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Tierische Kommunikation

Studie zeigt erstmals, dass auch Wale Gesichtsausdrücke haben

Beluga unter Wasser, der in die Kamera schaut
Auch wenn es für uns aussieht, als ob der Beluga lächelt, gingen Wissenschaftler bisher davon aus, dass Wale keine Gesichtsausdrücke haben Foto: Getty Images
Porträt Saskia Schneider auf dem PETBOOK Relaunch
Redaktionsleiterin

16. Mai 2024, 15:15 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten

Lange Zeit galt, dass Wale und Delfine „starre“ Gesichter haben. Doch amerikanische Wissenschaftler stellten nun erstmals fest, dass Belugas verschiedene Gesichtsausdrücke nutzen.

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Wenn wir nachdenklich sind, runzeln wir die Stirn, bei Freude zeigen wir die Zähne. Menschen haben unendlich viele Gesichtsausdrücke, um Stimmungen oder Intentionen auszudrücken. Aber auch viele Tiere wie Hunde, Schweine oder Pferde nutzen Gestik zur Kommunikation. Bei Walen galt das bisher als nicht möglich, denn ihre Gesichter sind relativ starr. Doch nun belegten amerikanische Forscher erstmals, dass auch die Meeressäuger sehr wohl dazu in der Lage sind. So nutzen Belugas verschiedene Gesichtsausdrücke, wenn sie flirten oder auch kämpfen. Dabei verziehen sie aber nicht wie wir den Mund, sondern nutzen die sogenannte „Melone“ – eine Verdickung am Kopf.

Belugas können Form ihrer Melone verändern

Belugas, auch Weißwale genannt, gelten als einzigartig unter den Zahnwalen. Denn sie haben die Fähigkeit, das Aussehen ihres Kopfes sichtbar zu verändern, indem sie die Form ihrer Melone variieren. Die Melone ist ein spezielles Organ aus Fett- und Bindegewebe im Kopf der Zahnwale. Belugas können diese eindellen, nach vorn schieben oder aufblasen.

Zwar gab es zu diesem Verhalten schon einige Beobachtungen, bisher hatte aber niemand ernsthaft die Bedeutung der verschiedenen Melonenformen untersucht. Das wollten der Biologe Dr. Justin Richard von der University of Rhode Island und sein Team ändern. In einer professionell angelegten Studie gingen sie der Frage nach, ob Belugas so etwas wie Gesichtsausdrücke besitzen. Die Ergebnisse wurden im Fachmagazin „Animal Cognition“ veröffentlicht.

Setzen Belugas „Gesichtsausdrücke“ bewusst zur Kommunikation ein?

Für ihre Untersuchungen verfolgten die Wissenschaftler vier Belugawale im Mystic Aquarium in Connecticut für mehr als 200 Stunden. Dabei beobachteten sie etwa 2500 Situationen, in denen diese Meeressäuger ihre Melonen veränderten. Um sicherzugehen, dass es sich dabei um wirkliche Kommunikation mit Artgenossen und nicht um Zufall handelt, wurden nur solche „Gesichtsausdrücke“ der Belugas gewertet, die in einem sozialen Kontext und in Sichtweite anderer Wale stattfanden.

„Wir haben intuitiv gewusst, dass sie das tun“, zitiert das amerikanische Wissenschaftsmagazin „Scientific American“ Dr. Justin Richard, den Hauptautoren der Studie. „Aber dies ist das erste Mal, dass wir es rigoros dokumentiert haben.“

Forscher identifizieren fünf verschiedene Melonenformen bei Belugas

Insgesamt konnte das Team fünf verschiedene Melonenformen in ihren Videobeobachtungen identifizieren. Um sicherzugehen, dass dieses Verhalten nicht ausschließlich bei den im Mystic Aquarium lebenden Tieren auftritt, beobachteten die Studienautoren noch eine zweite Population von 51 Tieren. Auch diese zeigten die charakteristischen fünf Melonenformen im sozialen Kontext, die wie folgt klassifiziert wurden:

  • Melone Schütteln („Melonshake“): Melone wird hin- und hergeschüttelt
  • flache Melone („Melon flat“): Melone wird nach unten abgeflacht
  • erhobene Melone („Melon lift“): Melone wird nach oben angehoben
  • eingedrückte Melone („Melon press“): Melone wirkt eingedellt
  • Nach vorn gedrückte Melone („Melon push“)

Was bedeuteten die „Gesichtsausdrücke“ bei Belugas?

Dabei scheinen die verschiedenen Formen der Melone auch unterschiedliche Bedeutungen zu haben. So würde ein Schütteln des Organs hauptsächlich von Männchen verwendet werden und während der Balz auf Weibchen gerichtet sein, wie Dr. Justin Richard dem Wissenschaftsmagazin „Scientific American“ erklärt.

Eine sich verlängernde Melone scheine sowohl bei Männchen als auch bei Weibchen aufzutreten und kann eine Demonstration von Aggression sein, da er die Wale größer aussehen lässt. Was genau die anderen drei charakteristischen Melonenformen bedeuten und bei Artgenossen auslösen, müssen die Forscher noch untersuchen,

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Kann man wirklich von Gesichtsausdrücken bei Belugas sprechen?

Von den fünf Melonenformen, die die Forscher in der Studie identifiziert haben, erfordern vier den Einsatz der Gesichtsmuskulatur. Zudem ist die Melone Teil des Gesichtsfeldes der Tiere und die Wale setzen sie bewusst in der Interaktion mit Artgenossen ein. Man könnte diese Form der Kommunikation unter Belugas mit den Gesichtsausdrücken von anderen Tieren vergleichen.

Doch Studienleiter Richard warnt davor, den Melonenformen in diesem Stadium der Forschung eine Bedeutung zuzuschreiben. Zudem sei noch nicht erforscht, ob diese Kommunikation mit den Melonen nur bei den beobachteten Populationen oder bei Belugas allgemein auftritt, merkt die vergleichende Psychologin Heather Hill im Artikel von „Scientific American“ an. Sie erforscht das Verhalten von Meeressäugern an der St. Mary’s University in Texas. Immerhin habe sie aber beobachten können, dass Belugas in Gefangenschaft in San Antonio vergleichbare Melonenformen zeigen.

Damit ist die Studie es ein wichtiger erster Schritt in der Erforschung dieses komplexen Sozialverhaltens der – leider noch oft unterschätzten – Meeressäuger.

Themen Meerestiere Wale
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