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Im Labor gezüchtet

Sind Wollmäuse der erste Schritt auf dem Weg zur Wiederbelebung des Mammuts?

Zwei im Labor gezüchtete Wollmäuse
Die Wollmaus soll nur der erste Schritt auf dem Weg zur Wiederbelebung des Mammuts sein Foto: picture alliance / Cover Images | Colossal Biosciences/Cover Images
Louisa Stoeffler
Redakteurin

5. März 2025, 13:15 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten

Werden bald wieder wollhaarige Mammuts oder der ausgestorbene Laufvogel Dodo auf unserem Planeten weilen? Eine Firma hat sich das jedenfalls zur Aufgabe gemacht, verkündet nun die Zucht einer wollhaarigen Maus und spricht vom ersten Schritt in Richtung der Wiederbelebung des Mammuts.

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Eine Maus mit Mammuthaaren – klingt nach Science-Fiction, ist aber Realität. Das Biotech-Unternehmen Colossal Biosciences hat eine genetisch veränderte Wollmaus erschaffen, die durch gezielte DNA-Änderungen einige Eigenschaften des Wollhaarmammuts (Mammuthus primigenius) trägt.

Die Firma bezeichnet dies als Durchbruch auf dem Weg zur Wiederbelebung ausgestorbener Arten. Doch wie viel bedeutet dieser Schritt wirklich für das große Ziel, ein mammuthaftes Elefantengenom zu erzeugen? Wissenschaftler bleiben skeptisch und stellen die Ethik des Projekts infrage.

Kolossaler Erfolg oder sinnlose Spielerei?

Colossal Biosciences hat es sich zur Aufgabe gemacht, durch Gentechnik ausgestorbene Arten wie das Wollhaarmammut oder den Dodo zurückzubringen – ein Vorhaben, das ebenso ambitioniert wie umstritten ist (PETBOOK berichtete). Die neueste Entwicklung des Unternehmens: eine Maus mit langem, zotteligem Fell, die durch genetische Veränderungen Ähnlichkeiten zu Mammuts aufweist. Laut Colossal ist die sogenannte „Woolly Mouse“, zu Deutsch „Wollmaus“, ein bedeutender Meilenstein in der „De-Extinction“-Forschung, also dem Versuch, lange ausgestorbene Arten wiederzubeleben.

Doch wie sinnvoll ist es, Tiere, die bereits in der letzten Eiszeit ausstarben, oder Tiere, die heute nicht mehr in ihrer Heimat wieder angesiedelt werden könnten, zurückzubringen? Denn viele Experten bezweifeln, dass diese gentechnische Errungenschaft wirklich einen bedeutenden Fortschritt für die Rückkehr des Mammuts oder Dodos darstellt.

Kritiker argumentieren, dass das Projekt eher eine symbolische Machbarkeitsstudie sei als ein konkreter Schritt zur genetischen Wiederherstellung ausgestorbener Arten. Zudem werfen sie die ethische Frage auf, ob es überhaupt sinnvoll oder verantwortbar ist, Arten zurückzubringen, die in dem jetzigen Klima der Erde wahrscheinlich keine hohe Überlebenschance hätten.

Mammut-Erbgut auf Wollmäuse übertragen

In diesem konkreten Experiment wurde untersucht, ob und wie sich bestimmte genetische Veränderungen aus dem Mammut-Erbgut auf Mäuse übertragen lassen. Die Wissenschaftler wählten Genvarianten aus, die das Haarwachstum beeinflussen. Diese veränderten sie mithilfe von CRISPR-Cas9, umgangssprachlich auch „Genschere“ genannt. Ziel war es, herauszufinden, ob diese Gene tatsächlich für das typische lange, dichte Fell des Mammuts verantwortlich sind – eine wichtige Erkenntnis für das langfristige Ziel, es „wiederzubeleben“.

Hierbei wurden bis zu acht genetische Veränderungen in sieben verschiedenen Genen vorgenommen. Dabei handelte es sich nicht nur um Gene, die aus dem Mammut-Erbgut stammen. Auch Mausgene, die aus anderen Quellen bekannt sind und sich auf Haarstruktur, Farbe und Wachstum auswirken, wurden genutzt. Eine dieser Veränderungen betraf das Gen Fam83g, das in einer bereits bekannten Mausmutation für langes Fell involviert ist.

Die resultierenden Mäuse entwickelten entsprechend auch ein langes, welliges Fell mit einer leicht rötlichen Färbung. Die Forscher untersuchen derzeit, ob diese genetischen Veränderungen auch weitere physiologische Effekte haben, etwa eine verbesserte Anpassung an Kälte. Mögliche Langzeitfolgen der Mutationen auf Gesundheit, Fortpflanzung oder Lebenserwartung der Mäuse sind jedoch noch unklar. Zudem wurde die Untersuchung noch nicht von unabhängigen Wissenschaftlern geprüft. 1

Sind die Wollmäuse kälteresistenter?

Colossal Biosciences versucht weiter, Gene zu identifizieren, die das Wollhaarmammut an seine eisige Umwelt angepasst haben. Dazu gehören genetische Veränderungen, die für dickes Fell, verbesserte Kältetoleranz und veränderte Fettdepots verantwortlich sind. Um die Funktion dieser Gene zu testen, hat das Unternehmen das Erbgut von Mammuts mit dem von lebenden Verwandten, insbesondere Asiatischen Elefanten, verglichen.

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Im Haar-Experiment zeigten sich jedoch keine großen Veränderungen im Fettstoffwechsel der Mäuse. Trotz gezielter Veränderungen in Genen, die mit der besseren Fetteinlagerung assoziiert sind, zeigten die Mäuse keine Unterschiede in ihrem Gewicht oder ihrer Körperfettzusammensetzung im Vergleich zu nicht veränderten Kontrollmäusen. Ob die Mäuse also eine höhere Kältetoleranz aufweisen könnten, muss noch überprüft werden. Dennoch betrachtet Colossal Biosciences die Wollmaus als einen entscheidenden Beweis dafür, dass das Einfügen von Mammut-Genen sichtbare biologische Effekte hervorruft.

Laute Kritik von Wissenschaftlern

Kritiker entgegnen jedoch, dass die genetische Veränderung nicht bei einem Mammut replizierbar sei. Daher sei der Erkenntnisgewinn für die Hybridisierung begrenzt. Denn die Firma Colossal Biosciences spricht zwar an vielen Stellen von einer Wiederbelebung des Mammuts, wird auf ihrer Website jedoch konkreter: „Der Plan besteht nicht darin, echte Wollmammuts nachzubilden, sondern ihre an die Kälte angepassten genetischen Eigenschaften wie kleine Ohren und mehr Körperfett auf ihre Elefantencousins zu übertragen, um einen Hybriden zu schaffen, der in der Tundra wandern kann, wo Mammuts seit 10.000 Jahren nicht mehr gesehen wurden“, heißt es dort.

Allerdings stellt sich hier wieder die Frage der Sinnhaftigkeit. Der Asiatische Elefant, der von Colossal genutzt werden soll, ist laut einem Bericht der IUCN, welche die Rote Liste der gefährdeten Arten herausgibt, „bedroht“. Seine Populationsgröße ist laut IUCN in den letzten drei Generationen um mindestens 50 Prozent zurückgegangen. Dies ist auf eine Verringerung seines Verbreitungsgebiets und der Qualität seines Lebensraums zurückzuführen. Zudem ist der Lebensraum stark fragmentiert und es kommt immer wieder zu Mensch-Tier-Konflikten.

Ist es also vertretbar, Milliarden in ein derart spekulatives Projekt zu investieren, während heute bereits bedrohte Arten kaum Schutzmaßnahmen erhalten? Wie viel Tundra wird noch vorhanden sein, wenn das wiederbelebte Hybrid-Mammut dort angesiedelt werden soll? Auch Sicherheitsfragen stehen im Raum – was passiert, wenn genetisch veränderte Tiere aus Laboren entkommen und sich unkontrolliert fortpflanzen? 2

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Mammuts sollen laut Biotech-Unternehmen das Arktis-Ökosystem stabilisieren

Während Colossal argumentiert, dass wiederbelebte Mammuts das Ökosystem der Arktis stabilisieren könnten, halten viele Wissenschaftler dies für eine spekulative und überzogene Behauptung. Sie bemängeln, dass das Projekt eher eine PR-Aktion als ein echter wissenschaftlicher Durchbruch ist. Während Colossal mit großen Visionen wirbt, bleibt unklar, ob und wann ein lebensfähiger Mammut-Elefant-Hybrid tatsächlich entstehen könnte. Die Firma plant jedoch weiter mit dem Ziel 2027 oder 2028 bereits Mammuts zu erschaffen.

So wird wohl auch die ethische Debatte um „De-Extinction“-Projekte weitergehen. Denn es ist nicht abzusehen, ob durch dieses Projekt gesunde Tierpopulationen von Wollmäusen entstehen. Auch ist unklar, wie sie sich in Ökosysteme einfügen könnten, die sich durch die Veränderungen des Klimas bereits im Wandel befinden.3

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Quellen

  1. Chen, R., Srirattana, K., Coquelin, M. L., Vilar Sampaio, R., Wilson, R., Ganji, R., ... & Abrams, M. E. (2025). Multiplex-edited mice recapitulate woolly mammoth hair phenotypes. bioRxiv. ↩︎
  2. Callaway, E. (2025). „Meet the ‘woolly mouse’: why scientists doubt it’s a big step towards recreating mammoths“. Nature. ↩︎
  3. Popescu, A. (2025). „Company Seeking to Resurrect the Woolly Mammoth Creates a 'Woolly Mouse'“. Scientific American. ↩︎

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