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„Hummel-Paradoxon“

Eigentlich sind Hummeln zu dick zum Fliegen – warum sie es trotzdem tun 

Ackerhummel (Bombus pascuorum) im Anflug auf eine Prunkwinde (Ipomoea)
Hartnäckig hält sich die Legende, Hummeln seien nach den Gesetzen der Aerodynamik zu schwer zum Fliegen. Heute wissen wir, wie sich die kleinen Brummer in der Luft halten Foto: Getty Images
Porträt Saskia Schneider auf dem PETBOOK Relaunch
Redaktionsleiterin

15. Oktober 2023, 7:09 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten

Oft hört und liest man von der Legende, Hummeln seien nach den Gesetzen der Aerodynamik zu schwer zum Fliegen. Dabei haben Forscher das Geheimnis des Hummelflugs schon längst gelüftet und wissen, dass eine spezielle Eigenschaft die kleinen Brummer zu wahren Meistern der Lüfte macht. PETBOOK verrät, welche das ist und woher das sogenannte Hummel-Paradoxon stammt.

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Bestimmt hat jeder diesen Satz schon einmal gehört: Hummeln sind eigentlich zu schwer zum Fliegen. Aber woher stammt das sogenannte Hummel-Paradoxon? Wir haben uns einmal auf Spurensuche begeben und erklären, wie es Hummeln schaffen, sich trotzdem durch die Lüfte zu bewegen. Denn die kleinen Insekten haben ein besonderes Merkmal in den Flügeln, welches sie zu wahren Flugmeistern macht.

Woher stammt das Hummel-Paradoxon?

Hierzu gibt es zwei verschiedene Theorien. Eine davon bezieht sich auf das Buch „Le vol des Insectes“ (zu Deutsch: „Der Flug der Insekten“) des französischen Insektenforschers Antoine Magnan. In seinem Werk, welches 1934 erschien, schreibt er:

Angeregt durch die Aktivitäten auf dem Gebiet der Luftfahrt wandte ich die Gesetze des Luftwiderstands auf die Insekten an und kam, zusammen mit Herrn Sainte-Laguë, zum Schluss, dass ihr Flug unmöglich ist.

Es gibt aber noch eine andere Vermutung zur Herkunft der Legende, die vor allem in Deutschland beliebt ist. Demnach soll ein Biologe eines Abends in einer Gaststätte einen Aerodynamiker gefragt haben, warum eine Biene oder Hummel fliegen könne. Die Antwort des Aerodynamikers soll nach einer kurzen Berechnung auf einem Bierdeckel oder einer Serviette in etwa so gelautet haben:

Die Hummel hat 0,7 cm² Flügelfläche und wiegt 1,2 Gramm. Nach den Gesetzen der Aerodynamik ist es unmöglich, bei diesem Verhältnis zu fliegen.

Allerdings existieren hierfür keinerlei zeitgenössische Quellen. Auch ist nicht klar, wer der Biologe oder wer der Aerodynamiker waren. Die Geschichte soll Anfang der 1930er-Jahre zunächst scherzhaft unter Studenten an der Universität Göttingen kursiert sein und wurde begierig von der Presse aufgenommen. Seitdem hält sich die Aussage bis heute in Medien und der populären Literatur.

Warum Hummeln trotzdem fliegen

In beiden Theorien bezog man sich in den Rechnungen auf die Flügeloberfläche der Insekten, berücksichtigte aber nicht auch die speziellen Bewegungen, die Hummeln beim Flug machen. Zudem sind Insektenflügel nicht starr wie die Tragflächen eines Flugzeugs, sondern flexibel.

Schon damals, in den 1930-er Jahren – also zu der Zeit, in der das Hummelparadoxon entstanden sein soll – gab es bereits erste Theorien, wie Hummeln fliegen. Der erste wissenschaftliche Nachweis erfolgte jedoch erst über 60 Jahre später. Allerdings nicht mit Hummeln. Stattdessen gaben Versuche mit Tabakschwärmern das Fluggeheimnis der Insekten preis.

So fand der britische Zoologe Charles Ellington 1996 heraus, dass die Schwärmer mit jedem Flügelschlag kleine Wirbel erzeugen, die den Tieren den nötigen dynamischen Auftrieb geben.

Hummeln erzeugen Mini-Tornados im Flug

Neben den Tabakschwärmern untersuchte Ellington aber auch Hummeln. Mithilfe einer Superzeitlupenkamera stellte er fest, dass die sonst so gemütlich wirkenden Insekten ihre Flügel bis zu 200-mal pro Sekunde schlagen. Dabei bewegen sie diese nicht nur nach oben und unten, sondern kreisförmig. So erzeugen sie tornadoartige Luftwirbel. Diese sorgen für einen Unterdruck und die Hummel hebt ab.

Diese Eigenschaft macht Hummeln zu Flugmeistern

Vögel können die Form ihrer Flügel mithilfe ihrer Muskulatur anpassen und so ihre Richtung im Flug ändern, auf- oder absteigen oder sich bei Turbulenzen stabil in der Luft halten. Insektenflügel enthalten keine innere Muskulatur, mit der die Tiere die Form der Flügel verändern können. Sie biegen und verdrehen sich passiv während des Fluges.

Allerdings fanden Forscher heraus, dass einige Insektenflügel flexible Gelenke entlang ihrer Adern besitzen, mit denen sich der Flügel abknicken lässt. Im Jahr 2012 entdeckten englische Wissenschaftler der Harvard-Universität in Cambridge dieses kleine Gelenk auch bei Hummeln. Es sitzt in der Mitte der Flügel. Um seine Funktion zu erforschen, setzten sie es im Versuch außer Funktion und stellten fest, dass die Hummeln dadurch 8,6 Prozent weniger Gewicht tragen konnten.

Vier Jahre später untersuchte dasselbe Forschungsteam erneut die Funktion des Flügelgelenks, indem sie es künstlich versteiften. Nun waren die Hummeln im Versuch nicht mehr in der Lage, stabil zu fliegen. Die Forscher schließen daraus, dass es dieses Gelenk ist, was zur enormen Flugleistung der Hummel beiträgt.

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Quellen

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Themen Insekten
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