17. November 2022, 6:14 Uhr | Lesezeit: 8 Minuten
Bereits im Spätsommer beginnen Wildtiere, sich auf die Überwinterung vorzubereiten. Denn wenn die Temperaturen sinken und das Futter knapp wird, brauchen Igel und Fledermaus die richtige Strategie. Da kommen Winterschlaf, Winterruhe und Winterstarre ins Spiel. PETBOOK erklärt die Unterschiede der tierischen Überlebenstaktiken im Winter.
Für Wildtiere ist der Winter jedes Jahr erneut eine Herausforderung. Um die unwirtliche Jahreszeit zu überleben, legen die Tiere zeitnah Futtervorräte an und ihr Fell wird dichter. Viele Vögel ziehen in den Süden – das können jedoch längst nicht alle Tiere. Eine weitere Strategie, um der Kälte zu entgehen, ist der Winterschlaf. Viele Tiere verbringen die kalte Jahreszeit schlafend, ruhend oder erstarrt, den echten Winterschlaf halten dagegen nur wenige.
Übersicht
Winterschlaf – dem Tod näher als dem Leben
Der Winterschlaf ist eine Schlafperiode bestimmter Säugetiere, in der sie sich in den Monaten Oktober bis März befinden. Damit vermeiden sie die Nahrungsknappheit der kalten Monate. Unter den Säugetieren sind es nur wenige kleine Tiere, die den echten Winterschlaf halten. Dabei handelt es sich jedoch nicht um einen Tiefschlaf, sondern um einen Wechsel von Ruhe- und kurzen Wachphasen. Während der Wachphasen sind die Tiere soweit aktiv, dass Kot und Urin abgeben werden und sie auch mal ihren Schlafplatz wechseln.
Zu den Winterschläfern gehören Fledermäuse, Siebenschläfer, Murmeltiere, Igel und Hamster. Das liegt daran, dass diese sogenannten „niederen Säugetiere“ auch im Wachzustand eine vergleichsweise geringe Körpertemperatur haben. Diese wird von der Umgebungstemperatur beeinflusst.
Was den Winterschlaf bei Säugetieren auslöst
Neben Faktoren wie der sich verändernden Umgebungstemperatur sind auch hormonelle Veränderungen für die Einleitung des Winterschlafs ausschlaggebend. Wechsel im Hormonhaushalt bedingen bei den kleine Säugern deutliche Verhaltensänderungen: sie bereiten sich ein Winterlager vor, sammeln Nahrungsvorräte und legen sich mit großen Mengen Nahrung körpereigene Fettvorräte zu. Denn Fett ist während des Winterschlafs die wichtigste Energiequelle für sie. Mit Zunahme der Fettdepots erhöht sich bei den Säugetieren die Schlafbereitschaft.
So verändern sich die Körperfunktionen der Tiere im Winterschlaf
Tiere, die sich im Winterschlaf befinden, passen ihre Körpertemperatur an die Umgebungstemperatur an. So werden neben der Körpertemperatur auch alle Körperfunktionen gesenkt. Die Tiere reduzieren ihren Energieverbrauch, das sorgt dafür, dass lebenswichtige Funktionen heruntergefahren werden. In der Zeit des Winterschlafs sind die Säugetiere daher dem Tod näher als dem Leben. Sie befinden sich in einem hilflosen Starrezustand: ihr Körper ist ausgekühlt und Atmung sowie Herzschlag sind unregelmäßiger und seltener als während der warmen Jahreszeit.
Der Stoffwechsel der Winterschläfer wird so stark heruntergefahren, dass die Tiere mitunter sogar bis zu einstündige Atempausen einlegen. Auf diese Pausen folgen mehrere schnelle Atemzüge. Je weiter der Winterschlaf fortschreitet, desto länger werden die sogenannten apnoischen Perioden, in denen die Atemzüge aussetzen. Igel atmen beispielsweise im Wachzustand 40 bis 50 Mal pro Minute, während sie im Winterschlaf nur noch ein- bis zweimal in der Minute Luft holen.
Winterschlaf macht Tiere nicht unsterblich
Die Körpertemperatur von Igeln sinkt während des Winterschlafs von 36 Grad Celsius auf gerade mal 1 bis 8 Grad Celsius ab. Bewegt sich die Temperatur im niedrigen Bereich, setzt zunächst ein Mechanismus der Temperaturregulation ein. Dieser Mechanismus fällt allerdings aus, wenn eine Minimaltemperatur unterschritten wird. In diesem Fall tritt auch im Winterschlaf der Kältetod ein. Welche Minimaltemperatur für ein Tier gilt, ist unterschiedlich und auch von Schlaftiere und Dauer der Schlafperiode abhängig.
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„Innere Uhr“ der Tiere erweckt sie aus dem Winterschlaf
Das Erwachen aus dem Winterschlaf beginnt bei den Tieren damit, dass sie erneut regelmäßige Atemzüge machen. Die Starre, in der sich die Tiere während des Winterschlafs befinden, löst sich und die Körpertemperatur erhöht sich wieder. Im braunen Fettgewebe des Nacken- und Schulterbereichs befinden sich Energiedepots, die von den erwachenden Tieren zuerst verbraucht werden. Um die Wärmeerzeugung zusätzlich zu erhöhen, kommt später Muskelzittern dazu. Das Erwachen aus dem Winterschlaf braucht daher seine Zeit. Im Gegensatz zu Tieren in der Winterstarre, können Tiere im Winterschlaf selbstständig aufwachen, die Temperatur muss dafür nicht steigen.
Bloß woher wissen die Tiere, dass es für sie Zeit ist, aus dem Winterschlaf zu erwachen? Diese Frage ist auch unter Experten nicht eindeutig geklärt. Der „Deutsche Naturschutzbund“ verweist auf die sogenannte „innere Uhr“ der Säugetiere: hormonelle Veränderungen und kürzer werdende Tage sorgen dafür, dass Tiere erneut aus dem Winterschlaf erwachen.
Winterruhe – besteht Gefahr, können Tiere schnell erwachen
Die Winterruhe scheint auf den ersten Blick dem Winterschlaf sehr ähnlich zu sein – doch es gibt feine Unterschiede. In den kühleren Monaten von Oktober bis März ziehen sich Tiere wie Dachse, Eichhörnchen, Waschbären und Braunbären in vor Frost geschützte Höhlen zurück. Vorher haben sich die Tiere ein Fettpolster angefressen, das haben sie mit den Winterschläfern gemeinsam. Diese Energiereserven dienen den Tieren während der Wintermonate als Basis.
Keine starke Veränderung der Körpertemperatur
Mit der Winterruhe sparen Säugetiere während der kalten Monate Energie ein. Denn der Stoffwechsel der Tiere wird beim körperlichen Ruhen heruntergefahren, sodass sie länger von ihren Vorräten zehren können. Die Körpertemperatur sinkt während der Winterruhe jedoch nicht ab, sondern verändert sich nur minimal. So können die Tiere schnell erwachen und sich beispielsweise bei Angriffen rasch verteidigen. Das ist beim Winterschlaf anders, wo die Körpertemperatur stark gesenkt wird und Tiere nicht sofort erwachen können.
Winterruhe wird häufig unterbrochen
Im Gegensatz zum Winterschlaf wird die Winterruhe häufig unterbrochen. Es handelt sich daher um vergleichsweise kurzfristige Schlaf- und Ruhephasen. Während der Winterruhe wachen Säugetiere auf, um etwa Nahrung aufzunehmen, wenn ihre Energievorräte erschöpft sind. Auch Kot und Urin werden während der Pausen ausgeschieden.
Kurzer Sommer- oder Trockenschlaf bei Vögeln und Kleintieren
Zu einem kurzen Sommer- oder Trockenschlaf kann es bei kleinen Säugetieren mit hohem Stoffwechsel kommen. Das geschieht, wenn die Temperaturen zu hoch sind und es einen Wassermangel gibt. Auch Nahrungsknappheit und Kälte können eine kurze Schlafphase auslösen. Kleine Vögel, wie Mauersegler, Kolibris oder Meisen halten Sommer- oder Trockenschlaf. Ebenso tun das Spitz- und Feldmäuse oder Weinbergschnecken und Krötenfrösche.
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Winterstarre – diese Winterpause ist am extremsten
Amphibien und Reptilien halten keinen Winterschlaf, sondern fallen bei winterlichen Temperaturen in eine Starre. Zu ihnen gehören verschiedene Insekten wie Wespen und Marienkäfer. Auch Fische, Schildkröten, Eidechsen und Frösche erstarren während der kalten Jahreszeit im wahrsten Sinne des Wortes.
Winterstarre nimmt wechselwarmen Tieren jegliche eigenständige Aktivität
Sobald die Temperaturen sinken, verlangsamt sich das Leben der Tiere, die in Kältestarre fallen. Denn ihr Wärmehaushalt ist den Temperaturen der Außenwelt vollkommen unterworfen. Befinden sich die wechselwarmen Tiere einmal in der Winterstarre, können nur steigende Temperaturen sie wieder aktivieren. Die Körperfunktionen der Tiere setzen ebenfalls aus – Urin und Kot werden in dieser Zeit nicht ausgeschieden. Die Nahrungsaufnahme findet ebenfalls nicht statt.
„Frostschutzmittel“ im Blut als Geheimwaffe
Befindet sich ein Tier in der Winterstarre, verlangsamt sich ähnlich wie beim Winterschlaf der Herzschlag und die Atmungsfrequenz nimmt ab. Im Gegensatz zu Winterschläfern haben Tiere in der Kältestarre keine Minimaltemperatur. Sie können daher auch Temperaturen unter null Grad überleben.
Ein Ass im Ärmel haben einige Tiere in Winterstarre gegenüber den Winterschläfern: sie besitzen ein „Frostschutzmittel“. Glycopeptide im Blut senken dessen Gefrierpunkt, damit bleibt das Blut der Tiere auch bei Minusgraden flüssig. Nicht alle Tiere, die in die Winterstarre gehen, haben diesen Vorteil. Wenn der Winter deutlich länger anhält und um einige Grad Celsius kälter ist als gewöhnlich, erwachen diese Tiere nicht mehr aus ihrer Kältestarre und sterben.
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Wie kann man schlafende oder ruhende Tiere unterstützen?
Menschen können die Wildtiere unterstützen, die sich im Winterschlaf oder in der Winterruhe befinden. Das Aufwachen der Tiere benötigt besonders viel ihrer Energie – so leeren sich die Fettspeicher deutlich schneller als bei ununterbrochenem Schlaf. Daher sollten schlafende Tiere nicht in ihrer Ruhe gestört werden. Viele Fledermaushöhlen werden aus diesem Grund zu Beginn des Winters für Besucher geschlossen. So wird sichergestellt, dass die Tiere ungestört sein können.
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Im eigenen Garten können Haufen aus Steinen oder Reisig für Tiere hilfreich sein, die auf der Suche nach einem Winterquartier sind. Diese sollten vor Hunden und Katzen sicher sein, damit die Wildtiere sicher schlafen können. Auch Laubhaufen oder Baumhöhlen sind beliebte Orte, an denen sich Wildtiere für die kalte Jahreszeit einnisten.
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Quellen
- Spektrum.de, „Winterschlaf“ (aufgerufen 25.10.2022)
- NABU.de, „Winterschlaf und Winterruhe“ (aufgerufen 25.10.2022)
- Spektrum.de, „Winterruhe“ (aufgerufen 25.10.2022)
- Sprektrum.de, „Trockenschlaf“ (aufgerufen 26.10.2022)
- Focus.de, „Winterschlaf, Winterruhe, Winterstarre – Unterschiede einfach erklärt“ (aufgerufen 26.10.2022)
- WELT, „Kältekünstler mit eigenem Frostschutzmittel“ (aufgerufen 26.10.2022)