17. Oktober 2023, 11:53 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten
Bei der Paarung von Fröschen kann es mitunter recht aggressiv zugehen. So sehr, dass es die Weibchen sogar das Leben kosten kann. Daher haben Sie recht ungewöhnliche Strategien entwickelt, um den liebestollen Männchen zu entgehen, wie Forscher nun herausfanden.
„Heute nicht, Schatz, ich habe Migräne.“ Mit diesem Klischee-Satz signalisieren wir dem Partner, dass wir gerade keine Lust auf intime Interaktion haben. Bei Fröschen zieht das nicht. Denn die Tiere weisen zum Teil ein recht aggressives Paarungsverhalten auf! Hier müssen die Weibchen auf ungewöhnliche Strategien zurückgreifen, um aufdringlichen Anwärtern zu entgehen. Das fanden zwei deutsche Forscher des Leibniz-Instituts für Evolutions- und Biodiversitätsforschung per Zufall heraus, als sie Frösche der Art Rana temporaria, also dem hier heimischen Grasfrosch, bei der Paarung beobachteten.
Explosive Vermehrung
In der Regel erfolgt die Vermehrung vieler Froscharten explosiv. Das bedeutet, dass es nur ein kleines Zeitfenster gibt, in dem sich die Tiere verpaaren können. Bei Fröschen liegt dies meist im Frühjahr. Dann versammeln sich die Tiere in großer Zahl.
Im Gegensatz zu anderen Tieren gibt es bei Fröschen kein vorheriges Kräftemessen oder rivalisierende Kämpfe. Sobald die Männchen ein Weibchen treffen, umklammern sie es – ungeachtet, ob schon ein anderes Männchen zugange ist.
So ist es bei der Paarung von Fröschen nicht ungewöhnlich, dass bis zu sechs Männchen gleichzeitig ein einzelnes Weibchen umzingeln und sich an es klammern. Es bildet sich ein sogenannter „Paarungsball“, in dem die Männchen dann um das Weibchen ringen.
Paarung kann für Weibchen tödlich verlaufen
Findet die Paarung im Wasser statt, besteht die Gefahr für das Weibchen, von den sexbesessenen Männchen unter Wasser gedrückt zu werden. „Bei diesen Paarungsereignissen klammern sich mehrere Männchen an ein Weibchen, die die unerwünschten Männchen meist nicht loswerden können“, führen Ökologin Carolin Dittrich und der Herpetologe Mark-Oliver Rödel in ihrer Studie aus. „Das kann zum Tod des Weibchens führen.“
In der Literatur habe es bisher keine Hinweise gegeben, dass die Weibchen von Fröschen, die sich explosiv vermehren, Möglichkeiten haben, den aufdringliche Männchen zu entgehen, heißt es weiter. In ihrer Studie konnten die Forscher jedoch zeigen, dass weibliche Grasfrösche sehr wohl einige Taktiken parat haben, um sich vor der Paarung zu drücken.
Verhalten der Frösche per Zufall entdeckt
Ursprünglich wollten Dittrich und Rödel in ihrer Studie untersuchen, ob Frosch-Männchen eine bestimmte Größe bei der Wahl ihrer Partnerin bevorzugen. Dafür setzten sie jeweils zwei unterschiedlich große Weibchen mit einem Männchen in einen Wasserbehälter zusammen und beobachteten eine Stunde lang das Verhalten der Tiere.
Dabei konnten sie zwar keine Größenpräferenz feststellen, bemerkten aber, wie manche Weibchen durch ihr Verhalten versuchten, die Paarung zu vermeiden. Das wollten die beiden Forscher näher untersuchen.
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Weibchen benutzen verschiedene Taktiken
Insgesamt beobachteten die Wissenschaftler 54 Paarungsversuche. Um den Annäherungen des Männchens zu entgehen, zeigten die Frosch-Weibchen drei verschiedene Taktiken:
- Drehung des Körpers (Rotation)
- imitieren von Rufen männlicher Frösche
- sich tot stellen
Die beliebteste Technik war dabei das Drehen des eigenen Körpers. 83 Prozent aller Weibchen wandten diese Taktik an. Dadurch versuchen sie sich von der Umklammerung der Männchen zu lösen. Es kann aber auch ein Versuch sein, die Kraft und Ausdauer ihrer schleimigen Verehrer zu testen, wie die Forscher vermuten.
Knapp die Hälfte der Weibchen gab während der Paarung vor, vom anderen Geschlecht zu sein, indem sie die Rufe männlicher Frösche imitierten. Das sollte die Anwärter dazu animieren, die Umklammerung zu lösen.
Über ein Drittel der Frosch-Weibchen täuscht den eigenen Tod vor
Eine weitere, recht skurrile Taktik der Weibchen ist es, sich tot zu stellen. Dies taten 33 Prozent der beobachteten Tiere. Dabei gaben sich die Grasfrösche große Mühe, ihren Tod so echt wie möglich aussehen zu lassen: Sie zuckten nicht mehr, ihre ausgestreckten Gliedmaßen wurden steif und sie reagierten nicht mehr auf die männlichen Annäherungen.
Am Ende hatten insgesamt 25 weibliche Frösche Erfolg mit ihren Taktiken und konnten sich aus den innigen Umarmungen der Männchen befreien. Damit widerlegen die Studienergebnisse die traditionelle Vorstellung, dass weibliche Frösche den Männchen während der Paarungszeit schutzlos ausgeliefert sind – zumindest was den Grasfrosch betrifft.
Die Autoren weisen jedoch darauf hin, dass ihre Beobachtungen nur unter Versuchsbedingungen stattfanden und möglicherweise nicht das Verhalten von Fröschen in freier Wildbahn widerspiegeln.
Auch männliche Frösche zeigen skurrile Strategien bei der Paarung
Übrigens haben auch männliche Frösche einiger Arten recht skurrile Strategien entwickelt, um bei der Paarung erfolgreich zu sein. So kommt es auch bei Amazonasfröschen (Rhinella proboscidea) oft zum Tod der Weibchen. Das passiert das bei dieser Art sogar so häufig, dass die Männchen eine sogenannte „funktionelle Nekrophilie“ als Fortpflanzungsstrategie entwickelt haben.
Dabei entnehmen sie Eizellen aus dem Hinterleib toter Weibchen und befruchten diese postmortal, also nach dem Tod der Geliebten. Das zeigte eine Studie brasilianischer Wissenschaftler von 2012. Diese Strategie mag für uns erschreckend klingen, aber sie dient dazu, den Fortpflanzungserfolg sowohl der Weibchen als auch der Männchen zu erhöhen.
Wie gut, dass die Weibchen der Grasfrösche Strategien entwickelt haben, um ein Ertrinken bei der Paarung zu vermeiden. Die Forscher hoffen, mit solchen Versuchen nicht nur mehr über die Paarung, sondern auch die Lebensweise der Frösche zu erfahren. Das könnte Wissenschaftlern bei dem Schutz der Tiere und ihrer Lebensräume helfen, da viele Amphibienarten heute vom Aussterben bedroht sind.
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Quellen
- DerStandard.de, „Weibliche Grasfrösche stellen sich tot oder imitieren Männchen, um Paarung abzuwenden“ (aufgerufen am 17.10.2023)
- ScienceAlert.com, „Female Frogs Fake Their Own Deaths as a Unique Mating Strategy“ (aufgerufen am 17.10.2023)