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Von Gold zu Blau

Warum Rentiere ihre Augenfarbe wechseln 

Nahaufnahme eines Rentieres
Rentiere wechseln im Winter ihre Augenfarbe. Auslöser dafür ist der extreme Lichtmangel im arktischen Winter Foto: Getty Images
Porträt Saskia Schneider auf dem PETBOOK Relaunch
Redaktionsleiterin

8. Dezember 2023, 16:41 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten

Wussten Sie, dass Rentiere ihre Augenfarbe wechseln? Der Grund ist der geringere Lichteinfall im Winter. Wie genau dieser bewirkt, dass die Augen der domestizierten Hirsche im Winter plötzlich Blau statt Gold erscheinen, erklärt PETBOOK-Redakteurin und Biologin Saskia Schneider.

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Die wenigsten von uns hatten wahrscheinlich schon einmal die Gelegenheit, einem Rentier direkt in die Augen zu schauen. Wenn, dann würden Sie feststellen, dass die Augen der Tiere weder Gold noch blau sind. Wie beim Menschen wird die Augenfarbe bei den meisten Wirbeltieren durch Pigmente in der sogenannten Regenbogenhaut, auch als Iris bekannt, bestimmt. Diese ist bei Rentieren braun und bleibt es auch. Der Farbwechsel findet auf eine andere Weise statt und gab Wissenschaftlern lange Rätsel auf.

Extreme Lichtwechsel stellen Rentiere vor Herausforderung

Rentiere bewohnen die Regionen Nordeurasiens und Nordamerikas sowie Grönland und anderen arktische Inseln. In diesen Breitengraden wird es im Winter auch tagsüber nicht richtig hell. So verbringen Rentiere in den Wintermonaten 12 bis 24 Stunden in Dunkelheit oder Dämmerlicht.

Um bei den schlechten Lichtverhältnissen trotzdem noch Nahrung zu finden und Angreifer zu erspähen, haben Rentiere eine Strategie entwickelt, die einzigartig im Tierreich ist: Sie verändern die innere Struktur ihrer Netzhaut, um auch bei Dämmerlicht noch gut sehen zu können. Das verändert auch ihre Augenfarbe.

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Darum wechseln Rentiere die Augenfarbe

Wie viele Säugetiere besitzen auch Rentiere eine Spiegelschicht in der Netzhaut, das sogenannte „Tapetum lucidum“. Es ist in der Lage, Licht zu reflektieren. Ein berühmtes Beispiel ist das Katzenauge, bei dem die Spiegelschicht dafür sorgt, dass die Tiere auch bei wenig Licht gut sehen.

Dafür lässt das Sehvermögen von Katzen bei hellem Licht nach. Für die Katze stellt das kein Problem dar, da ihre Beute vor allem in der Dämmerung aktiv ist. Für Rentiere wäre es jedoch ungünstig, im hellen Licht des Sommers schlechter zu sehen. Darum passen sie die Fähigkeit ihrer Spiegelschicht, Licht zu reflektieren einfach an.

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So wechseln Rentiere die Augenfarbe

Im Sommer besitzt das Tapetum lucidum eine goldene Farbe. Fällt also Sonnenlicht ins Auge des Rentiers, reflektiert die Spiegelschicht bestimmte Wellenlängen des Lichtes und es entsteht der Eindruck, Rentiere hätten eine goldene Augenfarbe.

Im Winter verändert sich die Dichte der Spiegelschicht. Das führt dazu, dass mehr Licht durch die Fotorezeptoren in der Netzhaut gelangt. Damit können Rentiere also auch bei nur wenig Licht noch gut sehen. Die Veränderung im Tapetum lucidum führt zudem dazu, dass dieses andere Wellenlängen des Lichtes reflektiert und statt golden nun tief blau erscheint.

Mechanismus war lange ein Mysterium

Lange haben Wissenschaftler gerätselt, welcher Mechanismus hinter dem Wechsel der Augenfarbe bei Rentieren steckt. Schließlich kamen ein Neurologe und ein Astrophysiker dem Geheimnis auf die Spur.

Dafür präparierten sie die Netzhaut aus Rentieraugen und untersuchten, welche Wellenlängen von Licht die Spiegelschicht reflektierten. Anhand der Daten erstellten die Forscher ein Computer-Modell der Spiegelschicht. So konnten sie verschiedene Szenarien im Auge simulieren und stellten schließlich eine These auf, die sie 2022 im Fachmagazin „Proceedings of the royal society B“ veröffentlichten.

Die Forscher vermuten, dass die Veränderung der Augenfarbe bei Rentieren durch eine Veränderung des Augendrucks hervorgerufen wird. Da die Pupillen der Tiere durch das wenige Licht im Winter dauerhaft weit geöffnet sind, könne das verhindern, dass das Augenwasser abfließen. Das erhöhe den Augendruck. Der höhere Druck sorge dafür, dass sich auch das Gewebe in der Spiegelschicht verdichtet und diese dadurch eine andere Wellenlänge reflektiert.

Rentiere haben ihre Sehleistung perfekt an arktische Winter angepasst

Damit können Rentiere sowohl im Sommer als auch im Winter das Licht optimal nutzen. Sie haben aber noch eine andere besondere Fähigkeit, die ihre Sicht im arktischen Winter verbessert: Sie können ultraviolettes Licht sehen.

Für Menschen erscheint ultraviolettes Licht unsichtbar. Tiere wie Vögel oder Insekten können es jedoch wahrnehmen und so Muster auf Blüten erkennen, die uns verborgen bleiben. Im arktischen Winter besteht das Licht größtenteils aus Wellenlängen des Ultraviolett-Bereiches. Rentiere können dieses Licht nutzen und so weiterhin Nahrung finden und Fressfeinde erspähen.

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Quellen

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