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Nordamerika

Wie ein Virus dafür sorgt, dass die Zahl schwarzer Wölfe zunimmt

Schwarze Wölfe
Die Fellfarbe des Grauwolfs hat verschiedene Abstufungen, die Zahl schwarzer Wölfe nimmt jedoch zu Foto: Getty Images
Ninja Sinke Autorin

4. Januar 2023, 13:23 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten

Die Zahl schwarzer Wölfe steigt in einigen Gebieten Nordamerikas seit Jahren. Dabei kommt diese Fellfarbe beim Grauwolf in anderen Teilen der Welt kaum oder gar nicht vor. Lange Zeit war unklar, warum die Anzahl der Tiere mit der doch recht auffälligen Fellfarbe zunimmt. Wissenschaftler konnten mittels Analyse mehrerer Wolfspopulationen nun den Grund dafür ermitteln.

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Wölfe sind weltweit verbreitet und haben sich daher optisch an die unterschiedlichen Bedingungen angepasst. Der Grauwolf, der sowohl in Nordamerika als auch in Eurasien vorkommt, besitzt ein graubraunes Fell mit hellen oder dunklen Abstufungen. So sind die Tiere den Farben ihrer Umgebung ähnlich. Ganz im Gegensatz zu schwarzen Wölfen, die sich von ihrem Umfeld farblich abheben und so auch schon von Weitem gut sichtbar sind. Umso verwunderlicher war es für Forscher, dass in Nordamerika immer mehr Exemplare dieser Art gesichtet wurden, je weiter gen Süden die Populationen leben. Besonders im Yellowstone-Nationalpark, im US-Bundesstaat Wyoming, sind auffallend viele schwarze Wölfe zu beobachten. Eine im Oktober 2022 im Wissenschaftsjournal „Science“ veröffentlichte Studie der Oxford-Universität, des Yellowstone-Nationalparks und der Pennsylvania-State-Universität liefert dazu neue Erkenntnisse.

Hunde übertrugen Genmutation für schwarzes Fell

Dass sich die Fellfarbe nordamerikanischer Wölfe verändert, bemerkten Wissenschaftler bereits vor Jahren. Um herauszufinden, wie es dazu kam, wurden 2009 im Yellowstone-Nationalpark lebende Grauwölfe einer DNA-Analyse unterzogen. Das Team internationaler Wissenschaftler kam damals zu dem Ergebnis, dass die schwarze Fellfarbe durch eine Genmutation hervorgerufen worden sei. Diese trat ebenfalls bei Hunden auf und sei durch Paarung mit ihnen auf die Wölfe übertragen worden, berichtete das Onlinemagazin „Scinexx“ damals. Als erster Fall einer erfolgreichen Genübertragung auf Wildtiere stellte diese Erkenntnis die Forscher dennoch vor Rätsel: Warum sollte sich ein solches Merkmal bei Wildtieren durchsetzen, wenn die Tiere dadurch offensichtlichen schlechter getarnt sind? Könne der Wechsel zu schwarzem Fell den Wölfen einen adaptiven Vorteil gebracht haben?

Auch interessant: Wie sollte ich mich verhalten, wenn ich einem Wolf begegne?

Schwarze Wölfe überleben Infektion mit Staupe öfter als graue

Bereits im Jahr 2009 vermuteten Wissenschaftler, dass die Genumtation für das schwarze Fell eventuell mit einer Stärkung des Immunsystems gegenüber Krankheitserregern einhergeht. Das würde erklären, warum sich die Mutation trotz der verringerten Tarnung der Tiere durchsetzt. Dank der neuen Studienergebnisse können die Forscher die Theorie nach elf Jahren endlich bestätigen. So berichtet die Oxford-Universität in einer Mitteilung zur Studie, dass es einen Zusammenhang zu Ausbrüchen der Hundestaupe in Wolfspopulationen gäbe. Die Wissenschaftler um Professor Tim Coulson, Biologe an der Oxford-Universität, analysierten dazu zwölf nordamerikanische Wolfspopulationen. Denn sie vermuteten, dass exakt die neue Genvariante, die bei Grauwölfen zu einem schwarzen Fell führt, ebenso eine Rolle beim Schutz vor Atemwegserkrankungen wie der Staupe spielen könne.

Im Rahmen der Studie untersuchten die Wissenschaftler, ob die Wahrscheinlichkeit bestünde, dass ein Wolf mit schwarzem Fell auch mehr Antikörper gegen das Staupe-Virus im Blut habe. Solche Antikörper sind ein Zeichen, dass in der Vergangenheit eine Infektion mit dem oft tödlich endenden Virus vorlag, die vom Tier überlebt wurde. Tatsächlich kamen die Forscher zu dem Schluss, dass Wölfe mit Staupe-Antikörpern mit größerer Wahrscheinlichkeit ein schwarzes Fell besaßen. Zudem konnten sie belegen, dass vor allem in Gebieten, in denen vergangene Krankheitsausbrüche belegt wurden, mehr schwarze Wölfe vorkamen. Mit diesen ersten Hinweisen untersuchten die Wissenschaftler daraufhin die Daten von Wolfspopulationen im Yellowstone-Nationalpark aus mehr als 20 Jahren.

Schwarze Wölfe im Yellowstone-Nationalpark
Im Yellowstone-Nationalpark in den USA gibt es besonders viele schwarze Wölfe. Hier sieht man ein graubraunes und ein schwarzes Tier eines Rudels Foto: Daniel Stahler/ NPS photo

Die Fellfarbe der Wölfe hat Auswirkungen auf die Partnerwahl

Auch die Analyse der Grauwolfpopulationen im Yellowstone-Nationalpark ergab, dass schwarze Wölfe gute Chancen hätten, die periodisch wiederkehrenden Staupe-Ausbrüche zu überleben. Daraufhin stellten die Forscher eine weitere Vermutung auf, die sich auf die Partnerwahl der Wölfe bezog: Sie nahmen an, dass in Gebieten mit Staupe-Ausbrüchen Wölfe bei der Partnerwahl Tiere mit der ihnen entgegengesetzten Fellfarbe bevorzugen. Denn nur so könnten die Wölfe mit höherer Wahrscheinlichkeit Nachwuchs mit schwarzem Fell und damit auch besserer Immunantwort gegen das Virus bekommen. Das sei der Fall, da nur ein Elternteil, der das mutierte Gen trüge, ausreiche, damit das Fell der Jungtiere schwarz werde.

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Dieser Hypothese gingen die Wissenschaftler mithilfe eines mathematischen Modells nach. Diese bestätige die Vermutung. So zeigte sich, dass sich schwarze und graue Wölfe eher in Gebieten mit häufigen Staupe-Ausbrüchen paaren würden. Dieser Wettbewerbsvorteil der schwarzen Wölfe gehe in Gebieten ohne das Virus dagegen verloren. Das erkläre auch die gebietsabhängig schwankende Anzahl schwarzer Tiere.

Schwarze Wölfe
Die Anzahl schwarzer Wölfe in Populationen schwankt gebietsabhängig Foto: Getty Images
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Weitere Arten könnten aufgrund ihrer Farbe von Krankheitsresistenz profitieren

Nicht nur Wölfe, sondern auch andere Arten könnten von diesem Zusammenhang zwischen Fellfarbe und Krankheitsresistenz profitieren. Um dies zu belegen, bedürfe es jedoch weiterer Studien. Peter Hudson, Willaman-Professor für Biologie an der Pennsylvania-State-Universität, äußert seine Begeisterung über die Erkenntnisse: „Was ich an dieser Studie so toll finde, ist die Tatsache, dass es uns gelungen ist, Experten aus so vielen Bereichen und mit einer Reihe von Ansätzen zusammenzubringen, um zu zeigen, dass Krankheiten bemerkenswerte Auswirkungen auf die Morphologie und das Verhalten von Wölfen haben können. Wir lernen, dass Krankheiten ein wichtiger evolutionärer Faktor sind, der sich auf so viele Aspekte von Tierpopulationen auswirkt.“

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