3. November 2024, 15:58 Uhr | Lesezeit: 6 Minuten
Seit seiner Wiederansiedlung hat sich der Wolf in den vergangenen 20 Jahren in Deutschland wieder verbreitet. Für Naturschützer ein Grund zur Freude, für viele andere jedoch eher einer zur Sorge, denn die Tiere haben – zu Unrecht – einen schlechten Ruf. Was man bei einer Wolfsbegegnung wissen sollte.
Die Wölfe sind zurück in Deutschland. Naturschützer feiern die Wiederansiedlung und Verbreitung des seltenen Tieres, doch die Angst vor dem Raubtier Wolf überwiegt bei vielen Menschen. Bereits 1998 wurden laut Informationen des NABU wieder Wölfe in Sachsen gesichtet, 2000 wurde das erste Wolfsjunge in Freiheit geboren. Seitdem werden die Populationen immer größer – und damit auch die Wahrscheinlichkeit für eine Wolfsbegegnung. 1,2
Doch wie verhält man sich richtig, wenn einem plötzlich einem Wolf gegenübersteht? Die wichtigsten Fragen im Überblick.
Übersicht
- Warum die Wahrscheinlichkeit für Wolfsbegegnungen in Deutschland steigt
- Sind Wölfe für Menschen gefährlich?
- Wo kann man auf einen Wolf treffen?
- Wie soll ich mich bei einer Wolfsbegegnung verhalten?
- Was muss ich beachten, wenn ich beim Gassigehen auf einen Wolf treffe?
- Wolfsbegegnungen sollten gemeldet werden
- Quellen
Warum die Wahrscheinlichkeit für Wolfsbegegnungen in Deutschland steigt
Laut dem Wolfsmonitoring des Bundesamtes für Naturschutz gab es im Zeitraum 2020/2021 schon 157 Wolfsrudel in Deutschland. Im Jahr davor lag die Anzahl noch bei 131. Der Trend zeigt also einen deutlichen Zuwachs von Wölfen in Deutschland. Eine Analyse des Leibniz-Instituts für Zoo- und Wildtierforschung (Leibniz-IZW) in Zusammenarbeit mit dem LUPUS-Institut, dem Bundesamt für Naturschutz (BfN) und dem Senckenberg-Zentrum für Wildtiergenetik fand zudem heraus, warum sich die Wildtiere hierzulande so erfolgreich vermehren (PETBOOK berichtete). Demnach sei die Überlebenswahrscheinlichkeit der Tiere nirgendwo sonst auf der Welt so hoch wie hierzulande.
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Sind Wölfe für Menschen gefährlich?
Eine Studie des Norwegischen Instituts für Naturforschung (NINA) hat sich mit Wolfsangriffen seit 1950 auseinandergesetzt. Diese Studie wurde 2020 noch einmal aktualisiert. Die Wissenschaftler untersuchten in beiden Arbeiten das Gefahrenpotenzial des Wolfes auf drei Kontinenten. Sie kamen zu dem Ergebnis, dass Wolfsattacken auf den Menschen sehr selten sind.
Im ersten untersuchten Zeitraum von 1950 bis 2000 gab es weltweit acht tödliche Angriffe von Wölfen, in den Jahren von 2002 bis 2020 gab es 26. Keiner der aufgezeichneten Angriffe fand in Deutschland statt. Dies bestätigt auch der NABU: „Seit dem Jahr 2000 – seitdem es Wölfe wieder in Deutschland gibt – hat es keine Situation gegeben, bei der sich freilebende Wölfe aggressiv gegenüber Menschen verhalten haben“.
Die Wissenschaftler berechneten außerdem die statistische Wahrscheinlichkeit für einen Wolfsangriff. Dazu stellten sie die Populationsgrößen von 60.000 Wölfen in Nordamerika und 15.000 in Europa der Population der ansässigen Menschen gegenüber, eine Zahl von Hunderten Millionen. Anhand ihrer Berechnungen stellten die Forscher fest, dass die Wahrscheinlichkeit eines Wolfsangriffs zwar über null liege, jedoch viel zu niedrig sei, um berechnet werden zu können. So griffen Wölfe den Menschen in den untersuchten Jahren nur unter drei Voraussetzungen an. 3,4
Tollwut
Die Tollwut ist laut der NINA-Studien der häufigste Grund, aus denen Wölfe Menschen angreifen. 78 Prozent der Vorfälle gingen dabei auf die Erkrankung Tollwut zurück. Betroffen sei vor allem die Türkei, Indien, aber auch der Iran. Laut Informationen des BMUV und des NABU gilt die Tollwut in Deutschland seit 2008 als ausgerottet. Entsprechendes zeigt sich auch in den Daten der Studie.
Jägerische Übergriffe
Auch bei den jägerischen Übergriffen von Wölfen lag der Iran traurigerweise vorn. Dort fanden im aktuell untersuchten Zeitraum 42 Angriffe auf Menschen statt. Dies sei der Fall in sehr armen ländlichen Gegenden, wo es nur wenig natürliche Beute für den Wolf gebe. Die Wölfe suchten dann gezielt die menschliche Nähe, um sich von Müll oder Aas zu ernähren.
Provozierte oder verteidigende Übergriffe
Jedes Wildtier, dass in die Enge getrieben wird, oder sich bedroht fühlt, neigt dazu, sich zu verteidigen. In Europa und Nordamerika gab es laut der aktuellen NINA Studie in 18 Jahren nur 14 Übergriffe von Wölfen, zwölf davon durch provozierte Angriffe auf die Tiere.
Wo kann man auf einen Wolf treffen?
Viele assoziieren Wölfe mit dichten, dunklen Wäldern. Dies ist laut dem NABU jedoch ein Irrglaube. „Als anpassungsfähige Tierart können Wölfe in sehr vielen Landschaften leben, solange diese ausreichend Beutetiere und Rückzugsmöglichkeiten für die Jungenaufzucht bieten und der Mensch sie leben lässt.“
Auch zeigten Beobachtungen, dass Wölfe Personen in Autos und Traktoren nicht als solche wahrnähmen. Daher käme es zu Sichtungen, bei denen Wölfe recht nah an Fahrzeuge herankämen. Sie seien jedoch für die Wölfe weder besonders interessant, noch würden sie diese als Bedrohung wahrnehmen. „Erst wenn Menschen aussteigen und sich gegebenenfalls mit lauter Stimme oder ähnlichem bemerkbar machen, ziehen sich Wölfe zurück“.
Zu welchen Tageszeiten kann es zu Wolfsbegegnungen kommen?
In der Regel sind Wölfe dämmerungs- und nachtaktiv, denn dann ist meist auch ihre Beute aktiv. Wölfe ernähren sich in ihren normalen Habitaten von Wildschwein, Reh oder Rothirsch. Durch die zunehmende Verknappung ihres Lebensraums weichen sie jedoch auch auf Nutz- und Weidetiere aus. Verlassen die Tiere ihre angestammten Gebiete, können sie auch zu anderen Zeiten des Tages aktiv sein, denn sie sind sehr anpassungsfähig. So kann es im städtischen oder besiedeltem Raum auch am Tag zu Wolfsbegegnungen kommen. 5
Wie soll ich mich bei einer Wolfsbegegnung verhalten?
In den meisten Fällen sind Wölfe sehr scheue Tiere und haben Angst vor dem Menschen. Trifft man doch auf einen, sollte man „die Grundregeln für Begegnungen mit Wildtieren beachten“, schreibt der NABU. „Beobachten Sie das Tier ruhig. Lassen Sie ihm genug Raum, damit es sich zurückziehen kann. Wenn Sie sich unwohl fühlen, richten Sie sich auf und machen Sie sich groß. Lautes, energisches Rufen oder Klatschen kann den Wolf vertreiben.“
Weitere Handlungsanweisungen des NABU sind:
- respektvoll Abstand einhalten
- kein Nachlaufen hinter Tieren
- Jungtiere nie anfassen oder aufnehmen
- kein Aufsuchen von Bauten oder Wurfhöhlen
- niemals Tiere füttern
Auf keinen Fall sollte man in Panik verfallen, sondern den Tieren die Möglichkeit geben, sich zurückzuziehen. Man sollte nicht versuchen, den Wolf zu verscheuchen oder ihn gar füttern, damit er abgelenkt ist.
Was muss ich beachten, wenn ich beim Gassigehen auf einen Wolf treffe?
Der NABU rät dazu, dass sich der Hund stets nah am Menschen aufhalten sollte, da er ansonsten vom Wolf als Eindringling oder potenzieller Paarungspartner wahrgenommen werden könnte. „Trifft der Hund alleine auf einen Wolf, wird er womöglich angegriffen oder verjagt. Das Beste ist es deshalb, seinen Hund in Wolfsgebieten anzuleinen und sich ggf. ebenfalls langsam zurückzuziehen.“
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Wolfsbegegnungen sollten gemeldet werden
Wenn einem ein Wolf begegnet, sollte dies laut dem NABU bei der zuständigen Wolfsberatung oder der zuständigen Behörde im Landratsamt gemeldet werden. In den einzelnen Bundesländern werden Hinweise auf Wölfe gesammelt. Die Ansprechpersonen je Bundesland finden sich bei der Dokumentations- und Beratungsstelle des Bundes zum Thema Wolf unter www.dbb-wolf.de.