische Belastungen zu verringern und den Artenschutz zu stärken.

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